Stephan ThomaeFDP - Parlamentsbeteiligung bei Corona-Maßnahmen
Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dass ausgerechnet die AfD heute einen Antrag auf mehr Parlamentsbeteiligung stellt, hat einen Hauch von Treppenwitz, finde ich. Denn es ist doch gerade die AfD, die ein ums andere Mal ihre Verachtung für dieses Parlament deutlich macht.
(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)
Es ist doch immer die AfD, die jedes Mittel ergreift, um dieses Parlament der Lächerlichkeit preiszugeben. Und es ist die AfD, die immer wieder versucht, die Würde dieses Hauses infrage zu stellen, meine Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie stören den Parlamentsbetrieb, Sie missbrauchen die Geschäftsordnung, Sie stellen die Sitzungsleitung infrage. Es geht doch der AfD gar nicht darum, mehr Parlamentsbeteiligung zu erwirken. Was die AfD will, ist nicht etwa mehr Parlamentsbeteiligung bei der Pandemiebekämpfung. Sie wollen gar keine Pandemiebekämpfung. Das ist der Unterschied.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dabei geht es um ein ernstes Anliegen. Es geht darum, wie wir mit wirksamen und verhältnismäßigen Mitteln dieser Pandemie und ihrer Ausbreitung Herr werden und gleichzeitig berechtigte wirtschaftliche Interessen der Arbeitnehmer und der Unternehmer sowie soziale und kulturelle Bedürfnisse der Menschen ernst nehmen und nicht unter den Tisch fallen lassen, gerade wenn die Pandemiebekämpfung länger dauert. Darum geht es doch. Darum ringen wir hier sehr ernsthaft und auch sehr kontrovers. Das muss sein. Deswegen gehört in der Tat die Diskussion über die Pandemiebekämpfung in dieses Haus. Der Bundestag ist auch ein gutes Interessenausgleichsorgan, weil hier viel mehr als in den Ministerien, in der Regierung, im Bundeskanzleramt die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Interessen der Bevölkerung in ihrer Breite vertreten sind. Das können wir leisten. Wir bilden das so gut ab wie sonst kein Verfassungsorgan, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Gerade die Opposition hat die Aufgabe, die Schwachstellen in der Regierungspolitik herauszufiltern. Das ist nicht etwa, wie der Unionsfraktionsvorsitzende in der letzten Woche bei der Regierungserklärung der Kanzlerin sagte, eine Anmaßung. Das ist nicht unwürdig. Wir müssen uns nicht dafür schämen. Es ist unsere Aufgabe, das zu tun, die Schwachstellen aufzuspüren.
(Beifall bei der FDP und der LINKEN)
Das ist Teil des Qualitätsmanagements, das ein Parlament leisten muss. Nirgendwo sonst kreuzen sich so die Klingen von Meinungen und Gegenmeinungen, prallen Argument und Gegenargument so aufeinander. Das ist unsere Aufgabe. Wir denken in Wählerlogik, weil die Rückspiegelungen der Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger bei uns ankommen.
(Rudolf Henke [CDU/CSU]: Dann muss man aber auch mal sagen, was gut war!)
Deswegen sind wir legitimiert, Recht zu setzen. Das können wir ausnahmsweise auch mal an die Regierung durch Rechtsverordnung delegieren; aber dann müssen wir laut Artikel 80 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz auch Inhalt, Zweck und Ausmaß klar bestimmen. Nun mag es im Frühjahr dieses Jahres, im März und im Mai, die Situation gegeben haben, wo wir kaum eine andere Möglichkeit hatten, als generalklauselartig weitreichende Befugnisse, auch Ermessensbefugnisse an die Regierung zu delegieren.
(Rudolf Henke [CDU/CSU]: Sehr richtig! Sehr wahr!)
Aber irgendwann können auch wir uns nicht mehr einen schlanken Fuß machen.
(Christian Dürr [FDP]: Richtig! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Steht morgen auf der Tagesordnung!)
Irgendwann stehen wir in der Verantwortung, Artikel 80 Absatz 1 Satz 2 auszufüllen und klar zu sagen, was denn nun die Ermächtigung der Regierung ist.
Herr Kollege!
Wir stehen in der Verantwortung. Wir sind auch der bessere Gesetzgeber; wir sind schnell genug und gründlich. Deswegen müssen wir uns wieder mehr in die Verantwortung nehmen lassen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Stephan Thomae. – Der nächste Redner: für die SPD-Fraktion Mahmut Özdemir.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Rudolf Henke [CDU/CSU])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7481408 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 189 |
Tagesordnungspunkt | Parlamentsbeteiligung bei Corona-Maßnahmen |