05.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 189 / Tagesordnungspunkt 9

Alexander KraußCDU/CSU - Parlamentsbeteiligung bei Corona-Maßnahmen

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Keine Frage, die getroffenen Maßnahmen sind starke Eingriffe in Freiheitsrechte der Bürger. Dafür braucht es einen guten Grund, und es braucht verständliche Begründungen für die Menschen. Der gute Grund findet sich in Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Ich finde, der Staat muss alles unternehmen, damit das Gesundheitswesen nicht überfordert wird, damit Ärzte nicht gezwungen sind – wie wir das in Italien erlebt haben –, zu entscheiden, welcher Patient die Chance auf einen Beatmungsplatz bekommt, welcher Patient die Chance auf Überleben bekommt und welcher nicht. Ich möchte nicht, dass wir vor solche Entscheidungen gestellt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die angesprochenen Beispiele stammen nicht aus irgendwelchen Entwicklungsländern. Vielmehr können wir die Überforderung des Gesundheitswesens in Italien, in Spanien, in Frankreich und in den USA studieren, also in hochentwickelten Ländern. Wenn wir ehrlich sind, können wir das auch in einigen Regionen in Deutschland studieren. Denken wir an den Landkreis Heinsberg, wo im Frühjahr Patienten wegverlegt und Ärzte zugeführt werden mussten, um die Situation in den Griff zu bekommen. Dort waren nur 15 Prozent der Bevölkerung infiziert. Es handelt sich also um eine reale Gefahr. Deswegen ist das Ziel richtig, die Zahl der Kontakte zu halbieren. Die Richtung stimmt, wie wir in den letzten Tagen sehen. Wenn wir uns die Berliner Innenstadt anschauen, dann stellen wir fest, dass es ruhiger geworden ist. Es gibt nicht mehr so viele Menschen, die auf den Plätzen herumstreunen und ihr Bier trinken. Das ist eine gute Entwicklung, wie ich finde.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt nur einen Vorschlag der AfD, wie man mit der Situation umgehen soll. Das ist der Vorschlag, die Risikogruppen zu isolieren. Der Rest darf also weiter feiern. Das ist die Botschaft, die die AfD hat. Zuerst irritiert mich das damit verbundene Freiheitsverständnis: Ich komme über alles. Was interessiert mich mein kranker Nachbar? – Das ist das Denken, das dahintersteckt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Warum soll ich eine Party weniger machen, nur damit jemand anderes nicht krank wird und gesund bleibt? – Herr Gauland hat das in der vergangenen Woche relativ deutlich gesagt – ich bin ihm dankbar dafür, dass er das so deutlich gesagt hat –: Dann sterben halt welche. Was soll’s? – Das ist seine Grundeinstellung. Da gibt es keinerlei Mitgefühl und keinerlei Empathie. Das ist nicht mein Verständnis von einer Gesellschaft, in der ich leben möchte.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Bei dem Vorschlag der AfD kann man sich auch fragen, wie das praktisch gehen soll, Risikogruppen zu isolieren. Sollen in den Altenpflegeheimen die 80-Jährigen die 80-Jährigen pflegen? Denn die jungen Leute, die jetzt in den Pflegeheimen arbeiten, kann man dann nicht mehr hineinlassen, weil diese ja unter sich bleiben sollen. Oder wie machen wir das in den Familien? Darf die Oma ihre Enkel nicht mehr sehen, weil man Alt und Jung trennen muss? Wer gehört eigentlich zur Risikogruppe? Jeder dritte Deutsche ist über 60 Jahre alt und gehört damit zur Risikogruppe. Es gibt Diabetiker, Krebskranke, Menschen mit einem geschwächten Immunsystem und Raucher. Wenn man auf die RKI-Seite schaut, stellt man fest, dass auch die Männer eine Risikogruppe sind, die für schwere Verläufe prädestiniert ist. Es wird nicht funktionieren, all diese Gruppen auszuschließen.

Die AfD hat ja vorgeschlagen, dass es für Risikogruppen und Nichtrisikogruppen getrennte Einkaufszeiten in den Supermärkten geben soll. Ein vollkommen absurder Vorschlag, der an der Realität vollkommen vorbeigeht!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der AfD: Das kam gestern als Frage!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ja, die getroffenen Maßnahmen sind einschneidend. Ja, die getroffenen Maßnahmen sind belastend. Aber sie sind eben auch richtig. Wir dürfen nicht zuschauen, wie die Intensivstationen volllaufen. Deswegen bedarf es eines beherzten Handelns. Die Bundeskanzlerin hat mit den Ministerpräsidenten beherzt gehandelt. Ich bin den Handelnden dafür sehr dankbar.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Christian Petry [SPD])

Vielen Dank, Alexander Krauß. – Die letzte Rednerin in dieser Debatte: Emmi Zeulner für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7481410
Wahlperiode 19
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Parlamentsbeteiligung bei Corona-Maßnahmen
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