29.10.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 186 / Tagesordnungspunkt 18

Dietlind TiemannCDU/CSU - Lehrkräftemangel

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen der antragstellenden Fraktionen, „Digitalisierung“, „Krise“ und „Unterstützung“, das sind Worte, die vielfach in Ihren Anträgen vorkommen; aber zur Wahrung der Kompetenzen von Bund, Ländern und Kommunen tragen sie nicht bei.

Nehmen wir zum Beispiel einen Vorschlag der Linken: Der Bund soll in Absprache mit den Ländern ein Programm für zusätzliche Studienplätze finanzieren. Richtig, die Prognose der KMK zum Einstellungsbedarf stellt einen Mangel an Lehrkräften fest. Aber was soll der Bund denn hier noch finanzieren? Die Lehrkräfte fehlen doch besonders in speziellen Bereichen, zum Beispiel in MINT-Fächern. Daneben sind die Studiengänge bereits alle kostenfrei und die Plätze ohne Numerus clausus zugänglich, von einer faktischen Einstellungsgarantie für Lehrkräfte dieser Fächer ganz zu schweigen. Das einzige Rad, an dem hier gedreht werden kann, sind die ausgeschriebenen Stellen der Länder, und das ist nun mal ureigene Kompetenz der Länder.

(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Das war zu erwarten!)

Nehmen wir einen Vorschlag der FDP: Der Bund soll die Anbieter von Onlinelehre qualitativ prüfen und Rahmenverträge schließen. Super! Zugleich soll das Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen ausgebaut und Institute für bessere Lehrer und bessere Schulpraxis geschaffen werden. Auch toll!

(Beifall bei der FDP)

Beides ist sicherlich gut gemeint. Aber zerreißt das nicht eine Kompetenz, die besser in einer Hand bleiben sollte? Die Länder sind ausschließlich für Lerninhalte, Curricula und Qualität des Unterrichts zuständig; auch das wissen Sie bereits. Aber für die Auswahl der genutzten Onlinelehre und die Überprüfung der Qualität des Bildungswesens soll wieder der Bund verantwortlich sein? Ich gehe mit, dass diejenigen, die lehren, und diejenigen, die die Qualität prüfen, verschieden sein sollten; das ist sicherlich richtig. Aber es ist nicht zielführend, dafür zwei verschiedene Verwaltungsebenen zu nutzen, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte mit Blick auf alle Anträge vielleicht ein bisschen aus der Schule plaudern und mit einem Augenzwinkern darauf hinweisen: Die Kultushoheit liegt bei den Bundesländern. Ihr gemeinsames Gremium ist die Kultusministerkonferenz. Koordiniert wird deren Arbeit vom Kultusministerkonferenzsekretariat mit über 300 Angestellten und knapp 120 Millionen Euro Budget laut Haushaltsplan 2020/2021. Auch das sollte an dieser Stelle einmal hervorgehoben werden. Die Länder arbeiten nicht im luftleeren Raum – und jedes Land für sich allein –, sondern haben ein tolles Sekretariat. Hier sind die zentralen Entscheidungen zu treffen, wenn es um Transparenz, um Vergleichbarkeit, um Qualität, kurz: wenn es um eine gute Bildungspolitik für ganz Deutschland geht.

Wenn die Bildung als gesamtstaatliche Aufgabe verstanden wird, dann ist die KMK der maßgebliche Akteur, wie wir alle wissen. Und dieser Herausforderung sind die Länder mit der KMK-Vereinbarung vom 15. Oktober 2020 nachgekommen; davon haben wir heute noch gar nichts gehört. Für Abschlüsse, für Unterrichtsinhalte und für die Ausbildung der Lehrkräfte sind Absprachen getroffen worden; auch das geht in die richtige Richtung. Ob sie und der entstehende Wissenschaftliche Beirat der große Wurf werden, wird sich sicherlich zeigen. Mit einer kleinen Träne im Knopfloch weise ich darauf hin, dass der Koalitionsvertrag eigentlich einen nationalen Bildungsrat vorgesehen hat. Dennoch können wir diesen Schritt der Länder guten Gewissens anerkennen, Frau Ministerin. Ich glaube, die Richtung ist richtig.

Die Kommunen im System haben dafür Sorge zu tragen, dass die schulische Infrastruktur vorhanden ist. Von den Ländern sind sie dazu finanziell richtig auszustatten; auch das ist ein ewiges Problem.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Bund hat hier auf den ersten Blick eben nur eine Nebenrolle. Diese nimmt er aber in voller Verantwortung wahr – auch das sollte noch einmal hervorgehoben werden –, ob bei der Unterstützung von Instituten zur Qualität im Bildungswesen, ob bei der Förderung der Fortbildung von Lehrkräften oder bei der Überprüfung von Schülerleistungen im internationalen Umfeld. Auf die zusätzlich bereitgestellten Gelder ist heute schon mehrfach eingegangen worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Appell lautet: Berücksichtigen Sie die Kompetenzen der Länder, und berücksichtigen Sie auch die Beschlüsse vom 15. Oktober 2020! Sie sollten uns als Bund in die Lage versetzen, die damit eingeleitete richtungsweisende Entwicklung zu begleiten und mitzutragen. Dann sind wir, glaube ich, schon ein kleines Stück weitergekommen. Deshalb brauchen wir die Anträge nicht und lehnen sie ab.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der letzte Redner zu Tagesordnungspunkt 18 ist der Kollege Dr. Karamba Diaby, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7480539
Wahlperiode 19
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt Lehrkräftemangel
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