29.10.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 186 / Tagesordnungspunkt 24

Kay GottschalkAfD - Versicherungssteuerrecht

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Haben Sie Realitätsverlust? Haben Sie den Kolleginnen und Kollegen aufmerksam zugehört, den Rechtsanwälten? Es geht um Versicherungsnehmer und versicherte Personen, um die betriebliche Altersvorsorge, die notwendig ist, weil Sie die Rente zu Tode reformiert haben. Die wird ein Streitfall sein,

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Eben nicht!)

und Sie wissen selbst: Durchführungsverordnungen – darauf komme ich noch im Laufe meiner Rede zu sprechen – werden nicht für rechtliche Klarstellung sorgen.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Das ist einfach falsch!)

Letztlich kann das nur ein Gericht, und das wird wahrscheinlich in vielen Fällen so sein.

Aber zum Thema.

(Dr. Carsten Brodesser [CDU/CSU]: Genau!)

„Drohende Versicherungssteuer stößt den Verbänden sauer auf.“ dasinvestment.com schreibt: „Versicherte sind wieder einmal die Dummen.“ Ich und auch die Fachpresse können nicht erkennen, dass dieses Gesetz gut oder überhaupt ansatzweise gelungen ist – ziemlich ernüchternd.

Wir hatten am 5. Oktober 2020 eine Anhörung, die in meinen Augen, liebe Kollegen der CDU, sehr aufschlussreich war. Denn die Fragen und teilweise auch der Verlauf der Debatte ließen die inneren Schwierigkeiten und Eheprobleme dieser GroKo offen zutage treten. Der Vertreter des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, Dr. Volker Landwehr, fasste das aus meiner Sicht hervorragend zusammen – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –: „Der Titel des Gesetzentwurfs lässt viel erwarten, aber Modernität sieht ... anders aus.“ Wenn ich die Aussagen der Vorredner in der anderen Debatte eben sehe: Es ist wohl eher eine Frage des Standpunktes, des Mutes und vielleicht auch des Zuhörens bei Ausführungen von Fachleuten; das würde vielleicht auch in der Coronadebatte dann und wann helfen, liebe Kollegen. Was Sie hier entfesselt haben – das ist von allen Fachleuten übereinstimmend gesagt worden –, ist ein Bürokratiemonster, das sehr viele rechtliche Fragen aufwerfen wird.

Kommen wir zum Thema Erfüllungsaufwand; man möchte meinen, die SPD stand hier Pate. Der Erfüllungsaufwand für die etwa 130 Unternehmen der Versicherungswirtschaft wurde von dieser Regierung und den Experten auf 150 000 Euro geschätzt. Das wären etwa 1 000 Euro pro Unternehmen. In der Anhörung trat deutlich zutage: Wir haben hier den Faktor 1 000. Die Versicherungswirtschaft rechnet aufgrund der gewaltigen Umstellungserfordernisse mit 150 Millionen Euro Erfüllungsaufwand.

(Dr. Carsten Brodesser [CDU/CSU]: Man muss nicht alles glauben!)

Wie sagte der Kollege von der CDU eben? Wir sollten Steuern senken, damit wir die Wirtschaft beleben. – Sie aber hauen denjenigen, die überhaupt noch solvent sind und fürs Alter vorsorgen, noch einen drüber. Das ist die Regierung aus SPD und CDU in diesen Tagen.

(Beifall bei der AfD – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: CDU/CSU! So viel Zeit muss sein!)

Wenn sich jemand in einem Unternehmen so massiv verrechnen würde – er würde entlassen werden.

Wirklich spannend – ich habe es eben schon gesagt – war die Haltung der CDU. Ich komme an dieser Stelle auf eine Äußerung des Kollegen Dr. Florian Reuther zurück. Er untermauerte seine Position in der Anhörung mit einem zitierungswürdigen Satz – Achtung: Satire! –: „Die Diskussion zeigt, wie rechtssicher der neue Entwurf ist.“ Noch mal: Das war Ironie pur – in einer Anhörung.

Die Kritik ist nämlich, dass es an präzisen Formulierungen – Sie haben es eben erwähnt – in diesem Gesetz fehlt. Es wurde eine enumerative Aufzählung verlangt, weil viele Fälle strittig sein werden. Sie regeln die Beihilfeablöseversicherung jetzt per Durchführungsverordnung – bis es zu Klagen kommt. Dann wird ein Gesetz entscheiden müssen – mit den entsprechenden Risiken für die Kommunen. Ich zitiere Professor Dr. Jochen Axer, der klarstellte, dass die Regelung von Begriffsbestimmungen in einer Durchführungsverordnung nicht der verfassungsrechtlich gebotenen Wesentlichkeitstheorie entspricht.

Wir werden uns alle wahrscheinlich wieder vor Gericht sehen; denn viele Menschen, die gerade wegen der schlechten Rentensituation, die Sie zu verantworten haben, vorgesorgt haben, werden jetzt auch noch bei ihrer betrieblichen Altersvorsorge bestraft und wahrscheinlich mit 19 Prozent Steuer belastet. Das heißt, Sie belasten in Zeiten von Nullzinspolitik und sinkenden Renditen die Sparerinnen und Sparer in Deutschland. Sie setzen sie diesem Risiko aus.

Herr Kollege.

Ich komme sofort zum Ende. – Der letzte Satz: Wir als AfD sind nach dem Zusammentragen aller Fakten zum Gesetzentwurf, vor allem aufgrund der deutlichen Stellungnahmen der Experten zu dem Ergebnis gekommen, dass wir diesem Gesetzentwurf, so wie er vorliegt, nicht zustimmen können und werden.

Danke schön.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. – Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Carsten Brodesser.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7480566
Wahlperiode 19
Sitzung 186
Tagesordnungspunkt Versicherungssteuerrecht
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