29.10.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 186 / Zusatzpunkt 6

Uli GrötschSPD - Cannabiskonsum

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Debatten um die Cannabispolitik verlaufen sehr oft emotional. Ein jeder darf natürlich seine eigene Meinung haben, aber, Herr Krauß, dass Sie hier den Cannabiskonsum mit Mord vergleichen, das halte ich schon für sehr, sehr abwegig und abstrus. Die Beispiele, die Sie hier aufgeführt haben, gehen meiner Meinung nach an dem, worüber wir heute zu debattieren haben, ganz stark vorbei.

Ich habe in Vorbereitung auf die heutige Debatte gelesen, dass es vor allem – mit 48 Prozent übrigens auch nur – Herren ab 65 sind, die die Legalisierung von Cannabis ablehnen. Ich nehme hier heute zur Kenntnis, dass das auf den Deutschen Bundestag nicht zutrifft; weil es heute, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, tendenziell die etwas älteren Herren waren, die pro Legalisierung waren, und es die jüngeren Herren waren, die das pauschal abgelehnt haben.

(Niema Movassat [DIE LINKE]: Ich bin noch jung!)

– Sie sind fein raus, Herr Movassat, keine Angst!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Innenpolitiker und als ehemaliger Polizeibeamter interessiert mich in dieser Frage natürlich auch, was die gegenwärtige Situation für unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten bedeutet; die sind nämlich zum allergrößten Teil keine Fans davon, wegen Kleinstdelikten von ihrer echten und eigentlichen Arbeit abgehalten zu werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Sie müssen für jeden Fund, egal ob es 2 Kilogramm Kokain sind oder 0,5 Gramm Marihuana, eine Anzeige schreiben, auf die dann überwiegend, im Fall von Marihuana, die Einstellung des Verfahrens folgt. Auf Deutsch heißt das, sie haben für den Papierkorb gearbeitet. Ich denke, jeder halbwegs wache Mensch kann sich die Motivation eines Polizeibeamten oder einer Polizeibeamtin vorstellen, diese Anzeige zu schreiben. Ich musste selber Dutzende davon schreiben und erinnere mich mit Schrecken daran.

Alle im Haus hier wissen, mit welchen Herausforderungen unsere Polizeien zu kämpfen haben. Wir haben in den letzten Jahren massiv investiert in die, die uns beschützen. Mehr Personal, bessere Ausrüstung, höhere Besoldung usw., das haben wir nicht gemacht, damit sie erwachsene Menschen, die Cannabis konsumieren, mit Papierkram überschütten. Bei Alkohol machen wir das ja auch nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wenn die Strafverfolgung wenigstens zu weniger Drogenkonsum geführt hätte – das wurde hier schon mehrfach deutlich gemacht –, würde es diese Debatte heute gar nicht brauchen.

Die Kriminalisierung von Konsumenten hält die Hälfte aller Strafrechtsprofessoren in Deutschland für unverhältnismäßig und falsch. In der Bevölkerung sieht das nicht anders aus: Sechs von zehn Menschen sind laut Infratest dimap für eine Entkriminalisierung des Besitzes von Eigenbedarfsmengen. Ich möchte – das sage ich Ihnen – nicht wissen, wie viele junge Menschen keine guten Polizisten, keine guten Lehrer, keine gerechten Staatsanwälte werden konnten, wie vielen jungen Menschen der Zugang zu Berufsfeldern verwehrt blieb, in denen sie Großes auch für dieses Land hätten leisten können, nur weil sie irgendwann in ihrer Jugend mal mit ein bisschen Gras erwischt wurden.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch Unsinn!)

Deshalb plädieren wir als SPD-Bundestagsfraktion für das, was die Vorrednerinnen und Vorredner aus meiner Fraktion schon gesagt haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwei Drittel aller Rauschgiftdelikte betreffen Cannabis. Wenn diese zum größten Teil wegfallen würden, würden wir Geld in Milliardenhöhe sparen, das gerne direkt in die Prävention fließen könnte. Das könnte auch ein erster Schritt sein, um die Polizeien um in diesem Bereich gebundene Ressourcen zu entlasten, damit sie sich auf die großen Fische, auf die Händlerstrukturen in der organisierten Kriminalität konzentrieren könnten. Da bin ich mir etwa mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamten, der das genauso sieht, völlig einig. Am Ende könnten wir so größere Erfolge bei der Drogenbekämpfung feiern als mit dem jetzigen Status quo. Dafür ist es notwendig, die ideologischen Scheuklappen abzulegen und unserem Vorschlag zu folgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Wir kommen zum letzten Redner zu diesem Tagesordnungspunkt. Das ist der Kollege Dr. Christoph Ploß für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Personen

Dokumente

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7480456
Wahlperiode 19
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt Cannabiskonsum
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