30.10.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 187 / Tagesordnungspunkt 27

Karin MaagCDU/CSU - Untersuchungsausschuss Infektionsschutz

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Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kommen wir zum Antrag zurück. Die formalen Punkte, die es zu kritisieren gibt, haben meine Kollegen schon beleuchtet. Ein Gesamtbild kann ich derzeit nicht liefern – wir sind mitten in der Pandemie; vielleicht ist es einigen entgangen –, aber ich kann gerne erläutern, wie wir Corona in der Gesundheitspolitik behandeln und aufarbeiten. Uns geht es um die Menschen. Wir wollen, dass wir für die Menschen Politik machen. Uns geht es nicht um das schnelle Video im Netz, womöglich als Ersatz-Trump.

Konkret sind die ersten Erkrankungsfälle in Deutschland im Januar 2020 aufgetreten. Da gab es übrigens keine Blaupause für Maßnahmen, sondern es ging um vorsichtiges Agieren, ein Fahren auf Sicht. Das Robert-Koch-Institut hat den für die Influenza entwickelten Nationalen Pandemieplan bereits Anfang März für die Bekämpfung des neuen Coronavirus angepasst. Die wichtigsten Unterschiede: Es gibt bislang weder eine Impfung noch Therapeutika gegen das Virus. Deswegen haben wir auch immer betont: Wir sind Teil eines lernenden Systems. Die sogenannten Lessons learned, all das, was wir bisher mehr wissen als zu Beginn der Pandemie, setzen wir seit Sommer um.

Das Infektionsgeschehen konnten wir dank breiter wissenschaftlicher Unterstützung und Beratung, vor allem durch das RKI, unsere Bundesseuchenbehörde, um die man uns in Europa und in der Welt übrigens beneidet, durch die Nationale Akademie der Wissenschaften, unsere Leopoldina, und viele weitere Expertisen, je nach Fachrichtung, mit Kontaktverbot, Schulschließung und Absagen von Veranstaltungen so, wie wir uns das vorgestellt haben, verlangsamen. Wir haben damals eine Überlastung der Krankenhäuser verhindert.

Wir haben uns zu Beginn der Pandemie um die Intensivversorgung in den Krankenhäusern gekümmert und diese sichergestellt, ebenso wie übrigens die Finanzierung mit einem Bevölkerungsschutzgesetz. Dafür wurden planbare Eingriffe verschoben und personelle Ressourcen aktiviert. Über den Stand der Belegung von Intensivbetten und die Zahl der intensivmedizinisch betreuten Patienten gibt heute – Stichwort „Lessons learned“ – zentral ein Intensivregister tagesaktuell Auskunft.

Das Krankenhauszukunftsgesetz – sie merken etwas – ermöglicht es den Ländern, insgesamt 4,2 Milliarden Euro in eine bessere digitale Ausstattung und modernere Notfallkapazitäten zu investieren.

Hilfreich waren vor allem niedergelassene Ärzte in der Pandemie. Sieben von acht Patienten haben sich dort behandeln lassen können. Diese Patienten mussten nicht in unsere Krankenhäuser, haben dort nicht das Pflegepersonal und die Ärzte angesteckt. Umgekehrt: Das Personal in den Krankenhäusern war weniger überlastet, und die Patienten haben sich dort auch nicht angesteckt.

Im Mai kam das Zweite Bevölkerungsschutzgesetz. Antworten auf Fragen wie: „Wie gehen wir mit Lockerungen um?“ und: „Wie können wir Menschen schützen und gleichzeitig regionale Infektionsherde schnell nachverfolgen und bekämpfen?“, wurden gesucht. Kurz: Wie werden wir zielgenauer? Der zentrale Schlüssel dafür war der Öffentliche Gesundheitsdienst. Um diesen für weitere Pandemieansprüche oder ‑herausforderungen fit zu machen – Stichwort „Lessons learned“ –, steht jetzt mit dem Pakt für den ÖGD ein Finanzvolumen von 4 Milliarden Euro für Personal, Digitalisierung und moderne Strukturen zur Verfügung, übrigens wiederum mit Gesetz.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben die letzten Monate genutzt, um weitere wichtige Weichenstellungen vorzunehmen. Gab es am Anfang der Pandemie aufgrund der weltweiten Nachfrage noch einen Mangel an persönlicher Schutzausrüstung und eine starke Abhängigkeit von ausländischen Zulieferern, haben wir zwischenzeitlich Investitionsprogramme für nationale Produktionslinien und können so den Bedarf zumindest teilweise abdecken.

Die Teststrategie haben wir mehrfach angepasst. Mit den neuen Schnelltests können wir sicherstellen, dass zum Beispiel Bewohner, Besucher und Personal von Pflegeheimen regelmäßig getestet werden. Wir können den Besucherverkehr jetzt aufrechterhalten.

Die Digitalisierung hat einen Riesenschub und hohe Akzeptanz in Zeiten von Corona erfahren. 25 000 Arztpraxen haben Videosprechstunden angeboten, und die Erfolgsgeschichte der Corona-Warn-App ist offensichtlich; die europäische Verbindung hat mittlerweile begonnen.

Jetzt stehen wir vor einem harten November. Wir wissen aber heute, dass und wie wir die Neuinfektionen eindämmen können und dass nach einiger Zeit auch Lockerungen wieder möglich sind.

Nächste Woche bringen wir den Entwurf für ein Drittes Bevölkerungsschutzgesetz ein, weil Corona nicht vorbei ist. Corona wird uns noch lange beschäftigen. Ein Untersuchungsausschuss zum jetzigen Zeitpunkt, so wie Sie es beantragt haben, ist schlicht blanker Unsinn.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben jetzt noch zwei Redner und anschließend eine Abstimmung, und dann erst gibt es die namentliche Abstimmung. Nehmen Sie bitte Platz. Soweit Sie keinen Platz finden und stehen, müssen Sie die Abstände einhalten.

Die nächste Rednerin ist für die SPD-Fraktion die Kollegin Heike Baehrens.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7480642
Wahlperiode 19
Sitzung 187
Tagesordnungspunkt Untersuchungsausschuss Infektionsschutz
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