05.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 189 / Tagesordnungspunkt 11

Dietrich MonstadtCDU/CSU - Kranken- und Pflegeversicherung

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister Spahn! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Unser duales Krankenversicherungssystem haben wir in diesem Hause immer wieder diskutiert. Gefühlt haben wir dieses Thema ähnlich intensiv wie das aktuelle Thema der Coronapandemie diskutiert, ohne dass es dadurch besser würde.

(Dr. Achim Kessler [DIE LINKE]: Aber Sie haben nichts dazugelernt!)

– Das kann ich an Sie zurückgeben, Herr Kessler.

Ein Antrag fordert, wie wir jetzt gelernt haben, als Zwischenschritt – so haben Sie uns das erklärt –, die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung abzuschaffen, allerdings ohne die in jedem Fall hilfreich sein könnenden neuen Argumente. Frau Maag hat darauf nachdrücklich hingewiesen.

Ihr Antrag ist vielmehr zum wiederholten Male aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken abzulehnen.

(Dr. Achim Kessler [DIE LINKE]: Nein! Sie geben immer nur das Gleiche wieder! Total langweilig! Denken Sie mal neu!)

– Hören Sie doch mal zu! Das wäre hilfreich. Vielleicht lernen Sie noch etwas.

(Dr. Achim Kessler [DIE LINKE]: Nein, von Ihnen nicht!)

Bei der Beitragsbemessung in unserem solidarisch ausgerichteten System darf die Solidarität in der Versicherungsgemeinschaft nicht überdehnt werden. Um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu entsprechen, muss in solchen Systemen das Äquivalenzprinzip der Versicherung bleiben.

(Dr. Achim Kessler [DIE LINKE]: Das hat doch Frau Vogler gerade widerlegt! Sagen Sie doch nicht immer das Gleiche!)

Das heißt – jetzt passen Sie auf! –, dass Leistungen, für die Beiträge entrichtet werden, auch dem Interesse der Versicherten entsprechen müssen. Anderenfalls kommen die Beiträge einer Steuer gleich. Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In einem zweiten Antrag fordern Sie, die private Krankenversicherung ab einem bestimmten Stichtag auf medizinisch nicht notwendige Zusatzversicherungen zu begrenzen. Alle privat Krankenversicherten sollen per Gesetz zu gesetzlich Versicherten werden. Diese faktische Abschaffung der PKV begegnet ebenfalls grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies würde einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Berufsfreiheit der Versicherer darstellen. Warum wollen Sie unser zuverlässiges System gefährden? Das deutsche Gesundheitssystem hat im internationalen Vergleich eine hohe Versorgungsdichte und ermöglicht allen Patientinnen und Patienten einen einfachen Zugang zu medizinischen Leistungen. Bei Einführung einer Bürgerversicherung sehe ich, sehen wir als Union eher eine Verschlechterung der Situation. Wir befürchten, dass ohne die Dualität der Systeme die Gefahr besteht, dass der Leistungskatalog nicht mehr dem medizinischen Fortschritt angepasst und mittelfristig auf eine minimale Grundversorgung reduziert wird. Meine Damen und Herren, nicht mit uns!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, auch die Zahlen sprechen für sich. Laut einer Studie des Wissenschaftlichen Instituts der Privaten Krankenversicherung stehen durch die PKV 12,89 Milliarden Euro mehr für das deutsche Gesundheitswesen zur Verfügung.

Die Zusammenlegung der zwei Versicherungssysteme zu einer Einheitsversicherung bedeutet auch nicht, dass eine Zweiklassenmedizin abgeschafft wird bzw. nicht entstehen kann; vielmehr fördert sie soziale Ungerechtigkeit. Es wird zu einem Anstieg der privaten Zusatzleistungen kommen. Das kann und will sich nicht jeder leisten. Meine Damen und Herren von den Linken – ich schaue auch in die Reihen der SPD und der Grünen –, dann hätten wir gerade die Zweiklassenmedizin, die Sie nicht wollen.

Kommen wir zu einem weiteren Antrag: „Lebenslangen Bindungszwang an private Krankenversicherungen abschaffen“. Hier ignorieren Sie schlicht den Artikel 14 des Grundgesetzes in seinem komplexen Regelungsrahmen. Auch haben wir schon im Jahr 2009 im GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz die Umsetzung des Transfers für die jeweiligen Altersrückstellungen in der PKV im Umfang des Basistarifs ermöglicht.

Meine Damen und Herren, wir stehen für ein freiheitliches Versicherungssystem. Wir wollen Vielfalt und Wahlmöglichkeiten im Sinne der Versicherten sicherstellen. Grundsätzlich profitieren die gesetzlichen und die privaten Krankenkassen – es ist wiederholt angesprochen worden – im Wettbewerb voneinander.

In der ambulanten Versorgung gilt der Erlaubnisvorbehalt für die GKV. Das bedeutet, dass neue, innovative Leistungen vom Gemeinsamen Bundesausschuss erst ausdrücklich zugelassen werden müssen, ehe sie in die Regelversorgung gelangen. Dass diese Prozesse manchmal Jahre dauern, habe ich beispielsweise für Medizinprodukte an dieser Stelle immer wieder kritisch angemerkt. In der PKV gilt der Erlaubnisvorbehalt nicht. Die gesetzlichen Krankenkassen sind dadurch gezwungen, sich ebenfalls mit innovativen Behandlungsmethoden auseinanderzusetzen und diese gegebenenfalls schneller in ihren Leistungskatalog aufzunehmen. Diese Innovationsmotorik, die durch den Wettbewerb der beiden Krankenkassensysteme hervorgerufen wird, gerade auch bei Sprunginnovationen, käme zum Erliegen. Diesen Wettbewerb in unserem System wollen wir deshalb genau so erhalten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Meine Damen und Herren, auch das vorgeschobene Argument, dass GKV-Versicherte erschwert Arzttermine bekommen, ist durch die Regelung im TSVG vom Tisch.

(Dr. Achim Kessler [DIE LINKE]: Was?)

Das duale Versicherungssystem hat sich in seiner Form bewährt. Von daher lehnen wir Ihre Anträge unisono ab.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat der Abgeordnete Dirk Heidenblut für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)

Personen

Dokumente

Automatisch erkannte Entitäten beta

Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7481446
Wahlperiode 19
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Kranken- und Pflegeversicherung
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta