05.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 189 / Tagesordnungspunkt 8

Marc JongenAfD - Enquete-Bericht Künstliche Intelligenz

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! KI, künstliche Intelligenz, lässt Autos autonom fahren, spielt Schach und schlägt jeden Großmeister, übersetzt Texte, erkennt Sprache und Gesichter, entwickelt Therapien für Kranke und steuert ganze industrielle Fertigungsanlagen. KI ist der wesentliche Treiber der digitalen Revolution, die die gesamte menschliche Zivilisation erfasst hat und in hohem Tempo umgestaltet. Man könnte auch sagen: KI ist das Schicksal. Und wie schon Seneca wusste: Den Willigen führt das Schicksal, den Unwilligen treibt es.

Darum, meine Damen und Herren, ist es eminent wichtig, dass wir in Deutschland und Europa auf den Kamm der immer höher ansteigenden KI-Welle gelangen und uns wenigstens eine gewisse Steuerungskompetenz erhalten in diesem unausweichlichen Geschehen und nicht nur getrieben oder gar überrollt werden von den führenden KI-Mächten China und USA.

Dass Millionen Arbeitsplätze durch KI wegfallen werden, ist nicht zu verhindern. Es geht darum, sicherzustellen, dass ebenso viele neue entstehen und dass sie vor allem bei uns entstehen. Wir brauchen Steuererleichterungen und Abbau bürokratischer Hürden für kreative KI-Start-ups, und wir müssen die KI-Forschungskompetenz in Deutschland massiv ausbauen.

(Beifall bei der AfD)

Auch wenn Sie unsere Forderung nach einem zentralen KI-Campus abgelehnt haben: Wir von der AfD sind weiterhin überzeugt, dass ein solches deutsches MIT notwendig ist für echte Spitzenforschung, und werden uns weiterhin dafür einsetzen.

In der Enquete-Kommission KI des Bundestages war es Konsens – den auch die AfD-Fraktion mitträgt –, dass wir uns am Leitbild einer menschenzentrierten KI orientieren wollen, gerade auch im Unterschied zu China, teils auch zu den USA: Im Abschlussbericht heißt es:

Das bedeutet, dass KI-Anwendungen vorrangig auf das Wohl und die Würde der Menschen ausgerichtet sein und einen gesellschaftlichen Nutzen bringen sollten.

Ja. Wer will das nicht? Aber wir müssen sehr genau hinsehen, wie wir diesen Nutzen definieren, meine Damen und Herren. Die Kommunistische Partei Chinas hat bereits 2014 ein Sozialkreditsystem eingeführt, das jetzt dank KI schrittweise auf alle Bürger, Behörden und Firmen ausgedehnt wird – ein umfassender Versuch digitaler Sozialkontrolle: Wer sich nicht benimmt, der bekommt Strafpunkte, dessen Aktionsradius wird immer mehr eingeschränkt, von der Reiseeinschränkung bis zur Beendigung der Karriere. KI und Big Data eröffnen Möglichkeiten zu einer Diktatur 2.0, von der die totalitären Systeme des 20. Jahrhunderts nur träumen konnten.

Wer glaubt, wir seien in Deutschland gegen Derartiges gefeit, der höre beispielsweise dem Bremer CDU-Abgeordneten Thomas Röwekamp zu, der vor Kurzem in der Bremischen Bürgerschaft sagte, die Corona-Warn-App bleibe weit unter ihren Möglichkeiten, sie müsse bußgeldbewehrt zur Pflicht werden.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist ziemlich weit weg von plus und minus!)

Die digitalen Möglichkeiten wecken auch hierzulande offenbar den totalitären Appetit bei den Regierenden. Schon jetzt werden Bürgerrechte außer Kraft gesetzt, bald soll offenbar die Überwachung dank KI greifen – alles zum Wohl des Menschen und zum gesellschaftlichen Nutzen natürlich.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Irrer Vergleich!)

– Ein irrer Vergleich, meinen Sie?

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Finde ich!)

Ich zitiere Ihnen den israelischen Historiker und Starintellektuellen Yuval Noah Harari,

(Zuruf des Abg. Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

der kürzlich, auf die Coronakrise angesprochen, sagte – ich zitiere –:

Im schlimmsten Fall werden sich die Menschen in 50 Jahren daran erinnern, dass im Jahr 2020 mit Hilfe der Digitalisierung die allgegenwärtige Überwachung durch den Staat begann.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Über die Coronapandemie hat er aber nichts gesagt! – Zuruf des Abg. Dr. Danyal Bayaz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das darf auf keinen Fall Wirklichkeit werden, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der AfD)

Die Enquete-Kommission „KI“ hat ihre Arbeit nach zweieinhalb Jahren mit einem 800-Seiten-Bericht abgeschlossen. Ich bin dankbar, dass ich ein klein wenig dazu beisteuern konnte, gemeinsam mit den Kollegen Joana Cotar und Peter Felser, und auch von den Experten einiges lernen konnte.

Die eigentliche Herausforderung der Politik durch KI beginnt aber erst. Die AfD-Fraktion wird jede Erweiterung unserer Handlungsmöglichkeiten durch KI begrüßen, unsere Freiheit und Demokratie aber ebenso entschlossen gegen die neuen Gefahren verteidigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Stefan Sauer, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7481388
Wahlperiode 19
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Enquete-Bericht Künstliche Intelligenz
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