05.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 189 / Tagesordnungspunkt 9

Gottfried CurioAfD - Parlamentsbeteiligung bei Corona-Maßnahmen

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was kommt denn nach diesem zweiten Lockdown? Der dritte, vierte und zehnte? Wir hören schon, dass es dann nur an uns Bürgern gelegen hat, wenn es im Dezember eben doch einfach weiterläuft, weil wir nicht gut genug pariert haben – eine völlig perspektivlose Politik nach gut neun Monaten Bekanntschaft mit dem Problem. Der Patient Gesellschaft wird nur immer von Neuem ins künstliche Koma versetzt, statt behandelt zu werden, weil Sie gar nicht wissen, wo Sie therapeutisch hinwollen.

(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Deswegen stehen wir auch besser da als ganz Europa!)

Der Lockdown ist zu unspezifisch. Gaststätten und Kulturevents waren gerade keine Treiber der Epidemie.

(René Röspel [SPD]: Woher wissen Sie das denn?)

Wenn das Gewicht der typischen Infektionswege in den einzelnen Lebensbereichen immer noch nicht klar ist, dann ist das doch kein Freibrief, da alles dichtzumachen, sondern ein Aufklärungsversagen.

(Beifall bei der AfD)

Wieder darf das Parlament – wie bei Euro-Krise und Grenzöffnung – nur noch abnicken, was vom Kanzleramt ausgegeben wird.

(Zuruf des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU])

Statt dass Sie nach Gutsherrenart immer wieder im Hinterzimmer etwas auskungeln, fordern wir die Rückkehr zu strengster Rechtsbindung. Statt dass Sie aktionistisch einfach irgendwas ins Schaufenster stellen, sagen wir: Die Medizin darf nicht schlimmer sein als die Krankheit.

(Beifall bei der AfD)

Der Zweck Gesundheitsschutz heiligt nicht die Mittel jedweder Grundrechtseinschränkung. Die Verhältnismäßigkeit bleibt immer objektiv abzuwägen. Pauschales Durchregieren mit Ad-hoc-Verordnungen ist verfassungswidrig, so selbst der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages. Auch fehle es an strengster Befristung der Maßnahmen – AfD-Forderung der ersten Stunde – samt regelmäßiger Unterrichtung über die Wirksamkeit mit wissenschaftlicher Evaluation inklusive wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen. Verordnungen gemäß Infektionsschutzgesetz hätten dort viel stärker konkret bestimmt sein müssen. Das Gesetz weiß gar nichts von Lockdown und allgemeinen Betriebsverboten. Wir fordern eine rechtliche und parlamentarische Grundlegung und sinnvolle und verhältnismäßige Maßnahmen statt kontraproduktive wie etwa die jetzigen, aufgehängt an positiven Testungszahlen, ein Indikator von in Wahrheit beschränkter Aussagekraft.

Nur weil ein Staat seine Hausaufgaben nicht gemacht hat – Kapazität der Gesundheitsämter –, kann er jetzt nicht einfach Probleme durch Grundrechtsbeschränkungen bei den Bürgern abladen, nach dem Motto: Alles, was Spaß macht, ist infektiös. Es fehlt doch jeder Hinweis auf entscheidende Risiken in den beschränkten Branchen oder auf eine nur so jetzt bewirkte wesentliche Eindämmung; es gibt nur völlig pauschale Argumente. Dabei sind viele Betriebe schon durch den ersten Lockdown angeschlagen, der nach Herrn Spahn so nicht mal nötig war. Was für ein Wahnsinn!

(Beifall bei der AfD)

Es bräuchte jetzt doch Solidarität mit den schon Geschwächten. Bereits im ersten Lockdown wurden über eine halbe Million Arbeitsplätze vernichtet, wurde ein Heer von Kurzarbeitern in eine ungewisse Zukunft geschickt. Der neue Shutdown wird jetzt vielen weiteren Unternehmen den Todesstoß versetzen. Staatshilfen, das Sterbegeld, kommen nicht oder nicht rechtzeitig an. Rettungsmilliarden narkotisieren, aber heilen nicht.

Für Gastwirte und die Kulturbranche mit ihren guten Hygienekonzepten heißt es: Ihr kriegt jetzt mal den Schwarzen Peter; ohne Nachweis der Schuld verurteilt. Freizeitanbieter und Selbstständige stehen vor dem Ruin, die Reserven wurden schon im ersten Lockdown aufgebraucht. Die Insolvenzwelle aus dem Frühjahr, die Sie künstlich verschieben wollen, kommt ja erst noch. Wird die Branche weiter in den Winterschlaf geschickt, wird sie daraus nicht mehr erwachen. Kein Mensch will doch wegen einer härteren Grippe alles verlieren und Weihnachten bis Silvester in Einzelhaft verbringen. Schluss mit dieser übergriffigen Politik!

(Beifall bei der AfD – Zuruf der Abg. Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

So geht auch das Konsumklima in den Keller. Statt immer nur aus dem Buch der Apokalypse zu lesen, sollten Sie auch mal Perspektiven vermitteln. Dazu kommt dieser moralinsaure Kasernenton: „Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, werden untersagt.“ Das heißt, mit den Arbeitskollegen tagsüber zusammen malochen gehen, ist okay, aber hinterher ein Feierabendbier ist des Teufels. Dieser Shutdown geht wie ein Schnitter mit der Sense durch die deutsche Volkswirtschaft. Ertüchtigen Sie doch lieber die Gesundheitsämter, größere Infektionsherde zu lokalisieren: Superspreader-Events in der großstädtischen Erlebnisszene, oft migrantisch geprägt.

(Widerspruch bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Halten Sie doch lieber das Virus aus den Pflegeheimen heraus; dort gibt es einen Großteil der Todesfälle. Es braucht dort gezielten Schutz, FFP2-Masken, Reihentests, Schnelltests für Besucher, und nicht Maskenzwang für Grundschulkinder, die kaum gefährdet und infektiös sind.

Vernünftig wäre, gerade Restaurants offen zu lassen, wo sich die Menschen unter Hygienebedingungen treffen. Kein seriöser Mediziner empfiehlt doch eine Maskenpflicht im Freien auf diversen Straßen. Geht es darum, den öffentlichen Kotau vor dem Gesslerhut einzufordern, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der AfD – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Herr Curio als Wilhelm Tell!)

Wie dünn muss denn eine Position sein, wenn nur noch Nibelungentreue trägt? Den Vogel ab schießt der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Dort wären die Schritte gar nicht nötig, sagt er. Man mache das nur aus nationaler Solidarität. – Man muss sich das mal vorstellen: Wirtschaftszerstörung, Grundrechtseinschränkungen flächendeckend, nur damit die Leute daran glauben.

Schluss mit dieser Arroganz der Macht, mit solch groben Maßnahmen. Es braucht feinfühlige, zielgerichtete Instrumente.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Da ist die AfD ja der richtige Ansprechpartner! – Jan Korte [DIE LINKE]: Ihre Spezialität!)

Wer mit Boxhandschuhen Klavier spielen will, wird nur Misstöne erzeugen, gerade auf der Klaviatur der Macht.

(Beifall bei der AfD)

Worum es dieser Regierung geht, ist auch die Kontrolle des Narrativs: Corona als Sündenbock für politische Fehlentscheidungen. Die Überschuldung in der Euro-Zone – alles nur Corona. Dabei ist die Coronakrise in Wahrheit eine Lockdown-Krise. Dabei sind die Rettungstöpfe in Wahrheit leer. Merkel gibt die große Schutzmantelmadonna zulasten künftiger Generationen. Das ist der Weg in die Schuldenunion unter dem Vorwand des permanenten Ausnahmezustands. So eine Coronapolitik fürchtet dann wohl den Realitätscheck einer Rückkehr zur Normalität. Wir sagen: Rückkehr zu Recht und Verhältnismäßigkeit jetzt!

(Beifall bei der AfD – Jan Korte [DIE LINKE]: Sofort!)

Stattdessen bedient man sich in diesem strategielosen Vorwärtsstolpern der Methode Greta – „I want you to panic“ –, um den großen Umbau, die große Umverteilung durchzudrücken – Stichwort „Wiederaufbaufonds“; jetzt werde das leichter gehen mit der Finanzunion; heißt es, auch um als „rettende Exekutive“ daraus weiter Umfragenpotenzial zu saugen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Da wünscht man sich als AfD lieber, dass es den Menschen schlecht geht!)

Eine Kanzlerin, die die Bürger wie unmündige Kinder behandelt und in fantastischer Verblendung meint, wir müssten uns erst die Feier des Weihnachtsfests bei ihr durch Wohlverhalten verdienen, die ist wohl wirklich zu lange an der Macht. Wenn Sie, Frau Kanzlerin, morgens auf dem Weg ins Kanzleramt wieder der Kontrollwahn überfällt, dann – ich bitte Sie – bleiben Sie, wenn immer es geht, zu Hause.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der AfD – Jan Korte [DIE LINKE]: Sie ist heute gar nicht da! Alter Schwede! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das da ist Frau Karliczek!)

Nächster Redner ist der Kollege Rudolf Henke, CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7481401
Wahlperiode 19
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Parlamentsbeteiligung bei Corona-Maßnahmen
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