05.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 189 / Tagesordnungspunkt 22

Benjamin StrasserFDP - Terrorismusbekämpfung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer am Montag die Anhörung zu diesem Gesetzentwurf verfolgt hat, der reibt sich etwas verwundert die Augen, warum die Große Koalition diesen Tagesordnungspunkt heute nicht abgesetzt oder die Entscheidung zumindest verschoben hat. Herr Grötsch war offensichtlich in einer ganz anderen Anhörung als der Rest dieses Hauses.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])

Bis auf den Vertreter des BKA, der im Übrigen mit einer Befristung sehr gut weiterarbeiten könnte, hat keiner der anderen Sachverständigen ein gutes Haar am Vorhaben der Regierungsfraktionen gelassen. Alle anderen Sachverständigen waren sich in zwei Punkten völlig einig: Warum jetzt entfristen? Warum überhaupt entfristen?

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE] und Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist keinem zu erklären, gerade wenn man weiß, dass das Bundesverfassungsgericht einzelne Maßnahmen, die Sie jetzt entfristen, für verfassungswidrig erklärt hat.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Mann hat recht!)

Diese Koalition erzählt uns in den letzten Monaten der Pandemie immer: Wir fahren auf Sicht. – Ich wäre froh, Sie würden das hier auch beherzigen. Aber mit diesem Gesetzentwurf fahren Sie sehenden Auges voll gegen die Wand. Das ist keine kluge Sicherheitspolitik und schon gar keine Sicherheitspolitik, die auch die Bürgerrechte im Blick hat.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, reflexartig wird die Union jetzt kommen – neuerdings auch die SPD – und sagen, dass all das, was wir entfristen, das ist, was die Behörden wollen, und dass die Maßnahmen nicht übermäßig genutzt wurden. Das habe die Evaluation deutlich gemacht. Wo ist denn die unabhängige Evaluation? Das, was Sie uns vorgelegt haben, war ein Wunschzettel von Nachrichtendiensten, der das Wort „Evaluation“ nicht verdient.

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da hat er recht!)

Solange Sie die Evaluation hier nicht vorlegen, werden wir gar nichts entfristen.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin der Überzeugung, dass die Befristung der Maßnahmen auch dazu beigetragen hat, dass man sie nicht exzessiv nutzt. Gerade diese Sicherheitsbremse lockern Sie jetzt, und das ist unverantwortlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Debatte macht die ganze Misere Ihrer Sicherheitspolitik deutlich: immer neue Maßnahmen und Gesetze obendrauf. Dabei wäre es gerade jetzt an der Zeit, endlich einmal auf das Bundesverfassungsgericht zu hören. Das fordert genauso wie wir Freie Demokraten eine Überwachungsgesamtrechnung. Das heißt, bevor es neue Überwachungsbefugnisse gibt, müssen wir eine Bilanz ziehen: Welche Wirksamkeit haben die bestehenden Überwachungsbefugnisse? Wie wirken sie auf die Bürgerrechte von Menschen in diesem Land?

(Beifall bei der FDP und der LINKEN)

Lassen Sie es sich gesagt sein: Wahre Sicherheit in einer freien Gesellschaft schafft nur, wer auch die Rechte der Bürgerinnen und Bürger sichert.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])

Die nächste Rednerin ist die Kollegin Ulla Jelpke, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7481902
Wahlperiode 19
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Terrorismusbekämpfung
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