Philipp AmthorCDU/CSU - Grundsätzegesetz Ablösung der Staatsleistungen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren hier häufig über Verfassungsrecht. Aber ich gestehe zu: Es ist in der Tat besonders, dass wir über die Weimarer Reichsverfassung und über einen über 100 Jahre alten Verfassungsauftrag reden, nämlich über den in Artikel 140 Grundgesetz inkorporierten Auftrag zur Regelung der Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen in Deutschland. Ich knüpfe gerne an das an, was der Kollege Hermann Gröhe schon gesagt hat – und das sage ich nicht oft –: Das ist wirklich ein guter und ein vernünftiger Gesetzentwurf, den Sie vorgelegt haben, und sicherlich eine passable Grundlage, über die wir reden können.
(Beifall bei der FDP)
Vor der Ausschussdebatte möchte ich aber doch noch einige Anmerkungen zum Rechtsgrund der Staatsleistungen, zur Rolle des Bundes und zum Inhalt des Ablösungsgebots machen. Wenn wir über diese Staatsleistungen reden, ist es, glaube ich, wichtig, dass in dieser Debatte kein falscher Zungenschlag entsteht: Diese Staatsleistungen sind keine Geschenke und keine herkömmlichen Subventionen, sondern sie sind – das muss man so klar kommunizieren – verfassungsrechtlich geschuldete Entschädigungszahlungen des Staates. Diese Leistungen erhalten die Kirchen aufgrund von Vermögensverlusten, die sie im Zuge der Säkularisierung erfahren haben.
Der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurde heute schon genannt. Schon 1803 hat man sich für einen klugen Grundsatz entschieden, der heute immer noch im Grundgesetz verankert ist, nämlich dass es keine staatlichen Vermögenseingriffe ohne Entschädigungszahlungen gibt. Diesem zentralen Gedanken, dass man für Enteignungen entschädigt, müssen wir auch in der Rechtsnachfolge des Reiches folgen. Das ist unsere klare Überzeugung. Ich glaube, daran darf man auch nicht rütteln, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Frage ist – das führt dann ein Stück weit zu den Unterschieden –: Welche Rolle soll der Bund dabei übernehmen? Es wurde schon verschiedentlich gesagt: Wir reden heute auch über die Rechtsposition Dritter, nämlich über die Rechtsposition der Länder. – Am Ende schulden nicht wir als Bund diese Entschädigungszahlungen, und wir werden sie auch nicht zahlen, sondern das Grundgesetz und die Weimarer Reichsverfassung haben uns die Rolle eines neutralen Mittlers zugewiesen. Das heißt, wir müssen auch bedenken, dass die Länder bisher in keiner Weise ihren klaren Willen artikuliert haben. Erst dann, wenn dieser klare Wille artikuliert worden ist, wäre aus dem Bundesstaatsprinzip heraus eine Verpflichtung aus dem Prinzip der Bundestreue zu sehen, dass wir diese Regelung erlassen. Bis dahin ist es unser freies Ermessen, wann wir diese Regelung treffen und wann nicht.
Wir müssen auch sehen, dass es in der aktuell durch Corona angespannten Haushaltslage auch andere Schwerpunkte in den Ländern gibt, als jetzt zwingend innerhalb der nächsten fünf Jahre diese Staatsleistungen mit einer Höhe von 10 Milliarden Euro zu regeln. Das müssen wir auch berücksichtigen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zum Inhalt des Ablösungsgebots wurde schon einiges gesagt. Ich finde es richtig, dass Sie sich zum Äquivalenzprinzip bekennen. Das ist dem Verfassungsrecht geschuldet, und das erkennen wir an. Aber man muss auch sagen: Es greift vielleicht etwas stark in die Position der Länder ein, wenn Sie den Ablösefaktor so konkret vorgeben wollen. Sie sprechen vom 18,6-Fachen des Jahreswertes und orientieren sich, um auf diese Zahl zu kommen, an dem Bewertungsgesetz. Das kann man tun.
Aber Sie müssen auch bedenken, dass dieses Gesetz aus einer Zeit mit einem Zinsumfeld von 5 Prozent stammt und nicht aus unserer aktuellen Niedrigzinssituation. Deswegen glaube ich, dass der von Ihnen vorgeschlagene Faktor zu gering ist. Gerade als Abgeordneter aus Ostdeutschland sage ich Ihnen auch: Die Bedeutung der Staatsleistung ist in manchen Diözesen, in manchen Landeskirchen in Ostdeutschland durchaus höher. Deswegen müssen wir darauf achten, dass wir hier eine solide Lösung finden.
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, mehr geht immer, auch nach unserem Vorschlag!)
Damit sind Sie am Ende.
Es geht für uns darum, dass wir hier gemeinsam vernünftig diskutieren. Ich kann sagen: Das ist ein solider Antrag, und wir werden schauen, dass wir zu einer vernünftigen Lösung kommen. Ich freue mich auf die Diskussionen im Innenausschuss.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Philipp Amthor. – Einen schönen Nachmittag, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist die zweite Runde für mich, und die dritte kommt bestimmt noch. Um es aber abzukürzen, wird es jetzt strenger mit den Redezeiten.
Der nächste Redner ist Dr. Volker Ullrich von der CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7481495 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 189 |
Tagesordnungspunkt | Grundsätzegesetz Ablösung der Staatsleistungen |