Matthias W. BirkwaldDIE LINKE - Rentenversicherung für Bundestagsabgeordnete
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gewerkschaften, Sozialverbände und sehr viele Bürgerinnen und Bürger wollen eine Rente für alle Menschen mit Erwerbseinkommen. Deshalb fordern wir Linken als ersten Schritt hin zu einer echten Erwerbstätigenversicherung, dass Bundestagsabgeordnete ab 2021 endlich Beiträge von ihrer Abgeordnetenentschädigung in die gesetzliche Rente einzahlen, und das nicht nur für einen Teil unserer Diäten, sondern für die volle Abgeordnetenentschädigung. Wir wollen Privilegien abschaffen; das heißt für uns soziale Gerechtigkeit.
(Beifall bei der LINKEN)
Konkret braucht es vier Schritte:
Erstens. Ab der kommenden Legislaturperiode müssen Bundestagsabgeordnete von ihrer Diät 9,3 Prozent in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen.
Zweitens. Weitere 9,3 Prozent der Abgeordnetenentschädigung zahlt der Bundestag als Arbeitgeberanteil in die Rentenkasse ein.
(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Der Bundestag ist doch kein Arbeitgeber!)
Im Ergebnis werden die Altersbezüge von uns Abgeordneten so zunächst um bis zu 73 Prozent gekürzt. Ja, das ist viel, aber nach unserem Konzept wird es Bundestagsabgeordneten möglich sein, zu den gleichen Konditionen wie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich Beiträge in eine betriebliche Altersversorgung des Bundestages einzuzahlen.
Wir möchten ein weiteres Privileg abräumen: Wir schlagen drittens vor, die Beitragsbemessungsgrenze in drei Schritten zu verdoppeln und sie langfristig ganz aufzuheben. Dann würden nämlich alle Menschen mit sehr hohen Erwerbseinkommen auch Rentenversicherungsbeiträge zahlen und nicht mehr nur für bis zu 6 900 Euro. Ich sage: Wer 10 000 Euro Monatseinkommen hat, soll auch für 10 000 Euro Beiträge in die Rentenkasse zahlen.
(Beifall bei der LINKEN)
Dann würden auch die Diäten der Bundestagsabgeordneten voll in der gesetzlichen Rente verbeitragt werden.
Wir Abgeordneten entscheiden über die Renten von 76 Millionen Menschen, also von all jenen, die künftig mal eine Rente erhalten werden, und von den heutigen 21 Millionen Rentnerinnen und Rentnern. Darum ist es sozial gerecht, wenn auch wir von unseren eigenen rentenpolitischen Entscheidungen selbst betroffen sein werden.
Zudem: Wenn langfristig alle Menschen mit Erwerbseinkommen, also auch Selbstständige, Freiberuflerinnen, Beamte, Unternehmerinnen, Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften und Abgeordnete, Beiträge in die Rentenversicherung zahlen, dann mögen diese zusätzlichen Einnahmen langfristig auch zur Anhebung des Rentenniveaus eingesetzt werden können.
Deshalb müssen viertens sehr hohe Renten dann im höchsten verfassungsgemäß zulässigen Maße abgeflacht werden. Ein Beispiel: Künftig könnte es Menschen geben, denen aufgrund jahrzehntelanger Beiträge aus sehr hohen Erwerbseinkommen eine gesetzliche Rente von mehreren Tausend Euro zustünde. In der Schweiz gibt es darum eine Höchstrente und übrigens auch eine Mindestrente. Ich fände das gut: 1 200 Euro Mindestrente und zum Beispiel 4 800 Euro Höchstrente. Hier in Deutschland ginge das nicht, weil Sozialversicherungsbeiträge durch Artikel 14 unseres Grundgesetzes eigentumsrechtlich geschützt sind. Und darum sollen sehr hohe Renten abgeflacht werden. Das wäre meines Erachtens nach Artikel 20 unserer Verfassung, dem Sozialstaatsprinzip, in Verbindung mit Artikel 14 Absatz 2 – ich zitiere: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ – auch verfassungskonform.
(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Wissen Sie, wovon Sie reden? Ist ja abenteuerlich!)
So geht soziale Gerechtigkeit.
Ich freue mich, Frau Haßelmann und liebe SPD, dass Sie mit uns darüber diskutieren wollen. Wir sind bereit, auch unseren Antrag zu verbessern. Ich freue mich auf alle Ihre Vorschläge.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Herr Kollege Birkwald, Sie waren wahrscheinlich von Ihren Worten so ergriffen, dass Sie vergessen haben, die Maske aufzusetzen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Entschuldigung, Herr Präsident! Stimmt! Sie haben völlig recht! – Reinhard Houben [FDP], an Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE] gewandt: Jetzt brauchen Sie sie nicht mehr aufzusetzen!)
Das fassen Sie bitte als Ermahnung auf und nicht als Ordnungsruf.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Danke schön! Ja, nehme ich an! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In Rausch geredet! – Reinhard Houben [FDP]: War ja auch so schön!)
– Ich darf das nicht weiter kommentieren, Frau Haßelmann. Mir fiel da gerade noch etwas anderes ein.
Nächste Rednerin ist die Kollegin Jana Schimke, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7480675 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 187 |
Tagesordnungspunkt | Rentenversicherung für Bundestagsabgeordnete |