Philipp AmthorCDU/CSU - Parlamentsbeteiligung bei Corona-Maßnahmen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Land befindet sich in der wohl schwierigsten Zeit seit einigen Jahrzehnten. Unser Rechtsstaat ist unter dem Druck – das muss man zugestehen – der größten Freiheitsbeschränkung seit Bestehen des Grundgesetzes. Aber gerade solche Zeiten erfordern von uns gemeinsam, dass wir hier ernsthaft diskutieren, dass wir hier ehrlich diskutieren und dass wir das mit Respekt vor unserer Verfassung tun. Den lassen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der AfD, einfach vermissen. Das hat auch Ihr heutiger Beitrag wieder gezeigt, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])
Man kann immer politisch unterschiedlicher Meinung sein, gerade auch bei den Coronamaßnahmen. Aber was nicht geht, ist, permanent, wenn einem die politischen Argumente ausgehen, immer nur mit dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit um sich zu werfen. Ich sage Ihnen: Das ist ein Muster, das wir von der AfD doch schon kennen. Schauen wir uns das an. Zur Euro-Politik der Regierung kann man unterschiedlicher Meinung sein. Sie haben sie für verfassungswidrig gehalten; das Bundesverfassungsgericht hat sie bestätigt. Die Migrationspolitik haben Sie als verfassungswidrig kritisiert. Man kann unterschiedlicher Meinung sein; aber vor dem Bundesverfassungsgericht sind Sie krachend baden gegangen. Ich sage Ihnen: Bei der Coronapolitik ist es wieder so. Ihnen fällt außer dem Vorwurf der Verfassungswidrigkeit nichts ein. Sie werden damit scheitern. So einfach lassen wir Ihnen das nicht durchgehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich bin ja wirklich ein großer Freund der Verfassung und weiß auch: Die Verfassung setzt dem Staat Grenzen. Sie gibt aber in den seltensten Fällen nur eine Handlungsoption vor, sondern lebt in der Regel von Handlungsalternativen. Genau diese Handlungsalternativen haben wir im Moment. Natürlich kann die Regierung durch das Parlament stärker beschränkt werden. Aber am Ende haben wir als Parlament den Entscheidungsspielraum. Das ist es, was Sie nicht verstehen wollen; denn Entscheidungsspielräume verleugnen Sie.
Man muss vielleicht manches Mal ein plastisches Beispiel nehmen: Die Verfassung ist so toll, dass sie es Ihnen auch erlaubt, Leute im Grenzbereich zum Rechtsextremismus nicht aus Ihrer Partei zu werfen, wie es andere machen, sondern sogar mit Führungspositionen zu versorgen. Man kann es anders machen. Am Ende entscheidet der Wähler, was richtig ist. Wir sind überzeugt, dass wir hier die richtigen Alternativen wählen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die besseren Alternativen!)
Wenn Sie sagen, das Parlament sei nicht beteiligt worden, dann gibt es dafür nur zwei Erklärungsansätze. Entweder Sie haben nicht mitbekommen, wie wir hier Debatte um Debatte geführt, Konditionierung um Konditionierung im Haushalts- und im Fachrecht behandelt haben, oder Sie verdrehen es bewusst. Ein bewusstes Verdrehen ist natürlich die Einordnung der Ministerpräsidentenkonferenz, wie Sie sie hier vornehmen.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: So ist das!)
Wenn man sagt, wir würden den Beschlüssen im Kanzleramt hinterherlaufen, dann ist das schlicht falsch. In Wahrheit gehen wir den Beschlüssen im Kanzleramt voraus; denn das, was dort beschlossen wird, funktioniert nur auf der Grundlage unserer parlamentarischen Ermächtigung. Insoweit sage ich: Wir als Parlament sollten uns nicht permanent kleiner machen, als wir sind, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das muss hier der Maßstab sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Natürlich kann man die Forderung erheben und fragen: Muss die Regierung nicht klarer konditioniert werden? Ich sage Ihnen: Mittlerweile kann man zu der Meinung kommen, dass man bestimmtere Einschränkungen im Infektionsschutzgesetz vornehmen muss. Ich sage aber „mittlerweile“; denn es gilt der Grundsatz: Je länger Grundrechtseingriffe andauern und vor allem je konstanter eine Gefährdungslage ist, desto eher muss man konkretisieren. Dass wir jetzt das Infektionsschutzgesetz zu diesem Zeitpunkt ändern, ist kein Nachsteuern aufgrund Ihres Drucks oder irgendwelcher Behauptungen. Das ist logisch, das ist konsequent, das ist folgerichtig. So geht vernünftiges Regieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wie wir vorgehen, ist verfassungsadäquates Handeln. Aber ich will Ihnen noch sagen, was eben nicht verfassungsadäquat ist. Nicht verfassungsadäquat ist es, diese Bedrohung, die wir durch die Coronasituation haben, zu leugnen, sie zu ignorieren und staatlichen Schutzpflichten nicht nachzukommen. Da muss ich Ihnen sagen – das haben Sie wieder par excellence gezeigt –: Sie nennen sich „Alternative für Deutschland“, bieten hier aber gar keine Alternativen an. Sie sagen einfach, die Beschlüsse sollten rückgängig gemacht werden. Sie wollen Risikogruppen schützen, obwohl man sagen muss: Wenn wir uns das demografisch anschauen, ist die Risikogruppe mittlerweile so groß, dass die Hälfte der Bevölkerung zur Risikogruppe gehört. Sie haben keinen Plan, Sie haben keine Argumente, sondern tragen nur das Ammenmärchen der Verfassungswidrigkeit vor. Das reicht nicht aus. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Philipp Amthor. – Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Stephan Thomae.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7481407 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 189 |
Tagesordnungspunkt | Parlamentsbeteiligung bei Corona-Maßnahmen |