Tobias ZechCDU/CSU - Ermittlung von Regelbedarfen
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was soll man danach jetzt noch sagen?
(Zuruf von der AfD: Nichts!)
Wissen Sie, wir haben eine der größten Wirtschaftskrisen in diesem Land, die größte seit dem Zweiten Weltkrieg.
(Franziska Gminder [AfD]: Selber produziert!)
Was wir heute machen, ist, dass wir über die Regelsätze diskutieren, festlegen, wie sie ermittelt werden, auch alle Regelsätze erhöhen. Das Erste, was mir in den Kopf kommt, auch wenn ich die ganzen außenpolitischen Debatten mitverfolge – keine Ahnung, ob man in Washington schon weiß, wie die Wahl ausgegangen ist –,
(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Kann ich Ihnen sagen!)
in denen über soziale Brennpunkte und Sicherungen diskutiert wird, ist, wie froh ich bin, in einem Land zu leben, in dem es die Regierung in der größten wirtschaftlichen Krise schafft, heute ein Gesetz vorzulegen, durch das alle Regelsätze steigen, das teilweise – in der Regelbedarfsstufe der 14- bis 17-Jährigen – eine Erhöhung der Regelsätze um 14 Prozent vorsieht,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Teilweise auch nur 1 Euro!)
mit dem wir heute über 1,4 Milliarden Euro für das Existenzminimum ausgeben. Darüber können wir alle froh sein – und darauf kann man auch stolz sein –,
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, können wir nicht!)
wie stark unser soziales Netz ist. Und das muss auch verteidigt werden. So ein soziales Netz bedeutet Verantwortung. Und Verantwortung bedeutet, dass das Minimum für jeden gelten muss.
Wir sprechen heute über ein Minimum! Das ist eine schwierige Debatte. Und wir werden uns da auch nie einigen können, weil man sich bei einem Minimum nie einigen kann!
(Zuruf: Schreien Sie nicht so!)
– Entschuldigung!
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Der Redner kommt aus Bayern.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])
Aber es ist richtig. Wo wären wir denn, wenn wir bei einer Debatte über das Existenzminimum nicht streiten würden? Da gibt es natürlich unterschiedliche Auffassungen.
Noch mal: Alle Regelsätze werden steigen. Wir geben heute noch mal 1,4 Milliarden Euro in das System. Und, Herr Minister, bei allen Unterschieden und Details, über die man immer streiten kann, muss man festhalten: Das Gesetz ist nicht handwerklich schlecht. – Herr Kollege von der AfD, ich weiß nicht, bei welcher Anhörung Sie waren. Ich kann sagen: Wir geben heute ein gutes Gesetz hier ins Parlament, und ich kann jetzt schon nur um Zustimmung bitten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ein weiterer Aspekt ist, dass wir hier auch reagieren. Wir haben ja die Diskussion: Was macht denn hier das Parlament in dieser Coronakrise? Meine Damen und Herren, wir verlängern heute das SodEG, ein ganz wichtiges Gesetz. Wir haben eine plurale Landschaft von Sozialdienstleistern, die teilweise ihre Leistungen nicht erbringen können, weil sie sie pandemiebedingt zum Beispiel in Werkstätten für Menschen mit Behinderung – ich sehe hier gerade Uwe Schummer – nicht anbieten können. Um sie vor Insolvenz zu schützen und um die plurale Landschaft zu erhalten, machen wir heute dieses Gesetz und verlängern die Verordnungsermächtigung bis nächstes Jahr im März. Und dann, Herr Minister, dürfen nicht Sie über die nächste Verlängerung entscheiden – auch das haben wir geändert –, dann können wir es wieder verlängern, weil wir das Parlament sind und wir darüber zu bestimmen haben.
Dieses Gesetz ist auch deshalb wichtig, weil wir nicht nur die Dienstleisterlandschaft schützen, sondern weil wir in dem Spannungsfeld von Leistungsträger und Leistungserbringer auch den Leistungsempfänger in den Mittelpunkt nehmen müssen und wir mit dem Gesetz auch dazu motivieren, alternative Formen der Leistungserbringung zum Beispiel bei Sprachkursen anzubieten, um somit auch weiter zum Beispiel die Arbeitsförderung aufrechterhalten zu können.
Dann regeln wir noch ein Drittes: den erleichterten Zugang zum SGB II.
(Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bis März!)
– Auch bis März. Dann geht es wieder hierher, weil wir das hier zu entscheiden haben. – Das ist auch eine wichtige Regelung. Das gibt Sicherheit. Das gibt Sicherheit für die Soloselbstständigen, und das gibt Sicherheit für die Angestellten und Arbeitnehmer, die zum Beispiel pandemiebedingt Aufstockerleistungen beziehen müssen. Um denen zu helfen und Sicherheit zu geben, auch Planungssicherheit, verlängern wir heute die gesetzliche Regelung mit dem erleichterten Zugang zum SGB II.
Meine Damen und Herren, das Wichtigste aber, was uns als Parlament treiben muss, ist, wenn wir über das Minimum sprechen, wenn wir über die Regelsätze sprechen, über das SodEG oder über den erleichterten Zugang zum SGB II: Eines dürfen wir niemals vergessen: Das Hauptziel von uns muss sein, dass wir nicht über Regelsätze und über ein Minimum diskutieren,
(Zuruf von der AfD: Aha!)
sondern darüber, wie wir die Menschen aus der Grundsicherung herausbekommen, wie wir die Menschen wieder zurück in den ersten Arbeitsmarkt bekommen, wie wir diese Krise überwinden.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])
Da muss ich auch wieder sagen: Ich bin froh, in einem so starken Sozialstaat zu leben, in einem solidarischen Sozialstaat. Ich kann nur um Zustimmung bitten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen herzlichen Dank, Tobias Zech. – Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Pascal Kober.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7481693 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 189 |
Tagesordnungspunkt | Ermittlung von Regelbedarfen |