05.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 189 / Tagesordnungspunkt 23

Stephan ThomaeFDP - Verschiebung des Zensus in das Jahr 2022

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Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen! Verehrte Kollegen! Wir haben ja schon ein etwas eigentümliches Gebinde heute Abend hier zu bewältigen: einmal die Zensusverschiebung und dann die Änderung des Aufenthaltsgesetzes. Ich habe nicht ganz verstanden, wie das zusammengehört. Sie haben versucht, es zu erklären, Herr Kollege Lindh. Aber so ganz passt es für mich immer noch nicht zusammen.

Vielleicht erst mal zum ersten Punkt, der Zensusverschiebung. Ich habe das schon verstanden, Herr Lindh, dass Sie sagen: Na ja, man kann jetzt unter diesen Umständen nicht von Haustür zu Haustür wandern und die Daten erheben. – Was ich nicht verstanden habe, ist, warum man wieder alles auf den Verordnungsweg schiebt. Ich habe heute früh gegen zehn Uhr Frühschicht gehabt – ich war einer der ersten Redner heute Vormittag – und habe da schon bemängelt, dass das Parlament alles auf den Verordnungsweg schiebt. Wir sollten die Dinge wieder im Parlament behandeln,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

und jetzt schieben wir der Regierung unnötigerweise wieder etwas zu, was sie im Verordnungswege regeln soll, obwohl das eigentlich nicht notwendig ist. Zwölf Stunden später muss ich genau das Gleiche in der Spätschicht bemängeln. Das ist im Laufe des heutigen Tages eigentlich kein Fortschritt gewesen, wie ich finde.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP sowie der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deswegen würden wir im Grunde ganz gerne ablehnen, was Sie uns heute hier vorlegen.

Wenn wir gleichwohl diesem merkwürdigen Gesetzesgebinde zustimmen werden, dann wegen des zweiten Teils, weil auch wir der Auffassung sind: Das ist nun wirklich eine sinnvolle Geschichte, was Sie hier an echter Regelungslücke schließen. Deswegen stimmen wir heute Abend diesem Gesetz auch zu. Denn normalerweise ist es ja so – Sie haben es auch schon ein bisschen erklärt –, dass während eines noch laufenden Asylverfahrens keine Abschiebehaft verhängt werden kann.

Jetzt haben wir ebendiesen besonderen Fall, den Sie auch schon dargestellt haben – eine Art schwerer Fall –: Es besteht ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot. Es gibt eine erhebliche Gefahr für Rechtsgüter Dritter, für Leib und Leben oder eine Gefahr für die innere Sicherheit des Landes, und es gibt ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse und dazu noch den Richtervorbehalt. In Anbetracht dessen, was wir vor ziemlich genau einem Jahr beim Fall Ibrahim Miri erlebt haben, halten wir es wirklich für eine Notwendigkeit, diese Lücke zu schließen

(Beifall bei der FDP)

und hier zu sagen: In einem solchen Fall soll es wirklich eine vorbereitende Abschiebeanordnung geben können. Deswegen werden wir heute Abend zustimmen.

Aber der Fall Miri zeigt auch noch etwas anderes: Wenn ein bekannter Schwerkrimineller, der in den Libanon abgeschoben worden ist und eine siebenjährige Einreisesperre hatte, schon nach vier Monaten wieder fröhlich in das BAMF in Bremen spaziert und einen neuen Asylantrag stellt, dann funktioniert unser Kontrollsystem an den Außengrenzen nicht. Da müssen wir ran.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Da würde ich wirklich empfehlen, dass Sie jetzt die Zeit nutzen, die Sie haben; ich habe extra die Maske mit der Aufschrift „parleu2020.de“ mitgenommen. Wir haben zurzeit die Ratspräsidentschaft, und da sollte man wirklich die Gelegenheit nutzen, europäisch zu regeln, wie wir die Außengrenzen Europas besser schützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7481926
Wahlperiode 19
Sitzung 189
Tagesordnungspunkt Verschiebung des Zensus in das Jahr 2022
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