05.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 189 / Tagesordnungspunkt 13

Sepp MüllerCDU/CSU - Risikoreduzierungsgesetz - Banken -

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestern titelten die „Stuttgarter Nachrichten“, dass der „Bankenrebell aus Gammesfeld“, Fritz Vogt, verstorben ist. Fritz Vogt ist kurz vor seinem 90. Geburtstag verstorben. Warum war er ein Bankenrebell? Weil er Vorstandsvorsitzender der kleinsten Raiffeisenbank hier in unserer Republik war: mit 341 Mitgliedern und 1 000 Kunden.

Wer kann sich nicht noch an den Spruch von Hilmar Kopper erinnern: Das waren ja alles nur Peanuts. – Damit bezeichnete der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank 50 Millionen D-Mark offene Handwerkerrechnungen beim damaligen Finanzierungsskandal in Leipzig. Das ist der deutsche Bankenmarkt: von kleinen Volksbanken vor Ort, Raiffeisenbanken über Sparkassen und kleine Privatbanken vor Ort bis hin zu global agierenden Finanzhäusern wie der Deutschen Bank und der mittlerweile teilverstaatlichten Commerzbank.

In diesem großen Spektrum bewegen wir uns. Deswegen ist es richtig, dass wir uns hier als Große Koalition auch Gedanken machen, wie wir die Risiken in diesen speziellen Bereichen reduzieren können – immer vor dem Hintergrund, dass wir ein Auge auf die kleinen und mittleren Banken haben, die vor Ort nicht nur Arbeitsplätze erhalten, sondern die sich vor Ort engagieren, die dem Sportverein den Trikotsatz sponsern und die gleichzeitig auch in der Covid-19-Krise die Türen offen gehalten haben, ohne dass jemand Angst haben musste, dass er kein Bargeld bekommt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Lieber Herr Präsident, meine Uhr läuft nicht, aber ich gehe fest davon aus, dass ich so lange reden darf, bis die Uhr irgendwann läuft.

(Heiterkeit)

Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich sage dann Bescheid.

(Heiterkeit)

Kein Problem. Sie geben dann sicherlich ein Signal. Ich habe noch ein bisschen was im Koffer. – Jetzt geht sie. Die Minute haben Sie mir geschenkt; das finde ich gut. Danke schön!

Jetzt sagt die Opposition, gerade aus Richtung der Linken und auch von den Grünen, wir müssten mehr Eigenkapital vorhalten, wir müssten eine höhere Leverage Ratio vorhalten.

(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Ich will das gar nicht übersetzen. Aber vielleicht ist es wichtig, zu erwähnen: Was bedeutet denn Eigenkapital? Wie schafft denn heutzutage ein Kreditinstitut überhaupt Eigenkapital? Wenn wir wissen, dass zwei Drittel der Kosten in deutschen Kreditinstituten Personalkosten sind, dann ist der erste Hebel – das haben wir in den letzten Jahren gesehen – ein massiver Stellenabbau. Das muss man jedem Verdi-Mitglied sagen: Wer sein Kreuz bei der Linken macht und bei der Sparkasse arbeitet, ist dafür, dass demnächst sein Arbeitsplatz nicht mehr sicher ist.

Mit mehr Eigenkapital in diesen Bereichen wird die Forcierung vorgenommen, dass deutlich mehr Arbeitsplätze abgebaut werden. Man kann natürlich auch anders Eigenkapital schöpfen, etwa indem man mehr Erträge erzielt. Aber wenn man noch mal Fritz Vogt nimmt, der Geld in der Raiffeisenbank Gammesfeld eingenommen und Kredite herausgegeben hat, dann ist das das Butter-und-Brot-Geschäft – davon leben die Sparkassen und Volksbanken –, dann ist es die Zinsmarge. Und die Zinsmarge – das wissen Sie selber – ist deutlich, deutlich geschrumpft. Deswegen bin ich auch sehr dankbar, liebe Kollegen der Großen Koalition, dass wir sehr konstruktiv waren und mit zehn Änderungsanträgen das gute Gesetz noch viel besser gemacht haben. Wir haben unser Augenmerk auf Proportionalität gelegt. Die Regelungen zur Eigenmittelzielkennziffer werden wir jetzt eins zu eins umsetzen.

Wir haben gleichzeitig die Förderbanken im Blick, die neben Volksbanken, Sparkassen und Raiffeisenbanken sowie Privatbanken ein gesondertes System sind. Warum sind die Förderbanken so wichtig? Gerade in der Covid-19-Krise haben viele Unternehmerinnen und Unternehmer dort ihren Antrag gestellt, unter anderem, um Staatshilfen zu bekommen. Die Förderbanken spielen eine gesonderte Rolle. Deswegen bringen wir als Gesetzgeber – ich muss hier ein bisschen technisch werden – zum Ausdruck, dass sie weiterhin als anderweitig systemrelevante Bank gelten. Uns ist wichtig, dass der Standard BCBS 239 nicht angewendet wird. Förderbanken sind besondere Banken, und darauf wollen wir unser Augenmerk legen.

(Beifall des Abg. Johannes Schraps [SPD])

Strich darunter. Wir als Große Koalition sagen deutlich: kein Steuergeld mehr für Banken. Wir sagen deutlich: Wir haben natürlich das Eigenkapital im Blick, natürlich muss da mehr gemacht werden. Aber wir sagen auch: Es ist ein Unterschied, ob Fritz Vogt mit seiner kleinen Raiffeisenbank in Gammesfeld oder ob Herr Kopper als Vorstandssprecher der Deutschen Bank gemeint ist. Hier machen wir als Große Koalition einen großen Unterschied, lieber Kollege.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7481481
Wahlperiode 19
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Risikoreduzierungsgesetz - Banken -
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