Karsten MöringCDU/CSU - Soziale Lage von Studierenden
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Gehring, ich habe manchmal den Eindruck, dass Sie nur dann zufrieden sind, wenn wir regelmäßig eine Quote von, sagen wir mal, 50 Prozent BAföG-Empfängern haben.
(Nicole Gohlke [DIE LINKE]: Wie wäre es mal mit denen, die es brauchen? Das wäre ein Anfang!)
Sie ignorieren dabei, warum diese Quote sinkt. Sie sinkt, weil die Eltern im Laufe der Jahre immer höhere Einkünfte haben und leistungsfähiger sind.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das ist der eigentliche Grund, und es ist ein guter Grund dafür, dass die Quote sinkt.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wissen Sie, wie die Mieten in Hochschulstädten gestiegen sind?)
Herr Dr. Brandenburg, ich bin Ihnen außerordentlich dankbar, dass Sie am Ende Ihrer Rede tatsächlich noch zwei Sätze auf den Antrag der FDP verwendet haben. Ich hatte nämlich schon befürchtet, dass ich bei diesem Tagesordnungspunkt als Vertreter des Ausschusses für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen fehl am Platz bin. Aber immerhin haben Sie mich noch daran erinnert, dass es tatsächlich einen FDP-Antrag gibt. Dabei ist das Thema Wohnen für Studenten in der Tat wichtig und auch nicht unproblematisch. Wir haben schon öfter darüber gesprochen, und wir haben auch über Lösungsansätze gesprochen.
Aber was ist Ihr Lösungsansatz für das Problem, dass es zu wenige Plätze in Wohnheimen für Studierende gibt? Sie möchten die Azubis auch noch da reinbringen. Das hat mich jetzt wirklich überrascht. Und überrascht hat mich dann auch die Begründung, dass Sie in der Etagenküche die Theorie und die Praxis, die Wissenschaft und die Praxis, zusammenbringen und einen Austausch ermöglichen wollen. Abgesehen davon, dass ich nicht weiß, ob die sich dann wirklich immer in der Etagenküche unterhalten würden – vielleicht doch eher abends beim Bier, wenn überhaupt –,
(Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP]: Das ist ja auch gut!)
bleibt das Problem, dass Sie auf diese Weise die eine Not nicht mit einer anderen vertreiben können.
Im Übrigen – auch das ist richtig – ist die Situation nicht überall so.
(Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP]: Aktuell gibt es an vielen Orten Leerstände!)
Ich las vor zwei, drei Tagen in der Zeitung, dass das Studierendenwerk Mainz beklagte, dass es mehrere Hundert Wohnheimplätze nicht vermieten kann – warum, weiß ich nicht. Offensichtlich muss es neben den Heimen eine Wohnraumversorgung geben, die funktioniert.
Azubis und Studierende gemeinsam unterzubringen, ist vielleicht nicht die ideale Lösung. Vor allen Dingen – Sie sind ja sonst eigentlich immer sehr marktorientiert – ist es heutzutage ein Problem, Azubis zu bekommen. Warum?
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Zu viele Studenten!)
Unter anderem, weil man tatsächlich mit der Unterbringung Probleme hat. Aber deswegen gibt es bei den Krankenhäusern schon seit Dutzenden von Jahren Schwesternwohnheime, und darum haben großen Firmen Wohnheime für ihre Auszubildenden. Und wenn Sie mal auf die Seite der IHK Köln gehen und gucken, was es dort für Angebote gibt, dann werden sie da Jugendwohnheime für Auszubildende von verschiedenen Trägern und einiges mehr finden. Das ist nicht nur in Köln so; das gibt es auch in anderen Städten
(Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP]: Viel zu selten!)
in größerem Umfang. Es gibt diese Angebotssituation, weil die Firmen Auszubildende haben wollen – und möglichst anschließend auch Fachkräfte.
Was bieten Sie angesichts Ihrer Problembeschreibung für ein Instrumentarium an? Die Öffnung von Wohnheimen für Auszubildende habe ich schon genannt. Da sollen dann zwei Gruppen miteinander konkurrieren. Und dann kommen Sie auf die geniale Idee, Belegungsrechte anzukaufen. Ich wusste gar nicht, dass Sie für die Bewirtschaftung von Wohnraum sind. Die Belegungsrechte, die wir haben, sind jene, die die Kommunen kaufen, damit sie Personen unterbringen können, die sie unterbringen müssen. Dazu gehören bisher sozial Schwache, aber nicht unbedingt Studenten und Auszubildende. Wen wollen Sie denn auf diese Weise noch begünstigen?
Es geht noch weiter. Dann haben Sie die tolle Idee, die Mittel für den sozialen Wohnungsbau langfristig abzuschmelzen. Das sind Mittel der Länder, mit denen man auch Wohnheime bauen kann. Sie wollen diese Mittel abschmelzen, sagen aber gleichzeitig: Ja, aber bis das passiert, sollten diese Mittel bitte genommen werden, um mehr Wohnheime zu bauen. – Konsistente Politik stelle ich mir anders vor.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Und dann haben Sie noch Ideen wie diese: Man sollte eine Begünstigung des Wohnheimbaus bei der Grunderwerbsteuer vorsehen. – Abgesehen davon, dass auch dies eine Empfehlung an die Länder ist, bitte ich Sie: Fragen Sie mal Ihren Generalsekretär in Rheinland-Pfalz, was er davon hält, ob er bereit ist, das zu tun, und wie man das abgrenzen könnte. – Lassen wir mal die Details weg.
Dann zum Thema Baukostensenkung. Soll man denn für Studentenwohnheime oder Auszubildendenwohnheime weniger Dämmung vorsehen,
(Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP]: Weniger Parkplätze!)
keinen Fahrstuhl im Hochbau, oder was soll man da eigentlich weglassen, um die Baukosten zu senken?
(Otto Fricke [FDP]: Den Keller!)
– Ich glaube, Studenten brauchen auch Keller. Wenn sie ein kleines Zimmer haben, brauchen sie Platz zum Beispiel für ihre Koffer.
Jetzt zu den Stellplätzen. Nordrhein-Westfalen hat die Stellplatzregelungen den Kommunen überlassen. In Münster gibt es pro fünf Wohneinheiten einen Stellplatz, Köln hat pro vier Einheiten einen. Das ist woanders Luxus.
Alles, was Sie sonst zur Digitalisierung und Ähnlichem sagen, ist wunderbar und richtig, hat aber nichts mit dem Thema zu tun. Das Ganze gipfelt dann in der Forderung nach einem elternunabhängigen Baukasten-BAföG. Baukasten-BAföG! Da habe ich gedacht: Ein solcher Baukastenantrag, wie Sie ihn hier gestellt haben, mit einer so schlechten Begründung ist etwas für den Spielplatz, aber nicht fürs Parlament. Das lehnen wir ab.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7481896 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 189 |
Tagesordnungspunkt | Soziale Lage von Studierenden |