04.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 188 / Tagesordnungspunkt 2

Claudia Roth - Belarus-Politik

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Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Die mündlichen Fragen auf der Drucksache 19/23818 werden in der üblichen Reihenfolge aufgerufen.

Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes. Zur Beantwortung steht bereit Herr Staatsminister Niels Annen.

Die Frage 1 des Kollegen Omid Nouripour wird schriftlich beantwortet.

Ich rufe Frage 2 des Kollegen Dr. Anton Friesen, AfD-Fraktion, auf:

Vielen Dank, Herr Präsident. – Wenn Sie erlauben, will ich eine nur ganz kurze Vorbemerkung machen. Weil ich sehr kurzfristig für einen Kollegen einspringen musste, hatte ich nicht die Zeit, die ich sonst der Vorbereitung widme, werde mir aber größte Mühe geben, die Fragen alle angemessen zu beantworten.

Damit komme ich zur Frage des Kollegen Dr. Friesen. Herr Kollege, ich beantworte Ihre Frage wie folgt: Unter einer veruntreuten oder verschwendeten Geldsumme versteht die Bundesregierung im Kontext der Fragestellung eine bewusst fehlerhafte bzw. missbräuchliche Verwendung von Mitteln, die, da nicht zweckentsprechend, zu einer Mittelrückforderung führt. Hierzu verweist die Bundesregierung auf ihre Antwort auf Frage 13 der Kleinen Anfrage der AfD, Bundestagsdrucksache 19/18829 vom 22. April 2020. Hiernach beträgt die Gesamthöhe dieser Mittelverwendung in Afghanistan für den Zeitraum 2009 bis 2020  483 972 Euro. Bei einer Gesamthöhe von 4,3 Milliarden Euro, die in diesem Zeitraum aus dem Bundeshaushalt für das zivile Engagement in Afghanistan verausgabt wurden, entspricht dies deutlich weniger als 1 Prozent.

Nachfrage?

Vielen Dank für die Antwort. – Nun wissen wir alle, dass der Staatshaushalt in Afghanistan hochgradig korrumpiert ist. Hat die Bundesregierung Bemühungen vorzuweisen, um die Mittel, die in den afghanischen Staatshaushalt fließen, einer stärkeren Kontrolle zu unterziehen?

Herr Abgeordneter, ja, in der Tat. Ich bin Ihnen auch dankbar für die Frage, weil es mir die Möglichkeit gibt, darauf hinzuweisen, dass die Bundesregierung Sie und das gesamte Parlament kontinuierlich und auch anlassbezogen über Entwicklungen in Afghanistan unterrichtet, auch über die Verausgabung von Mitteln, die uns zur Verfügung gestellt werden. Ich will auch noch einmal darauf hinweisen, dass auch die Beantwortung von Anfragen Ihrer Fraktion dazu gehört.

Wir überprüfen also regelmäßig die Verwendung der Mittel. Das machen wir nicht alleine, sondern nach den klaren Vorgaben der Bundeshaushaltsordnung. Es gibt dazu entsprechende Verwaltungsvorschriften. Es wird bei Bedarf – darauf möchte ich auch gerne hinweisen – auch die Expertise externer Wirtschaftsprüfungsgesellschaften miteinbezogen. Wir arbeiten auch im Rahmen des Capacity Buildings mit den afghanischen Behörden daran, die eigene Befähigung zu verbessern, um in der afghanischen Regierung und in den nachgeordneten Behörden die Korruptionsanfälligkeit zu reduzieren.

Zur Nachfrage Herr Kollege Dr. Kraft.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, da wirklich nur ein sehr geringer Bruchteil der Gelder der Bundesregierung – unter 1 Prozent; Sie haben es eben genannt – in Afghanistan veruntreut werden, die Amerikaner aber einen extrem höheren Grad an Veruntreuung aufweisen: Sehen Sie Bedarf darin, sich mit Ihren amerikanischen Kollegen ins Benehmen zu setzen, um vielleicht die Amerikaner zu ertüchtigen, damit die amerikanischen Leistungen für das afghanische Volk weniger veruntreut und unterschlagen werden? Oder ist vielleicht die Definition dessen, was laut Ihrem Kriterienkatalog eine Unterschlagung ist, vielleicht nicht so stringent wie bei den amerikanischen Kollegen? Also: Wie kommt diese Diskrepanz zustande, dass bei deutschen Steuergeldern nur ein ganz geringer Grad von Unterschlagung festzustellen ist und bei den Amerikanern ein extrem viel höherer Prozentsatz an Unterschlagung von Steuergeldern festgestellt wird? Es handelt sich ja um die gleichen Behörden in Afghanistan, mit denen zusammengearbeitet wird.

Herr Abgeordneter, ich interpretiere Ihre Frage erst einmal so, dass auch Sie zur Kenntnis nehmen – das freut mich natürlich –, dass die Anzahl der veruntreuten Gelder im Vergleich zu den Mitteln, die wir aufwenden, relativ gering ist. Trotzdem will ich hier sagen: Jeder Euro, der veruntreut wird, egal ob in Afghanistan oder in einem anderen Projekt, in das die Bundesregierung investiert, ist einer zu viel. Ich habe eben dem Kollegen Friesen ja ein paar Leitlinien dargelegt, nach denen wir verpflichtet sind, dieses Monitoring auch zu betreiben.

Ich bin im Moment nicht auskunftsfähig hinsichtlich der Frage, was die amerikanische Regierung für Kriterien anlegt; aber ich kann Ihnen versichern, dass sich aus der internationalen Gemeinschaft gerade diejenigen, die in Afghanistan im Rahmen der Ertüchtigungsbemühungen tätig sind – aber wir sind ja auch im Rahmen der Resolute Support Mission und vielen anderen Projekten gemeinsam mit den Amerikanern vor Ort –, regelmäßig, zum Teil täglich, abstimmen, ihre Aktivitäten koordinieren. Aber wie Mittel des amerikanischen Steuerzahlers verwendet werden, fällt naturgemäß in den Aufgabenbereich des amerikanischen Parlaments und auch der amerikanischen Regierung.

Ich rufe die Frage 3 des Kollegen Dr. Anton Friesen auf:

Herr Abgeordneter, ich will die Frage gerne wie folgt beantworten: Beim ersten Globalen Flüchtlingsforum im Dezember 2019, einem zentralen Element zur Umsetzung des Globalen Pakts für Flüchtlinge, hat die Bundesregierung für 2020 finanzielle Unterstützung in Höhe von 1 Million Euro für Resettlement-Kapazitäten des UNHCR in Aussicht gestellt und ihre zuvor der EU-Kommission gemeldeten 5 500 Resettlement-Plätze für 2020 bestätigt.

Ihr Engagement im Rahmen des EU-Resettlement-Programms wird die Bundesregierung 2021 fortführen. Im Rahmen des Globalen Pakts für Flüchtlinge ist die Bundesregierung keine freiwillige Selbstverpflichtung zum Resettlement von Flüchtlingen eingegangen. Die Bundesregierung informiert den Bundestag laufend zum Globalen Flüchtlingspakt.

Nachfrage dazu, Herr Kollege?

Danke. – Ich habe keine Nachfrage.

Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Brandner dazu.

Dieser Globale Flüchtlingspakt räumt ja den Unterzeichnerstaaten die Möglichkeit ein, freiwillige Selbstverpflichtungen einzugehen. Meine Frage ist dahin gehend: Welche Selbstverpflichtungen ist Deutschland überhaupt eingegangen auf Grundlage dieses Migrationspaktes – hier wurde ja gerade nur die Frage zu Selbstverpflichtungen bezüglich des Resettlements gestellt –, und welche Selbstverpflichtungen sind Ihnen bekannt, die von anderen Staaten eingegangen worden sind?

Herr Abgeordneter, vielen Dank für Ihre Frage. – In der Tat: Es gibt eine Reihe von Selbstverpflichtungen. Wenn ich es richtig im Kopf habe, ist Deutschland 13 Selbstverpflichtungen eingegangen. Darunter sind unter anderem – wenn ich das als Beispiel hier vortragen darf – die Unterstützung nachhaltiger Energielösungen in Flüchtlingskontexten oder die weitere humanitäre Förderung des UNHCR.

Ich darf Sie mit Ihrer Erlaubnis vielleicht auf die eigens eingerichtete Website hinweisen, auf der die Verpflichtungen, die Deutschland eingegangen ist, aufgezählt werden; denn ich habe nicht alle 13 auswendig gelernt. Ich glaube, dass das ein sehr transparentes Verfahren ist. Wenn Sie möchten, können wir Ihnen das aber auch gerne noch einmal zukommen lassen.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Die Fragen 4 und 5 der Abgeordneten Ulla Jelpke werden schriftlich beantwortet.

Ich rufe Frage 6 der Kollegin Gökay Akbulut, Die Linke, auf:

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. – Ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten: Das Goethe-Institut arbeitet auf Bitten der Bundesregierung an schnellstmöglicher Umsetzung von Onlinesprachprüfungen. Dabei müssen Fälschungssicherheit und Datenschutz gewährleistet sein. Vom Erfordernis, einfache Deutschkenntnisse nachzuweisen, kann beim Ehegattennachzug bereits jetzt nach Einzelfallprüfung abgesehen werden, wenn das Gesetz eine Ausnahme vorsieht.

Dies ist der Fall bei besonderen Härtefällen, die es der Person unmöglich oder unzumutbar machen, einfache Sprachkenntnisse zu erwerben, beispielsweise weil kein Sprachkurs angeboten wird oder der Besuch mit einem hohen Risiko verbunden ist, etwa in Kriegsgebieten oder bei coronabedingten längerfristigen Ausgangssperren. Auch Sprachlernbemühungen können im Einzelfall unzumutbar sein, wenn sie aufgrund von nicht nur kurzfristigen Covid-19-bedingten Einschränkungen nur unter außergewöhnlichen Schwierigkeiten zu unternehmen wären. Das ist denkbar bei geschlossenen Sprachschulen oder Reisebeschränkungen. Der zeitliche Rahmen, der für entsprechende Bemühungen zugrunde gelegt wird, beträgt sechs Monate.

Nachfrage dazu, Frau Kollegin?

Vielen Dank für die Antwort. – Es gibt auch die Möglichkeit, Onlineprüfungen und ‑zertifizierungen durchzuführen; da sind andere Länder ja schon weiter. Gerade aufgrund der Coronasituation wäre es sinnvoll, entsprechende Onlinekurse und ‑zertifizierungen anzubieten. Wir wissen ja nicht, wie lange diese Situation anhalten wird. Wir sind jetzt am Ende des Jahres; das Ganze wird wahrscheinlich noch bis in das Frühjahr hinein dauern. Es kann ja nicht sein, dass die Familien in dieser Situation nicht zu ihrem Recht auf Familienzusammenführung kommen. Vor allem: Haben Sie Zahlen dazu, inwieweit diese Härtefallregelung im Rahmen der Coronamaßnahmen angewendet wird?

Frau Abgeordnete, ich danke Ihnen für die Frage, und ich will Ihnen auch hier versichern, dass ich großes Verständnis für diese Nachfrage habe. Ich muss aber darauf hinweisen: Die Zertifikate sind eine gesetzlich vorgeschriebene Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Die Ausnahmemöglichkeiten habe ich, glaube ich, eben in der Antwort auf Ihre Frage noch einmal dargestellt.

Warum dauert die Umsetzung so lange? Ich kann ein paar Elemente nennen: Manipulations- und fälschungssichere digitale Prüfungen zu ermöglichen, ist technisch und finanziell sehr aufwendig. Das muss aber gewährleistet werden, weil sonst die gesetzliche Voraussetzung sozusagen nicht erfüllt ist. Bei der Finanzierung gilt: Wir müssen das Goethe-Institut natürlich als entsprechenden Auftraggeber verpflichten, das Vergaberecht einzuhalten.

Also, es dauert; aber es ist der klare Wille da, diese Möglichkeit einzurichten. Auch die Einhaltung des Datenschutzes ist beispielsweise eine Grundvoraussetzung. Insofern gibt es im Moment noch keinen Anbieter, auf den man einfach zurückgreifen kann.

Vielen Dank. – Dann kommen wir zur Frage 7 der Kollegin Gökay Akbulut:

Herr Staatsminister.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich darf Ihre Frage, Frau Abgeordnete, wie folgt beantworten: Das von der Internationalen Organisation für Migration, IOM, gemeldete Schiffsunglück vor der Küste Senegals ist erschütternd. Über die öffentliche Berichterstattung hinaus hat die Bundesregierung hierzu keine eigenen Erkenntnisse. Leider ist auf der sogenannten Atlantik-Route in diesem Jahr ein deutlicher Anstieg an gefährlichen Überfahrten und an Todesfällen zu verzeichnen. Die Kommission der Europäischen Union steht mit Spanien im engen Austausch darüber, wie solche Tragödien künftig verhindert werden können und wie Spanien bei der Erstaufnahme von Flüchtlingen unterstützt werden kann. Auch die Bundesregierung befindet sich mit Spanien dazu im bilateralen Austausch.

Langfristig kann irreguläre Migration nur gemeistert werden, wenn die EU Partnerschaften mit Herkunfts- und Transitstaaten intensiv ausbaut. Dieses Ziel verfolgt auch das Migrations- und Asylpaket der EU-Kommission. Es gilt auch mit Blick auf Senegal und andere Staaten in Westafrika. Hinsichtlich der Situation im Aufnahmelager Gran Canaria arbeitet die spanische Regierung mit Unterstützung der EU intensiv an Lösungen.

Nachfrage? – Bitte.

Vielen Dank für Ihre Antwort. – Wir stellen aber fest, dass die Praxis anders aussieht. Laut verschiedenen Organisationen, unter anderem nach Angaben von Alarm Phone, sind innerhalb der letzten Woche etwa 480 Menschen bei einer Überfahrt auf die Kanarischen Inseln im Atlantik verunglückt, gestorben oder werden noch vermisst.

Eine staatlich organisierte zivile Seenotrettung könnte dieses Sterben im Mittelmeer zwischen Großbritannien und Frankreich oder auch auf dem Weg zu den Kanaren verhindern; doch die EU schaut weiterhin zu. Gerade jetzt, wo die Bundesregierung die Ratspräsidentschaft innehat, könnte sie ja im Grunde genommen auf Abschottung verzichten und darauf setzen, Leben zu retten.

Was tut denn die Bundesregierung konkret, um zu verhindern, dass Menschen weiterhin tagtäglich ertrinken? Heute wurde auch von Frontex über Twitter gemeldet, dass Beamte auf der Insel sind. Was machen diese Beamten jetzt dort vor Ort konkret? Und vor allem: Warum werden keine Marineeinheiten entsendet? Erst wenn Menschen sterben, wird hier gehandelt.

Frau Abgeordnete, vielen Dank. – Ich möchte auf diese Frage gerne eingehen und noch einmal – ich habe das eben auch in der Antwort unterstrichen – darauf hinweisen: Diese Nachricht ist wirklich erschütternd; es sind dramatische Entwicklungen. Insofern teilen wir diese Sorge.

Aber wenn Sie sich anschauen, wie sich die Bundesregierung in den letzten Monaten, eigentlich in den letzten Jahren, verhalten hat, dann wird aus unserem Handeln sehr deutlich, dass wir zur Solidarität bereit sind. Wir haben uns im Grunde genommen in jeder Situation, in der Flüchtlinge im Mittelmeer aufgenommen worden sind, bei der Verteilung und bei der Aufnahme beteiligt. Wir sind auch bereit, das weiter zu tun. In diesem konkreten Fall deutet aber vieles darauf hin, dass dieses Unglück eben nahe der Küste Senegals passiert ist. Wir müssen also davon ausgehen, dass es in der dortigen senegalesischen Rettungs- und Suchzone stattgefunden hat.

Aber insgesamt befindet sich die EU-Kommission, auch in enger Zusammenarbeit mit der deutschen Ratspräsidentschaft, in einem intensiven Gespräch mit den spanischen Kräften vor Ort. Die Kommissarin für Inneres, Johansson, wird sich an diesem Freitag gemeinsam mit dem spanischen Innenminister ein Bild von der Lage vor Ort machen. Wir unterstützen diese Initiative.

Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung aufgrund der Coronasituation ein Schutzkonzept für die Menschen in den Notlagern auf den Kanarischen Inseln, die im Moment völlig überfüllt sind?

Die Einrichtung eines entsprechenden Coronaschutzkonzeptes ist natürlich zunächst die Aufgabe der spanischen Regierung und der kanarischen Behörden vor Ort. Wir gehen davon aus, dass das auch gewährleistet wird. Ich habe eben darauf hingewiesen: Wir lassen Spanien und auch die Kanarischen Inseln mit der Situation nicht alleine. Deswegen ist am Freitag der Besuch der Kommissarin geplant. Er wird in enger Abstimmung mit der deutschen Ratspräsidentschaft ausgewertet, und die politische Diskussion wird entsprechend fortgeführt.

Eine weitere Nachfrage von Dr. Kraft.

Vielen Dank. – Ich habe eine Frage: Warum sprechen Sie die spanischen Behörden an? Die Kanaren liegen nicht gegenüber vom Senegal an der afrikanischen Küste. Senegal liegt gegenüber den Kapverdischen Inseln. Welche Maßnahmen für die spanische Regierung sehen Sie, in den Gewässern des Senegals herumzufahren, das 1 500 Kilometer von den Kanaren entfernt liegt?

Herr Abgeordneter, wenn ich das so sagen darf: Es ist wahrscheinlich ein Missverständnis. Ich habe gerade darauf hingewiesen, dass sich das Unglück, auf das ich hier angesprochen worden bin, nach den uns vorliegenden Kenntnissen in den Gebieten und in der Such- und Rettungszone Senegals ereignet hat.

Aber die Frage der Kollegin bezog sich auf die Situation der provisorisch errichteten Lager auf den Kanarischen Inseln. Im Moment beobachten wir eine Entwicklung, die uns große Sorge macht, da wir entsprechende Flüchtlingsbewegungen in Richtung der Kanarischen Inseln feststellen. Das ist nichts Neues. Das hat es sporadisch immer wieder gegeben. Aber im Moment ist die Situation entsprechend schwierig. Deswegen habe ich die Reise hier angesprochen.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Nächste Frage: die Kollegin Filiz Polat.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Wir haben natürlich eine humanitäre Verantwortung, aber vor allem auch eine rechtsstaatliche Verpflichtung. Wie wir mittlerweile aus den griechischen Hotspots wissen – auch wenn mir die genaue Zahl jetzt nicht vorliegt –, wird die Situation in den Flüchtlingslagern auf den Kanarischen Inseln ähnlich sein. Deswegen frage ich Sie, Herr Staatsminister: Im Rahmen der Dublin-Verordnung ist Deutschland nach Artikel 16, Artikel 17 etc. in Bezug auf die Wahrung der Familieneinheit verpflichtet, die Familien der Asylsuchenden zusammenzuführen. Wie viele Anträge liegen Ihnen dazu vor?

Herr Staatsminister.

Frau Abgeordnete, die Zahl liegt mir hier nicht vor. Aber wir können sie Ihnen gerne nachreichen.

Dann kommen wir zur Frage 8 der Kollegin Daniela Kluckert, FDP-Fraktion:

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Abgeordnete, ich darf Ihre Frage wie folgt beantworten: Es steht den Ausschüssen des Deutschen Bundestages frei, sich im Rahmen des Selbstbefassungsrechts mit allen Themen zu befassen, die sie für relevant erachten. Dabei sind sie frei bei der Auswahl ihrer Gesprächspartner. Selbstverständlich gilt dies auch für Menschenrechtsfragen.

Die chinesische Botschaft hat eine Stellungnahme veröffentlicht. Darüber hinaus hat die chinesische Botschaft die Bundesregierung auf Ebene des zuständigen Staatssekretärs im Auswärtigen Amt auf die Veranstaltung angesprochen. Die Bundesregierung hat darauf hingewiesen, dass es allein Sache des Bundestages ist, über seine Sitzungen und die eingeladenen Gäste zu entscheiden.

Nachfrage dazu? – Frau Kluckert, bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, nun ist es so, dass China in Teilen dieser Welt tatsächlich immer aggressiver wird. Wir sehen das in Hongkong. Das ist natürlich eigenes Staatsgebiet, aber auch da sehen wir eine Aggressivität von Chinas Führung. Wir sehen das aber auch gegenüber Taiwan.

Deswegen meine Nachfrage: Gibt es denn Bemühungen seitens der Bundesregierung, um tatsächlich deutlich zu machen, auf welcher Seite wir hier stehen? Denn es muss klar sein: auf der Seite von Menschen, die selbstbestimmt sein wollen, und von Demokratien. Wird so etwas artikuliert?

Frau Abgeordnete, vielen Dank. – Ich habe die Antwort auf Ihre Frage nicht nur einfach vorgelesen; denn Sie wissen ja, dass ich als Staatsminister auch selber Abgeordneter bin. Insofern ist das eine Selbstverständlichkeit. Es ist nicht nur im Umgang mit China so – lassen Sie es mich einmal vorsichtig ausdrücken –, dass es mit autoritär verfassten Staaten manchmal kompliziert ist, die Funktionsfähigkeit und die Interaktion zwischen Parlament, Regierung und freier Presse so zu erläutern, dass sie auch wirklich verstanden werden.

Ich stimme Ihnen zu: Es gibt eine ganze Reihe von Entwicklungen hinsichtlich der chinesischen Politik, die uns große Sorgen machen. Dazu gehört die Lage in Hongkong – darüber hat auch der Bundestag beraten –, dazu gehören auch die zunehmend aggressiveren Drohgebärden gegenüber Taiwan. Das artikulieren wir auch. Wir haben auch mehrfach deutlich gemacht, dass es einen großen Respekt vor der demokratischen Kultur auf Taiwan gibt. Gleichzeitig sieht die Bundesregierung keinerlei Veranlassung, von der Ein-China-Politik Abstand zu nehmen. Beides wird der chinesischen Seite entsprechend mitgeteilt. Und Sie können auch sicher sein, dass, wenn ein Staatssekretär auf eine Veranstaltung des Deutschen Bundestages angesprochen wird, die Antwort sehr in Ihrem Sinne ausfällt.

Weitere Nachfrage, Frau Kollegin?

Ja, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, vielen Dank, für diese Antwort, die sehr positiv ist.

Wenn man Mitglied in internationalen Organisationen ist oder zumindest einen Beobachterstatus hat, gibt einem das wenn auch nicht Sicherheit, aber doch ein Mitspracherecht oder zumindest Informationsrechte und all das, was natürlich in einer globalisierten friedlichen Welt unbedingt dazugehört. Taiwan versucht, in vielen Organisationen Mitglied zu werden, einen Beobachterstatus zu erlangen, der noch nicht einmal an Rechtsstaatlichkeit geknüpft ist. Jetzt sind wir mitten in der Coronapandemie. Sie ist eine schreckliche Krise auf dieser Welt. Taiwan kann wieder nicht an den so wichtigen Sitzungen der WHO teilnehmen, weil ihm dieser Beobachtungsstatus verwehrt wird. Jetzt meine Frage: Arbeitet denn die Bundesregierung daran, dass Taiwan gerade in der Coronapandemie mindestens einen Beobachterstatus in der WHO erhält?

Frau Abgeordnete, ich kann das mit Ja beantworten. Die Bundesregierung hat sich auch in den vergangenen Jahren für einen pragmatischen Umgang mit Taiwan eingesetzt, allerdings jeweils – darauf möchte ich auch in meiner Antwort Wert legen – in einer Form, in der deutlich wird, dass dies unterhalb der Schwelle der Staatlichkeit geschieht, um eben unsere Ein-China-Politik und die damit verbundenen Grundsätze nicht infrage zu stellen. Die Bundesregierung hat sich bei der Vorbereitung der letzten World Health Assembly für eine solche pragmatische Lösung eingesetzt.

Eine Nachfrage dazu vom Kollegen Peterka.

Vielen Dank. – Sie haben sich gerade zur sogenannten Ein-China-Politik bekannt. Deswegen eine etwas detaillistische Frage: Welche genaue Bezeichnung für den Staat benutzen Sie bei der Kommunikation mit der Republik China, welche sich ja auf der Insel Taiwan befindet? Welche Bezeichnung für die Republik China benutzen Sie bei der Kommunikation mit der Volksrepublik China? Und welche Bezeichnung benutzen Sie in sonstigen öffentlichen Aussagen?

Herr Abgeordneter, Sie haben wahrscheinlich gerade, wenn Sie meine Interaktion verfolgt haben, gehört, dass ich die Bezeichnung „Taiwan“ verwende. Und das hat sich, glaube ich, im Sprachgebrauch so eingebürgert.

Der Kollege Kraft hat ebenfalls eine Nachfrage.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, wenn Sie sagen, dem Parlament steht es frei, mit welchen Vertretern Taiwans man sich trifft, dann ist das eigentlich nicht ganz richtig. Es besteht ja EU-weit, auch mit Billigung Deutschlands, ein Einreiseverbot für höchstrangige Mitglieder der taiwanesischen Regierung oder einer Regierung, die sich als Vertreter Taiwans bezeichnet. Also ist es nicht ganz richtig, zu behaupten, dass dieses Parlament sich mit jedem Vertreter Taiwans treffen kann. Wie rechtfertigen Sie eigentlich dieses Einreiseverbot für die höchstrangigen Mitglieder der Regierung von Taiwan?

Herr Abgeordneter, es liegt mir fern, Sie da zu korrigieren – ich werde das gerne noch mal nachschlagen –; aber wenn ich es richtig in Erinnerung habe, dann hat es wiederholt Reisen einer informellen Freundschaftsgruppe des Deutschen Bundestages gegeben, die, glaube ich, sogar von der Präsidentin Taiwans empfangen worden ist. Aber als Teil der Ein-China-Politik gibt es ebenfalls seit vielen Jahren eine etablierte Politik der Bundesregierung, die höchsten Vertreter Taiwans nicht auf politischer Ebene zu empfangen. Trotzdem – das wissen Sie ja auch – haben wir ein Büro in Taiwan, das die deutschen Interessen vertritt und das selbstverständlich auch dort mit den entsprechenden Behörden zusammenarbeitet.

Vielen Dank. – Sie können gleich stehen bleiben, Herr Kollege Kraft; denn als Nächstes kommt die Frage 9 des Kollegen Dr. Kraft:

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Kraft, dann darf ich die Gelegenheit, dass Sie gerade stehen, nutzen, um Ihre Frage zu beantworten: Die deutsche Botschaft in Damaskus ist infolge des bewaffneten Konfliktes in Syrien seit Januar 2012 geschlossen. Hinsichtlich sonstiger Bundesbehörden kann die Frage auch in eingestufter Form nicht beantwortet werden. Gegenstand der Frage sind solche Informationen, die in besonderem Maße die Funktionsfähigkeit der Nachrichtendienste berühren und daher in einer zur Veröffentlichung vorgesehenen Fassung nicht behandelt werden können.

Das verfassungsrechtlich verbürgte Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung wird durch gleichfalls Verfassungsrecht genießende schutzwürdige Interessen wie das Staatswohl begrenzt. Eine Offenlegung der angefragten Informationen birgt die Gefahr, dass die Einzelheiten zur konkreten Methodik und zu im hohen Maße schutzwürdigen spezifischen nachrichtendienstlichen Verbindungen des BND bekannt würden. Infolgedessen könnten sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Akteure Rückschlüsse auf spezifische Vorgehensweisen und Fähigkeiten des Bundesnachrichtendienstes ziehen. Dies würde schwerwiegende Einschränkungen der Informationsgewinnung bedeuten, womit letztlich der gesetzliche Auftrag des BND nicht mehr sachgerecht erfüllt werden könnte.

Eine VS-Einstufung und Hinterlegung der angefragten Informationen in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages würde ihrer erheblichen Brisanz im Hinblick auf die Bedeutung für die Aufgabenerfüllung des BND nicht ausreichend Rechnung tragen. Die angefragten Inhalte beschreiben die Fähigkeiten und Arbeitsweisen des Bundesnachrichtendienstes so detailliert, dass eine Bekanntgabe auch gegenüber einem begrenzten Kreis von Empfängern ihrem Schutzbedürfnis nicht Rechnung tragen kann.

Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die erbetenen Informationen derart schutzbedürftige Geheimhaltungsinteressen berühren, dass das Staatswohl gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht wesentlich überwiegt. Insofern muss ausnahmsweise das Fragerecht der Abgeordneten gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse des Bundesnachrichtendienstes zurückstehen. Dabei ist der Umstand, dass die Antwort verweigert wird, weder als Bestätigung noch als Verneinung des angefragten Sachverhalts zu werten.

Nachfrage, Herr Kollege? – Bitte schön.

Vielen Dank für die Auskunft. – Ich versuche mal, in meiner Nachfrage den Punkt zum Personal in Syrien komplett auszuklammern. Ich hoffe, es gelingt mir dennoch, eine Nachfrage zu formulieren. Hat das Auswärtige Amt Pläne, wieder Vertreter – einzig und allein des Auswärtigen Amtes, nicht des Bundesnachrichtendienstes – nach Syrien zu schicken mit der Beauftragung, die diplomatischen Verbindungen zur dortigen Regierung, von der man de facto sagen muss, sie ist als Sieger aus dem Bürgerkrieg hervorgegangen, wiederherzustellen?

Herr Abgeordneter, unter den gegenwärtig in Syrien herrschenden Rahmenbedingungen: Nein. Ich teile auch Ihre Auffassung nicht, die Sie dargestellt haben; das kann man sicherlich diskutieren. Sie wissen, dass die Bundesregierung ein Teil der sogenannten Small Group zu Syrien ist, in der wir uns eng mit unseren wichtigsten Partnern – den Vereinigten Staaten von Amerika, dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Saudi-Arabien, Ägypten und Jordanien – abstimmen.

Es gibt eine gemeinsame Haltung, die man so zusammenfassen kann: Solange es keine substanziellen Fortschritte im Friedensprozess gibt und solange sich das Assad-Regime und die mit ihm verbündeten Milizen und politischen Kräfte weigern, die Mindestanforderung des UNHCR und die in den einschlägigen Menschenrechtskonventionen niedergelegten Prinzipien zu berücksichtigen, so lange gibt es keine entsprechende Aufwertung. Insofern kann ich Ihre Frage zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit Nein beantworten.

Eine weitere Nachfrage? – Bitte schön.

Vielen Dank. – Ich nehme das zur Kenntnis. Die Frage ist natürlich, ob Sie in der Vergangenheit bei vergleichbaren Konflikten – wenn eine Regierung der Bundesregierung, sagen wir es mal so, nicht passt oder wenn die Bundesregierung nicht der Meinung ist, dass hier die Vertretung eines Staates gegeben ist – der Meinung waren, dass es sinnvoll ist, diplomatische Beziehungen mit einem Land zu pflegen, selbst wenn einem die dortige Regierung eventuell nicht passt.

Herr Abgeordneter, ich bitte um Verständnis dafür, dass ich hier als Staatsminister nur Auskunft über den Zeitraum geben kann, in dem ich Verantwortung getragen habe. In diesem Zeitraum ist mir ein von Ihnen angesprochener vergleichbarer Fall nicht bekannt.

Nachfrage? – Kollege Brandner.

Der Kollege Kraft scheint ja mit seiner Frage nach dem nicht vorhandenen deutschen Botschafter in Syrien in ein nachrichtendienstliches Wespennest gestochen zu haben. Ich hoffe, mir gelingt es jetzt, Ihnen hier keine Staatsgeheimnisse zu entlocken. Ich habe eine allgemeine Frage, die sich auf Ihre Amtszeit bezieht: Wie schätzt die Bundesregierung allgemein die Sicherheits- oder Gefahrenlage in Syrien ein, ohne dass Sie jetzt interne Geheimnisse preisgeben müssen?

Wir schätzen die Gefahrenlage in ganz Syrien als erheblich ein. Ich darf Sie, Herr Abgeordneter, darauf hinweisen, dass der UNHCR erst vor wenigen Tagen erneut eine Stellungnahme abgegeben hat mit der eindringlichen Aufforderung an die Staatengemeinschaft – das ist ja auch eine Debatte, die aus Ihrer Fraktion gelegentlich geführt wird – , beispielsweise von Rückführungen nach Syrien abzusehen, weil auch in den – ich benutze jetzt einmal diesen Begriff – sogenannten befriedeten Gebieten weiterhin willkürlich Menschen verhaftet, gefoltert, erpresst, zum Militärdienst, entweder in der Armee oder auch in entsprechenden Milizen, gezwungen werden.

Zudem gibt es weiterhin Kampfhandlungen in Syrien. Die Lage in Idlib ist relativ stabil durch die Vereinbarung, die dort getroffen worden ist. Aber gerade in den letzten Wochen haben wir wieder Luftangriffe, unter anderem der russischen Seite, mit einer erheblichen Zahl von Todesopfern erlebt. Insofern schätzen wir die Gefahrenlage für Gesamtsyrien weiterhin als sehr gravierend ein.

Danke, Herr Minister. – Nächste Frage dazu stellt der Kollege Huber.

Ich habe eine Frage dazu. Bisher habe ich Ihren Ausführungen entnommen, Herr Staatsminister, dass Sie nach aktuellem Stand der Dinge gar keine diplomatischen Beziehungen zur syrischen Regierung aufrechterhalten wollen. Muss ich folgerichtig Ihre Zielstellung so verstehen, dass Sie eigentlich einen Regierungswechsel in Syrien herbeiführen möchten? Wenn dem so ist, dann hätte ich gerne eine Auskunft darüber, was die Bundesregierung dafür tut, um diesen Regime Change zu verwirklichen.

Ich erlaube mir, Ihrer Sichtweise, Herr Abgeordneter, doch entschieden zu widersprechen. Es gibt zahlreiche öffentliche Äußerungen der Bundesregierung und von deren Vertretern – auch von mir – zu einzelnen Personen, zu Präsident Assad und dem Charakter des Regimes; das ist alles öffentlich und nachlesbar. Es gibt aber keine Politik des Regime Change; das will ich hier nachdrücklich unterstreichen. Deswegen habe ich auch eine Reihe von Anforderungen an die syrische Regierung formuliert, die nicht erfüllt sind.

Sie können das auch andersherum formulieren: Wenn bestimmte Mindestanforderungen erfüllt sind, dann wird es mit Sicherheit im Rahmen der Europäischen Union auch in der Small Group entsprechende Diskussionen geben. Die Bundesregierung verfolgt einen pragmatischen Ansatz und keinen Regime-Change-Ansatz.

Nächste Frage stellt die Kollegin Polat. – Bitte, Frau Kollegin.

Danke, Herr Präsident. – Herr Annen, können wir angesichts der Schilderungen zur Sicherheitslage in Syrien davon ausgehen, dass Ihr Lagebericht dementsprechend unverändert bleibt, und zwar auch im Hinblick auf den Vorstoß des Bundesinnenministeriums in Richtung Innenministerkonferenz, hier Aufweichungen vorzunehmen?

Frau Abgeordnete, ich gehe davon aus, dass Sie Verständnis dafür haben, dass ich hier jetzt nicht über interne Abstimmungen in der Bundesregierung sprechen kann. Aber die grundsätzliche Haltung des Auswärtigen Amtes haben Sie eben meiner Antwort, glaube ich, entnehmen können.

Ich muss allerdings darauf hinweisen – das wissen Sie aber auch –, dass die Tatsache, dass wir über keine diplomatische oder konsularische Vertretung vor Ort verfügen, die Erstellung eines Asyllageberichtes natürlich erschwert. Deswegen haben wir in der Vergangenheit auch darauf zurückgegriffen, Berichte zu erstellen, die sich eben in erster Linie auf verlässliche Quellen stützen müssen, und das werden wir auch weiter tun. Ich bin der festen Überzeugung, dass es wichtig ist, diese Berichte, und zwar nicht nur zu Syrien, sondern auch zu anderen Regionen der Welt, nicht zu politisieren.

Vielen Dank, Herr Staatsminister.

Wir kommen als Nächstes zur Frage 10 des Abgeordneten Kraft:

Vielen Dank, Herr Präsident. – Wir bleiben beim Thema, Herr Abgeordneter. Ich darf die Frage wie folgt beantworten: Die Bundesregierung plant keine Maßnahmen zur Rückholung von gefangenen deutschen IS-Kämpfern aus Syrien. Zu Radikalisierungstendenzen liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor.

Nachfrage? – Bitte schön.

Eine Frage, Herr Staatsminister: Wie sind Sie denn mit den deutschen Staatsbürgern in Kontakt, wenn Sie keine Absicht haben, eine diplomatische Vertretung in Syrien zu betreiben? Wie können Sie den konsularischen Kontakt mit den deutschen Staatsbürgern, die in Syrien in Gefangenschaft sind, garantieren?

Das, Herr Abgeordneter, ist als Grundprinzip häufig nicht möglich. Aufgrund der mangelnden konsularischen Präsenz ist eine reguläre konsularische Betreuung nicht möglich.

Bitte schön, noch eine Nachfrage.

Gut. – Herr Staatsminister, darf ich dann Ihre Äußerung dahin gehend verstehen, dass das Auswärtige Amt nicht anstrebt, mit den deutschen Staatsbürgern, die in Syrien als ehemalige Angehörige einer terroristischen Vereinigung in Gefangenschaft sind, in Kontakt zu treten und deren staatsbürgerliche Rechte wahrzunehmen?

Herr Abgeordneter, ich bin froh, dass ich selber unsere Position darlegen kann, weil wir – das wissen Sie ja auch – große Anstrengungen unternommen haben, unter diesen erschwerten Rahmenbedingungen insbesondere die betroffenen Kinder nach Deutschland zurückzuholen. Das ist 2019 auch gelungen, und zwar mit der Rückholung von vier Kindern im August 2019 und der Rückholung einer Mutter mit drei Kindern aus dem Lager al-Hol im November 2019. Aber Sie sehen schon an der geringen Anzahl dieser erfolgreich abgeschlossenen Initiativen, wie kompliziert, wie schwer und wie mühsam dieser Prozess ist.

Vielen Dank, Herr Staatsminister.

Ich rufe die Frage 11 des Abgeordneten Dr. Christoph Hoffmann, FDP-Fraktion, auf:

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Hoffmann, ich darf Ihre Frage für die Bundesregierung wie folgt beantworten: Gestern hat die Wahlkommission das vorläufige Wahlergebnis bekannt gegeben, wonach Amtsinhaber Ouattara 94,27 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 53,9 Prozent erhalten hat. Dieses Ergebnis muss noch durch den Verfassungsrat validiert werden.

Nach Bestätigung des amtlichen Endergebnisses wird die Bundesregierung gegenüber der neuen Regierung ihre Erwartung äußern, dass der politische Dialog mit der Opposition wieder aufgenommen wird. Gemeinsam mit EU-Partnern wird sie internationale Vermittlungsbemühungen, unter anderem der Vereinten Nationen und der ECOWAS, weiter unterstützen und alle beteiligten Akteure zum Gewaltverzicht und zu einem inklusiven Dialog ermutigen. – Vielen Dank.

Nachfrage, Herr Kollege?

Ja, sehr gerne, Herr Präsident. – Herr Staatsminister, der Wahlausgang in der Elfenbeinküste ist ja bezeichnend: gut 50 Prozent Wahlbeteiligung, weil viele Wahllokale gar nicht erreichbar waren, ja geschlossen waren. In der Vorbereitung der Wahl sind ja viele Oppositionskandidaten gar nicht erst zum Zuge gekommen, weil sie im Exil sind. Und jetzt, nach der Wahl, ist der einzige Gegenkandidat, der überhaupt noch übrig geblieben ist, Henri Konan Bédié, der schon 86 Jahre alt ist, auch noch festgenommen worden.

Sie bezeichnen weiterhin die Elfenbeinküste als Reformstaat. Ouattara beginnt jetzt eine dritte Amtszeit, die er nur unter Biegen der Verfassung erreichen konnte. Bleiben Sie bei der Bezeichnung „Reformstaat“?

Herr Staatsminister.

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Sie haben ja auf die Entwicklung hingewiesen. Und trotz vieler organisatorischer Mängel und auch gelegentlicher Unregelmäßigkeiten waren es im Großen und Ganzen technisch akzeptable Wahlen. Bei punktueller Gewalt war es im Vorfeld der Wahlen zu rund 20 Todesopfern gekommen – das muss man auch erwähnen –, am Wahltag und danach starben nach unseren Erkenntnissen etwa zehn Menschen.

Die Regierung hatte unter ECOWAS-Vermittlung zuletzt ein gewisses Entgegenkommen gegenüber der Opposition gezeigt. Man muss aber wohl auch darauf hinweisen, dass die Opposition die angebotene ECOWAS-Vermittlung abgelehnt hat. Der Prozess ist also insgesamt sehr komplex. Deswegen habe ich auch in der Antwort auf Ihre Frage darauf hingewiesen, dass die Validierung des Wahlergebnisses noch aussteht. Nach der Validierung werden wir uns entsprechend dann auch endgültig verhalten.

Vielen Dank.

Ich hätte noch eine weitere Nachfrage.

Okay.

Herr Staatsminister, die EU hat sich mit einem Statement relativ klar dahin gehend geäußert, dass sie an den Rahmenbedingungen dieser Wahlen erhebliche Zweifel hat. Ist die Bundesregierung bereit, hier auch ihre Position zu ändern und die Elfenbeinküste nicht mehr als Reformstaat zu bezeichnen? Denn es geht ja wohl offensichtlich in eine andere Richtung. Wir sehen nämlich wiederum, dass in einem afrikanischen Staat, der sehr jung ist, in dem eine junge Generation in Erscheinung tritt, ein sehr alter Präsident sich selbst eine dritte Amtsperiode ermöglicht hat. Ich glaube, da müssen wir den Reformstatus doch etwas in Zweifel ziehen. Würden Sie mir da folgen?

Herr Abgeordneter, ich danke auch für diese Rückfrage. – Ich glaube, ich muss schon darauf hinweisen, dass es auch innerhalb der Elfenbeinküste unterschiedliche Auffassungen über die Rechtmäßigkeit dieser zusätzlichen Kandidatur gegeben hat. Sie wissen auch, dass ein vorgesehener Kandidat verstorben ist. Insofern ist die Lage in der Tat komplex.

Ich will aber, weil es wichtig ist und Ihre Frage zu Recht in diese Richtung weist, auch darauf hinweisen, dass wir hochrangig den Kontakt suchen. Die Bundeskanzlerin hat Anfang September in einem Telefonat mit dem Staatspräsidenten die Wichtigkeit friedlicher und transparenter Wahlen betont. Das ist natürlich auch eine Botschaft an ein Land, dem wir den entsprechenden Status zugebilligt haben. Wir gehen davon aus, dass dort auch sehr genau zugehört worden ist.

Vielen Dank. – Dazu eine Nachfrage des Kollegen Uwe Kekeritz, Bündnis 90/Die Grünen.

Danke schön. – Herr Staatsminister, ich habe jetzt gerade die Zahl von etwa 94 Prozent gehört. Man muss wirklich nicht vom Fach sein, um zu wissen, dass das eine Fälschung ist. Ein anderes Ergebnis ist nicht möglich.

Meine Frage an Sie ist aber eine ganz andere. Ouattara ist jetzt neun Jahre an der Macht. Er ist durch einen höchst fragwürdigen Prozess an die Macht gekommen, wird aber seit seiner Machtübernahme massiv von Deutschland und Europa unterstützt. Was haben Sie eigentlich getan, um solche Verhältnisse, wie sie sich zurzeit wieder in der Elfenbeinküste entwickeln, zu verhindern? Denn diese Entwicklung ist ja nicht über Nacht gekommen, sondern Teil eines Prozesses, den wir ja seit sechs, sieben Jahren eindeutig erkennen, und das unter Beobachtung Deutschlands und der EU und mit aktiver Unterstützung Deutschlands und der EU zum Beispiel über die Entwicklungszusammenarbeit.

Herr Staatsminister.

Vielen Dank, Herr Präsident. Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Die Formulierung, die Sie gewählt haben, wird zumindest von mir so verstanden, als ob Sie damit ein bisschen den Eindruck erwecken wollten, die Bundesregierung hätte jetzt eine Person oder einen Kandidaten unterstützt. Die Unterstützung gilt einem wichtigen Land in der Region und seinen Menschen. Dafür stehen die entsprechenden Instrumente, von denen ich weiß, dass Sie sie sehr genau und sehr gut kennen, zur Verfügung, und das bleibt auch sozusagen der Kern der Beziehungen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7481291
Wahlperiode 19
Sitzung 188
Tagesordnungspunkt Belarus-Politik
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