Ulrich LechteFDP - 75 Jahre Vereinte Nationen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 75 Jahre Vereinte Nationen, das ist ein Grund zu feiern; denn die Vereinten Nationen sind eine der größten Errungenschaften der Menschheit. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie können wir die Vereinten Nationen stärken, damit sie ihre vielfältigen Aufgaben noch besser erfüllen können?
Bei einer öffentlichen Anhörung im Unterausschuss „Vereinte Nationen“, die der Kollege Nick schon erwähnt hat, waren am 7. Oktober hochkarätige Sachverständige geladen, die diese Frage zu beantworten versuchten. Es wiederholte sich immer wieder eine Kernaussage, die ich als Quintessenz der Anhörung mitnahm. Sie lautet: Die Vereinten Nationen agieren dort besonders erfolgreich, wo man der Organisation viel Handlungsspielraum gibt. Dort, wo die Staaten ein Ziel vorgeben und sich nicht in das Mikromanagement einmischen, können die Vereinten Nationen nach fachlichen Kriterien sehr gute Arbeit leisten. – Das zeigt sich exemplarisch am Welternährungsprogramm, das hochverdient mit dem Friedensnobelpreis geehrt wird, und beim Flüchtlingshilfswerk UNHCR, das für seine überlebenswichtige globale Arbeit diesen Preis bereits 1954 und 1981 erhielt.
Machtlos wirken die Vereinten Nationen hingegen, wenn sie zum Spielball einzelstaatlicher Interessen werden, wenn sie herausgefordert sind, widersprüchliche, unvereinbare und damit unerfüllbare Erwartungen zu erfüllen. Das sehen wir regelmäßig bei Blockaden im Sicherheitsrat oder bei der dauerhaften, chronischen Unterfinanzierung.
Aber auch die Weltgesundheitsorganisation – derzeit ja im Fokus – wurde in diesem Jahr bei der Bekämpfung der Covid‑19-Pandemie geschwächt, weil einzelne Mitgliedstaaten ihre politischen Interessen über die fachlichen Prinzipien der WHO stellten. Nach fachlichen Aspekten hätte Taiwan in die Arbeit der WHO einbezogen werden müssen, weil Taiwan die Pandemie mustergültig in den Griff bekam und immer noch im Griff hat:
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
sieben Tote und kaum Infizierte auf Gesamt-Taiwan, und das seit Monaten. Leider musste die WHO auf Druck Chinas Taiwan von der offiziellen Mitarbeit weiterhin ausschließen.
Die FDP legt Ihnen heute einen Antrag vor, der eine Vielzahl von Maßnahmen beinhaltet, mit denen wir die Vereinten Nationen stärken wollen. Wir möchten die Zweckbindungen bei Zahlungen an VN-Organisationen – wie das Welternährungsprogramm und das Flüchtlingshilfswerk – reduzieren. Dadurch statten wir sie mit erhöhtem Handlungsspielraum und viel mehr Flexibilität aus und reduzieren aufwendige Bürokratie. Denn Deutschland hat beim Humanitären Weltgipfel 2016 in Istanbul und mit dem Funding Compact von 2019 vertraglich zugesichert, zumindest 30 Prozent der Mittel für UN-Organisationen zu flexibilisieren. Dass Deutschland bei der Erfüllung seiner eigenen Zusagen auch dieses Jahr hinterherhinkt, ist mehr als unerfreulich. Meine Hoffnung liegt bei unseren Haushältern, die derzeit am Haushalt 2021 arbeiten. Sie können uns da noch Gutes bringen.
Deutschland muss dringend als leuchtendes Beispiel für andere Staaten vorangehen und seine eigenen Hausaufgaben erledigen. Dazu gehört auch die Einhaltung internationaler Verpflichtungen. Deutschland gilt wie kaum ein anderer Staat als verlässlich und vertragstreu. Halten wir bitte an diesem Grundsatz fest!
Letzter Satz. Heiko Maas hat letztes Jahr die Allianz für den Multilateralismus ins Leben gerufen, um die Vereinten Nationen zu verteidigen. Es liegt nun auch an Deutschland, die Vereinten Nationen endlich auch praktisch zu stärken, denn: Multilateralism matters.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
So ist das bei den Freien Demokraten: Aus einem Satz werden dann drei. – Das ist Kleist.
(Ulrich Lechte [FDP]: Letzter Absatz, Herr Präsident!)
Nächster Redner ist der Kollege Christoph Matschie, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7480495 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 186 |
Tagesordnungspunkt | 75 Jahre Vereinte Nationen |