Mathias MiddelbergCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Islamistischen Terror in Europa bekämpfen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden: Der islamistische Terror und die islamistische Gefahr, die wir eine Zeit lang nicht immer so präsent im Auge hatten, sind nach wie vor hoch – in ganz Europa.
Ich will bewusst noch einmal Zahlen nennen: Unsere Sicherheitsbehörden zählen hier in Deutschland gegenwärtig 28 000 Islamisten. Davon stufen sie 615 als Gefährder ein. Gestern im Ausschuss hat uns der Präsident des Bundeskriminalamtes noch mal vor Augen geführt, dass die Gefahr dadurch verschärft und vergrößert wird, dass wir jetzt zunehmend mit mehr IS-Rückkehrern aus Syrien und Irak rechnen müssen. Der Extremismus insgesamt nimmt allerdings zu, nicht nur der islamistische, sondern auch der von links und auch der von rechts. Rechts zählen wir 32 000 Extremisten und 72 Gefährder, und links zählen wir 33 000 Extremisten und 5 Gefährder, etliche Tausend in allen Bereichen, denen unsere Sicherheitsbehörden Gewaltorientierung bescheinigen.
Also, die Gefahren nehmen zu. Minister Seehofer hat völlig zu Recht gesagt: Zunächst gilt es, den Blick auf den Rechtsterrorismus und den Rechtsextremismus zu richten – von ihm geht gegenwärtig die größte Gefahr aus –, aber wir müssen genauso auf den Linksextremismus schauen, und wir müssen genauso auf den Islamismus blicken, dessen Gefahr uns gerade in den letzten Wochen noch mal ganz besonders vor Augen geführt wurde.
Das Thema müssen wir grundlegend angehen. Hierzu ist schon viel Richtiges gesagt worden – gerade auch zum Thema Integration –, an welchen Punkten der Blick zu schärfen ist. Ich schließe mich hier ausdrücklich den Ausführungen des Kollegen Thomae von der FDP zum Thema Religionsfreiheit, aber auch zur Meinungsfreiheit und zum Verhältnis dieser beiden Freiheiten an. Ich fand das, was Sie gesagt haben, sehr zutreffend und richtig. Ich teile diese Einschätzung ausdrücklich.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich sage das auch, weil in meinem Wahlkreis an der Universität Osnabrück gerade ein Modellprojekt Imamausbildung läuft. Dort werden schon Religionslehrer, also Lehrer für islamische Theologie, ausgebildet. Jetzt probiert man es mit der Imamausbildung. Ich halte dieses Projekt, das ich exemplarisch herausgegriffen habe, wirklich für ein ganz wichtiges Projekt. Wir sollten es konsequent fortführen und dann auch ins Werk setzen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir Glaubenslehrer in diesem Land haben – und zwar völlig unabhängig davon, für welche Religion sie Glaubenslehrer sind –, die die Sprache dieses Landes sprechen, die dieses Land möglichst kennen und die die Werte dieses Landes teilen, die demokratisch orientiert sind, die rechtsstaatlich orientiert sind und freiheitlich denken.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Lars Castellucci [SPD])
Der dritte Aspekt, den ich ansprechen möchte, betrifft die Situation – ich sag das mal so –, in der das Kind schon in den Brunnen gefallen ist; die Fälle haben wir ja leider auch. Man kann auch versuchen, in der Haft mit Deradikalisierung vorzugehen; was Sie gesagt haben, Herr Maier, ist richtig. Aber wir werden nicht alle diese Fälle erfassen können. Wir werden nicht alle gewissermaßen umerziehen können. Wir werden nicht alle mit gutmeinenden, wohlmeinenden Programmen erreichen können. Deswegen brauchen wir starke Sicherheitsbehörden.
Ich habe Ihnen, Herr von Notz, eben sehr genau zugehört. Sie haben gesagt: Wir brauchen starke Sicherheitsbehörden; sie müssen personell und technisch stark aufgestellt sein.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Ich sage: Wir brauchen sie auch stark aufgestellt, was die Kompetenzen angeht. Ich begrüße ausdrücklich, was Herr Maier dazu gesagt hat – das ist richtig –: Wir brauchen jetzt unbedingt so was wie die Quellen-TKÜ.
(Hans-Jürgen Irmer [CDU/CSU]: Sehr richtig!)
Die Quellen-TKÜ ist nichts anderes als Telefone abhören, was wir schon dürfen. Aber die technische Entwicklung ist halt weitergegangen, die Leute telefonieren nicht mehr so viel. Es wäre schön, wenn Sie sich dem Vorhaben anschließen und zustimmen könnten und wir diese Quellen-TKÜ für unseren Verfassungsschutz einrichten könnten. Ich werte das dann als Zustimmung, Herr von Notz. Das begrüßen wir ganz außerordentlich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist technisch etwas komplizierter, als Sie sagen, Herr Kollege! Sonst hätten Sie es ja gemacht!)
Wir wollen gar keine weiter gehenden Kompetenzen für den Verfassungsschutz; wir wollen aber, dass der Verfassungsschutz unter den heutigen technischen Bedingungen das machen kann, was er vor 10 oder vor 20 Jahren auch machen konnte. Das wollen wir umsetzen.
Ich sage Ihnen ganz ehrlich – letzte Bemerkung –: Wir werden auch über andere Fragen – Stichwort: Onlinedurchsuchung – in diesem Hause noch mal sprechen müssen. Wir werden auch nicht umhinkommen, in wenigen Einzelfällen – vielleicht sind es 10 oder 20 pro Jahr –, in denen sich die Verdachtsmomente verdichten, mal auf Speichermedien gucken zu müssen. Ich glaube, das sind Themen, über die wir uns ernsthaft unterhalten müssen, wenn wir es mit der Bekämpfung des Extremismus und des Terrorismus wirklich ernst meinen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Ich erteile als Nächstes das Wort dem Kollegen Martin Hess von der AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7481464 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 189 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Islamistischen Terror in Europa bekämpfen |