Olaf in der BeekFDP - Staateninsolvenzverfahren
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beobachten seit Jahren eine stetige Zunahme der Verschuldung von Entwicklungsländern mit gravierenden Folgen. Bereits Ende 2019, also vor der Coronapandemie, galten laut IWF und Weltbank mehr als die Hälfte der Niedrigeinkommensländer als hoch verschuldet. Es geht hier nicht nur um Zahlen, sondern, lieber Herr Frohnmaier, um Lebensbedingungen von Menschen. Zahlungsausfälle aufgrund von Überschuldung ziehen gravierende wirtschaftliche und soziale Folgen nach sich. Die Entwicklungserfolge der vergangenen Jahre sind wirklich bedroht.
Diese Situation hat sich durch Corona nachhaltig verschärft. Durch Lockdowns und Reisebeschränkungen sind globale Liefer- und Wirtschaftsketten zusammengebrochen. Das ist gerade in Entwicklungsländern heftig zu spüren. Die Finanzminister der G-20-Staaten haben sich zu Recht zu einem Schuldenmoratorium für die 77 am höchsten verschuldeten und ärmsten Entwicklungsländer durchgerungen und dies im letzten Monat sogar bis ins nächste Jahr hinein verlängert.
Das ist ein erster wichtiger Schritt, um Entwicklungsländern Liquidität und Handlungsspielraum zu sichern. Gleichzeitig wird dieser Schritt – das wissen wir alle – aber nicht ausreichen. Auch wenn wir die Pandemie überstanden haben, werden unzählige Entwicklungsländer massiv verschuldet, viele sogar überschuldet sein. Wir wissen also schon heute, dass das derzeitige Schuldenmoratorium nicht ausreichen wird.
Gerade die Bedeutung privater Kreditgeber oder scheinprivater Kreditgeber wie chinesische Staatsbanken hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Diese werden jedoch nicht vom Schuldenmoratorium erfasst. Was bringt uns denn ein Schuldenmoratorium der G-20-Staaten, wenn sich beispielsweise China nicht daran hält, weil die meisten chinesischen Kredite über Staatsbanken vergeben werden und diese als private Gläubiger gelten und damit nicht unter das Moratorium fallen? Nichts.
Das ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, unbefriedigend.
(Beifall bei der FDP)
Das wissen wir, und deshalb begrüßen wir die Initiative der Grünen im Grundsatz. Das Thema Staateninsolvenzverfahren muss wieder auf die Tagesordnung der internationalen Gemeinschaft.
(Beifall bei der FDP)
Angesichts der Zunahme privater Kreditgeber aber Schuldenerlasse zu fordern, während die Privaten gar nicht mit am Tisch sitzen, bedeutet faktisch – da hat der Kollege Volkmar Klein recht – Enteignung. Das machen wir nicht mit.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Damit würden wir Entwicklungsländern einen Bärendienst erweisen, weil private Investitionen ausbleiben würden. Ohne diese stehen aber gleichzeitig die Chancen zur Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele ebenfalls bei null.
Wir brauchen ernsthafte internationale Verhandlungen mit allen beteiligten Akteuren. Wir brauchen Entlastung für Entwicklungsländer und gleichzeitig Rechtssicherheit für alle beteiligten Akteure.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Sascha Raabe [SPD])
Jetzt geht die Technik wieder, wunderbar. Deutschland 4.0. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Eva-Maria Schreiber, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7481916 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 189 |
Tagesordnungspunkt | Staateninsolvenzverfahren |