Benjamin StrasserFDP - Entfristung Terrorismusbekämpfungsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir führen hier zu später Stunde eine in zweierlei Hinsicht bemerkenswerte Debatte. Sie ist bemerkenswert, weil wir es mit einem rot-grünen Terrorismusbekämpfungsgesetz von 2001 zu tun haben, das bis heute in Teilen umstritten ist, und weil dieses Gesetz en passant in zwei Sitzungswochen mal nebenbei entfristet werden soll und damit eines wesentlichen Bestandteils beraubt wird. Das ist auch bemerkenswert, weil die Große Koalition bis 2015 – –
Herr Spaniel, könnten Sie bitte sofort Ihre Maske aufsetzen! Sonst gibt es einen Ordnungsruf.
(Zuruf des Abg. Dr. Dirk Spaniel [AfD])
– Ja. Sie haben es vorher auch schon mal vergessen. – Doch! Widersprechen Sie mir nicht!
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN] – Karsten Hilse [AfD]: „Widersprechen Sie mir nicht!“)
Nicht lügen! Ich habe Sie gesehen. Aber bitte, bitte nächstes Mal, okay? – Alles klar.
So, Herr Strasser, bitte.
Bemerkenswert ist die Debatte aber auch, weil zumindest die SPD-Bundestagsfraktion bei der letzten Debatte hier im Haus 2015 die Dinge ganz anders gesehen hat. Der SPD-Kollege Grötsch, der jetzt leider nicht da ist, meinte damals – Zitat –, für die SPD sei die Befristung „von entscheidender Bedeutung“, um die Notwendigkeit und Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen. Recht hat er. Nur: Wo ist der Uli Grötsch von 2015 geblieben?
(Beifall bei der FDP)
Gerade in Zeiten der terroristischen Bedrohung müssen wir eine Debatte um bürgerliche Freiheitsrechte führen, gerade in Zeiten der terroristischen Bedrohung müssen wir über den Ausgleich von Freiheits- und Sicherheitsrechten reden. Ihnen ist diese Debatte über die Jahre anscheinend lästig geworden, und deswegen soll dieses Gesetz jetzt entfristet werden.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Uns haben Sie dabei nicht an Ihrer Seite; wir sind bekanntermaßen der Bürgerrechts-TÜV hier im Hohen Haus, und der ist notwendiger denn je.
(Beifall bei der FDP – Karsten Hilse [AfD]: Was für ein Kalauer!)
Wenn wir uns einmal anschauen, was diese Große Koalition in all den Jahren entweder angekündigt oder beschlossen hat, dann dreht sich einem schon der Helm:
(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Herr Schuster hatte recht mit seiner Bemerkung!)
Verschärfung Zollfahndungsdienstgesetz, Quellen-TKÜ, Vorratsdatenspeicherung, Onlinedurchsuchung, biometrische Gesichtserkennung an Bahnhöfen usw. usf. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist Zeit für eine Überwachungsgesamtrechnung, und deswegen haben wir Freien Demokraten diesen Antrag in dieser Woche in den Deutschen Bundestag eingebracht.
(Beifall bei der FDP)
Wir sind nicht bereit, weiteren, neuen Befugnissen oder einer Entfristung von Sicherheitsgesetzen zuzustimmen, solange wir uns nicht einen Überblick über die bestehenden Kompetenzen verschafft haben, solange wir nicht eine Evaluation haben, die diesen Namen verdient. Sie sind offensichtlich nicht willens oder nicht in der Lage, eine solche Evaluation vorzulegen. Was Sie vorgelegt haben, ist ein Wunschzettel von Nachrichtendiensten.
Aber, lieber Kollege Schuster – die letzten dreißig Sekunden gehören Ihnen –, es war immer eine faire und kollegiale Zusammenarbeit mit Ihnen. Ihrer Fraktion möchte man eigentlich zurufen: Wenn Sie Herrn Schuster was Gutes tun möchten, wenn Sie der inneren Sicherheit was Gutes tun wollen, dann sorgen Sie endlich für eine Föderalismuskommission III,
(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Der Kollege Schuster hat das so aber nicht gesagt!)
die weniger Sicherheitsbehörden in Deutschland und mehr Verantwortlichkeit schafft sowie dem BBK eine Zentralstellenfunktion verschafft. – Hier haben Sie uns an Ihrer Seite, Herr Kollege Schuster. Ihrem letzten Wunsch, nach Entfristung, können wir leider nicht zustimmen.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Benjamin Strasser. – Die Kollegin Ulla Jelpke gibt ihre Rede zu Protokoll.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Eine gute Tat!)
– Ihre zwei Redner können auch Applaus kriegen, wenn sie ihre Reden auch noch zu Protokoll geben, oder?
(Beifall der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Kohärenz, liebe Kollegen von der CDU/CSU!
Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dr. Konstantin von Notz.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7480588 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 186 |
Tagesordnungspunkt | Entfristung Terrorismusbekämpfungsgesetz |