30.10.2020 | Deutscher Bundestag / 19. EP / Session 187 / Tagesordnungspunkt 28

Marc JongenAfD - Deutsch-polnische Gedenkstätte

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Regierungskoalition will zusammen mit FDP und Grünen – ich zitiere – „an prominenter Stelle in Berlin einen Ort“ schaffen, der „den polnischen Opfern des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Besatzung Polens gewidmet ist“. Dieser Ort „soll Polen und Deutsche zusammenbringen“. Vorurteile abbauen helfen, Verständigung und Freundschaft fördern usw. Lauter begrüßenswerte Ziele. Vorab nur am Rande: Die Forderung der AfD nach einer Gedenkstätte für die deutschen Opfer des Zweiten Weltkrieges haben Sie damals alle abgelehnt unter anderem mit dem Argument, das würde andere Opfergruppen ausschließen, man könne nur allen zugleich gedenken. Dieses Argument gilt für die polnischen Opfer jetzt offenbar nicht – seltsamer Widerspruch.

Aber kommen wir zum Positiven. Natürlich ist es für jede Nation, auch für Deutschland, eminent wichtig, mit ihren unmittelbaren Nachbarn ein gutes Verhältnis zu pflegen, gegründet auf gegenseitigem Respekt, Verständnis, wirtschaftlichem und kulturellem Austausch. Insbesondere wenn die Geschichte, wie die deutsch-polnische, derart starke Belastungen aufweist, dann kann auch eine derartige Gedenkstätte dabei sehr hilfreich sein.

Ich möchte aber die These wagen, dass dann, wenn das bilaterale Verhältnis aufgrund der aktuellen Politik stark eingetrübt ist – ich spreche hier von der deutschen Politik –, es durch eine kompensatorische Erinnerungspolitik bestimmt nicht repariert werden kann.

(Beifall bei der AfD)

Sagen wir es frei heraus: Besser, als Hitlers Überfall auf Polen nachträglich verhindern zu wollen, sollten Sie dem heutigen Polen mit weniger Arroganz begegnen und namentlich die patriotische Regierung dort nicht ständig als rechtspopulistisch diffamieren und den Polen nicht das Recht auf Wahrung ihrer kulturellen Identität absprechen.

(Beifall bei der AfD)

Was sollen die Polen von der deutschen Kritik an ihrer Justizreform halten – diese würde angeblich den Rechtsstaat beschädigen –, wenn zugleich in Deutschland ein Parteipolitiker quasi direkt vom Bundestag weg zum Verfassungsgericht berufen werden kann oder eine bekennende Linksradikale Verfassungsrichterin wird?

(Beifall bei der AfD)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Nastic?

Nein. Ich möchte zu Ende reden. – Wie kommen die Polen dazu, die Suppe der Migrationskatastrophe mit auslöffeln zu wollen, die Frau Merkel und die deutsche Regierung zu verantworten haben, unter Begehung von Rechtsbrüchen?

(Beifall bei der AfD)

Kommen Sie von Ihrem hohen moralischen Ross

(Zuruf der Abg. Zaklin Nastic [DIE LINKE])

gegenüber Polen herunter, und Sie werden sehen, wie die Beziehungen sich wie von Zauberhand verbessern – ganz ohne Nazigedenken!

(Beifall bei der AfD)

Dass ausgerechnet dieses Vorurteile abbauen kann, ist ohnehin fraglich, wenn man daran denkt, dass in polnischen Medien und auch von Politikern immer wieder antideutsche Ressentiments mit Verweis auf die Nazizeit geschürt wurden. So wurden in der „Gazeta Polska“ 2016 beispielsweise die Köpfe von Angela Merkel, Martin Schulz und Günther Oettinger auf Wehrmachtssoldaten montiert mit der Schlagzeile: „Die Deutschen greifen wieder Polen an.“ Das sollte Ihnen übrigens zu denken geben.

Was ich aber damit meine: Hier könnte die deutsche Schuld- und Büßerhaltung mit der in Polen gepflegten Opfermentalität, mit diesem Opfermythos auf ungünstige Weise ineinandergreifen und beiderseitige Vorurteile eher bestätigen als beseitigen. Da lobe ich mir – und das kommt selten genug vor – den Antrag der Linken, deren deutsch-polnisches Doppelmuseum die Verflechtungen beider Völker bis ins frühe Mittelalter zurückverfolgen will und damit den Horizont immerhin erfreulich erweitert.

Es gibt aber in dieser ganzen Debatte einen Elefanten im Raum, und das ist der schnöde Mammon. Wir wissen alle, dass es seit Kurzem mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg wieder Reparationsforderungen seitens der polnischen Regierung an Deutschland gibt, in Höhe von über 800 Milliarden Euro. Zu Recht hat Deutschland diese Forderungen zurückgewiesen, weil sie allein durch die beträchtlichen Gebietsabtretungen – Pommern, Schlesien, südliches Ostpreußen – abgegolten sein dürften.

(Dietmar Nietan [SPD]: Das ist ja Revanchismus, was Sie da machen! Das ist ja unglaublich! Fehlt nur noch der Fliegenschiss!)

Dazu passt aber schlecht die vorliegende Schuldrhetorik, die moralischen Druck auf sich selbst aufbaut und zugleich alle rechtlichen Zahlungsverpflichtungen von sich weist, frei nach dem Motto „Wir wollen büßen, aber es darf nichts kosten“.

Rücken Sie ab von diesem verkorksten Gratisbüßertum, und nehmen Sie die Umfrage des Deutsch-Polnischen Barometers ernst und sich zu Herzen –

Kommen Sie bitte zum Schluss, Herr Kollege.

– ich komme zum Schluss –,

(Dietmar Nietan [SPD]: Ja, hoffentlich!)

die nämlich klar ergeben hat: Eine Mehrheit der Deutschen und der Polen will sich auf Gegenwart und Zukunft konzentrieren, nicht auf die Vergangenheit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Dietmar Nietan [SPD]: Sie sollten sich schämen! Die Maske anziehen!)

Als Nächstes hat das Wort der Bundesaußenminister Heiko Maas. Herr Minister, bitte schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

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Electoral Period 19
Session 187
Agenda Item Deutsch-polnische Gedenkstätte
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