05.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 189 / Tagesordnungspunkt 21

Wolfgang StefingerCDU/CSU - Staateninsolvenzverfahren

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass die Coronapandemie Auswirkungen auf die ganze Welt und natürlich auch auf den globalen Süden hat, ist uns allen bewusst. Zwar sagen uns die Zahlen aktuell, dass insbesondere die afrikanischen Staaten, was die gesundheitlichen Herausforderungen betrifft, relativ gut durch die Krise kommen – sofern die Zahlen stimmen –, aber wirtschaftlich haben diese Länder extreme Schwierigkeiten.

(Dr. Christoph Hoffmann [FDP]: Warum? Wer ist daran schuld?)

Es gibt einen Zusammenbruch bei den Lieferketten, es gibt einen Zusammenbruch des Tourismus – allein 20 Millionen Jobs sind hiervon betroffen –, aber auch durch die strikten Lockdowns in einzelnen Ländern,

(Dr. Christoph Hoffmann [FDP]: Welche Länder?)

die mit Militär durchgesetzt wurden, konnten Bauern ihre Felder nicht bestellen, was wiederum Hungersnöte auslöst. Um diese Probleme zu lindern, haben wir, hat diese Große Koalition, ein Corona-Sofortprogramm auf den Weg gebracht. Mein herzliches Dankeschön an das Entwicklungsministerium für die schnelle Umsetzung!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Sascha Raabe [SPD])

Die wirtschaftlichen Probleme führen auch zu finanziellen Problemen. Deshalb müssen wir weiterdenken: Was ist nach Corona? Deswegen greift der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ein wichtiges Anliegen auf. Allerdings ist die Forderung nach einem Staateninsolvenzverfahren nicht ganz unproblematisch. Es ist schon angesprochen worden: Dieses Verfahren gibt es international noch nicht – es wäre ein völlig neues Konstrukt –, und es ist auch nicht so einfach umsetzbar, wie auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages ausgearbeitet hat.

Warum? So ein Insolvenzverfahren hat grundsätzlich – wenn wir es mal rein wirtschaftlich betrachten – das Ziel, noch Geld für die Gläubiger zu beschaffen. In der Wirtschaft wird häufig ein Insolvenzverwalter dafür eingesetzt. Wir müssen uns auch mit der Souveränität der Staaten beschäftigen. Die Staaten müssen zustimmen. Viele Staaten sehen aber ein solches Verfahren kritisch. Warum? Es ist schon angesprochen worden: weil es Auswirkungen auf die Bonität hat und ein schlechtes Rating nach sich zieht.

(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das habe ich doch versucht zu erklären!)

Das ist so. Deshalb sehen viele Staatschefs ein Staateninsolvenzverfahren kritisch.

Die Schuldenerlasse in der Vergangenheit – das gehört zur Wahrheit dazu – hatten einen Jo-Jo-Effekt. Deshalb müssen wir an der Ursachenbekämpfung arbeiten. Dazu möchte ich sagen: Das Wichtigste für die afrikanischen Staaten ist Wirtschaftswachstum. Hier setzt unser Marshallplan mit Afrika an. Hier setzten auch unsere Initiativen der Wirtschaftsförderung an, damit wir diese Staaten wirtschaftlich entsprechend unterstützen. Es gehören natürlich aber auch Good Governance, Korruptionsbekämpfung und strukturelle Reformen dazu.

(Dr. Christoph Hoffmann [FDP]: Einfach mal machen!)

Das alles sind Themen, die hier mit diskutiert werden müssen.

Insgesamt bleibt festzuhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Ihr Antrag einige gute Ansätze enthält. Wir müssen die Verschuldung aber ganzheitlich anpacken. Wir müssen sie nachhaltig anpacken und bekämpfen. Ein Zeitfenster bis Januar vorzugeben, ist dann doch etwas knapp.

Ihr Antrag springt meines Erachtens insgesamt zu kurz, und deshalb lehnen wir ihn ab.

(Beifall bei der CDU/CSU – Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber schweren Herzens!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7481919
Wahlperiode 19
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Staateninsolvenzverfahren
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