05.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 189 / Tagesordnungspunkt 17

Marc HenrichmannCDU/CSU - Kriminalstatistikgesetz

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wie kämpft man effektiv gegen Kriminalität? Als Erstes, glaube ich: mal ohne Schaum vorm Mund und ohne Ideologie. Insofern erspare ich mir jetzt die Ausführungen zum Antrag von Rechtsaußen und sage nur: Monothematisch wie immer.

Aber was wir brauchen, ist eine gut ausgestattete und vor allem motivierte Polizei. Natürlich brauchen wir auch Statistik. Und es ist gut, dass im Koalitionsvertrag die Überarbeitung des Periodischen Sicherheitsberichts vereinbart worden ist, und – Axel Müller hat es gesagt – er ist ja auf dem Weg.

Der letzte hatte 830 Seiten. Dass er zu knapp gehalten war, kann man ihm nicht vorwerfen. Ich glaube, wir müssen auch bei der Statistik sehen, dass wir noch fokussierter werden. Die Aufblähung der Studienlandschaft, wie wir Sie jetzt auch im Gesetzentwurf der Grünen sehen, wird diesem Ziel einfach nicht gerecht.

Wenn Sie von den Grünen von „vertiefter Berichtslegung über die Kriminalitätslage“ sprechen und man die Meldewege kennt, dass nämlich die einfachen – in Anführungsstrichen – Beamtinnen und Beamten in Amtsstuben melden, was sie im Alltag erleben, dann ist das, was Sie vorschlagen, ein Mehr an Schreibtischarbeit, ein Mehr an Dokumentation und damit auch mehr Bürokratie. In anderen Bereichen wie beispielsweise der Pflege sind wir uns alle einig, dass wir weniger Dokumentation brauchen, um mehr Power an den Menschen zu bringen. Gerade hier wollen wir es andersherum machen; ich halte das für falsch.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir brauchen Beamte auf der Straße.

(Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Denn da sorgen sie für Sicherheit und erzeugen auch das Gefühl von Sicherheit.

Diese Misstrauensdokumentation – anders kann ich persönlich diesen Gesetzentwurf nicht empfinden – ist handwerklich mau und auch in Teilen widersprüchlich; denn Sie fordern die Beteiligung der Wissenschaft – die erfolgt ja auch; wir haben es gehört –, aber auch der Zivilgesellschaft. Was das heißen soll, ist derart unbestimmt, dass es sich mir nicht erschließt. Sollen sich in Zukunft Kriminalbeamte mit Professoren, die das von der Materie her können, mit gewaltaffinen Antifagruppen oder Sozialarbeitern zusammensetzen,

(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, Mann!)

die mit der Materie nicht vertraut sind? Ich weiß nicht, was das bringen soll.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Ahnung!)

Auch über den Datenschutz müssen wir mal reden. Wir haben gehört, dass allein 2017  8 400 Hinweise auf Kinderpornografie durchgesickert sind, weil keine Speicherung von IP-Adressen erfolgt – Stichwort „Onlinedurchsuchung“, Stichwort „Vorratsdatenspeicherung“. Sie bekämpfen und fürchten all das wie der Teufel das Weihwasser. Aber Sie haben hier keine Hemmungen, der Zivilgesellschaft Einblick in strafrechtlich und ermittlungstechnisch sensible Daten zu geben. Auch das halte ich für hoch widersprüchlich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der größte Widerspruch für mich ist aber: Wenn eine Ermittlungsbehörde eine Fahndung ausschreiben und dabei auf Nationalität, Hautfarbe etc. abheben würde, dann wären Sie die Ersten, die hier Zeter und Mordio schreien würden. Sie fordern jetzt aber, dass sich der Sicherheitsbericht Kriminalitätsformen widmen soll, zu denen die PKS keine hinreichenden, spezifischen Merkmale erfasst. Wenn wir einmal an Clankriminalität denken, sehen wir, dass es da gerade auch um die Differenzierung nach Nationalitäten, nach Herkunft geht. Da müssen Sie sich schon die konkrete Frage gefallen lassen: Geht es hier um eine Haltung, oder geht es hier nur um Misstrauen gegenüber unserer Polizei?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich frage abschließend, ob Sie sich im Vorfeld dieses Gesetzentwurfes einmal die Mühe gemacht haben, mit den Basiskämpfern, der Polizei in den Kreispolizeibehörden, zu sprechen. Ich mache das regelmäßig, auch nächste Woche wieder. Die schildern mir immer wieder, dass sie Hunderte Überstunden vor sich herschieben, auch durch Einsätze wie im Hambacher Forst, in Lügde oder in Münster, dass Kriminalbeamte beispielsweise audiovisuelle Vernehmungen durchführen und danach noch selbst das Protokoll tippen. Wie wäre es, die Millionen von Euro, die Sie für Ihren Gesetzentwurf jetzt verplanen, einfach einmal in Entlastung unserer Polizeibeamten zu stecken, wie wäre es, wenn wir das Geld für überbordende Studien einsparen

(Benjamin Strasser [FDP]: Wer stellt denn den Innenminister?)

und in bessere Arbeitsbedingungen und weitreichendere Befugnisse unserer Sicherheitsbehörden investieren?

Zu den Bevölkerungsbefragungen, die Sie ja auch in Ihrem Gesetzentwurf erwähnen,

(Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

sage ich Ihnen ganz eindeutig: Auch die brauchen wir eigentlich nicht. Wir hatten im Sommer 2020 eine Umfrage von Statista, wie sehr die Bundesbürger der Polizei vertrauen. 84 Prozent haben – vollkommen zu Recht – gesagt, sie haben Vertrauen in unsere Polizei. Insofern braucht es diesen Gesetzentwurf in dieser Form jedenfalls nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Michael Kuffer.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7481874
Wahlperiode 19
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Kriminalstatistikgesetz
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