Matthias HeiderCDU/CSU - Automobilindustrie
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In der Tat: Der FDP-Antrag trifft einen richtigen Punkt.
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Nein!)
Aber, lieber Kollege Theurer, so ist das immer: Wenn man versucht, den Nagel auf den Kopf zu treffen, dann gehen halt immer ein paar Schläge daneben. Und darüber müssen wir uns jetzt einfach mal unterhalten, sonst kommen wir nicht zum Ziel.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: So ist das!)
In der Tat, die Zahl der Kurzarbeiter in der Automobilbranche und auch in der Zulieferbranche in Deutschland ist erheblich; diese Branchen sind besonders betroffen. Sie führen in Ihrem Antrag das Beispiel Süddeutschland an. Ich will mal mit meiner Heimat Südwestfalen weiterhelfen: Sie ist ein Indikator für die Entwicklung der Zulieferindustrie. Im März dieses Jahres waren 50 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Branche in Kurzarbeit; das ist ungefähr der gleiche Stand gewesen, den wir zur Finanzkrise 2009 hatten. Wir sind damals schon trauriger westdeutscher Meister in Sachen Kurzarbeit gewesen, und in diesem Jahr, meine Damen und Herren, sieht es nicht viel besser aus.
Eine Entspannung in dem Gewerbe wird sich auch in kurzer Zeit nicht einstellen können. Es ist nicht so wie im Dienstleistungssektor, der noch gewisse Vorteile in dieser Krise hat. Es bleibt dabei, dass Lieferketten immer noch zum Teil unterbrochen sind. Die Nachfrage nach den Produkten der Automobilindustrie ist noch nicht so gewachsen, dass man von einer Entspannung sprechen könnte, auch wenn die Zulassungszahlen nach dem September langsam wieder anziehen. Das zeigt: Wir müssen der Branche eine besondere Aufmerksamkeit widmen, und damit geht Ihr Antrag sicherlich in die richtige Richtung.
Aber lassen Sie uns auf den einen oder anderen Aspekt etwas genauer schauen! Sie haben den Transformationsprozess angesprochen. Die Branche leidet nicht nur unter der Coronakrise, sie leidet natürlich auch darunter, dass in den letzten zehn Jahren gewisse Versäumnisse eingetreten sind, dass es einen Dieselskandal gegeben hat, der die Branche tief in Mitleidenschaft gezogen hat.
Wir haben das im Ausschuss ja in dieser Woche mit der Präsidentin des VDA, mit Hildegard Müller, sehr intensiv besprechen können. Es gibt viele technologische Neuerungen, die auf den Weg in die Produktion gebracht worden sind; aber sie erreichen die Märkte noch nicht in dem Umfang, wie wir uns das wünschen. Das gilt etwa für das Thema Hybrid; das hat sie ja eindrucksvoll dargelegt.
Ich möchte auch nicht die Behauptung gelten lassen, dass die Bundesregierung und der Wirtschaftsminister – ich zitiere – unfähig wären, die Bedeutung und die Chancen individueller Mobilität zu erkennen. – Ich will mal ein Beispiel geben, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP: Werfen Sie mal einen Blick auf das „Aufbruchspaket“ der Koalition! Sehen Sie sich die Ergebnisse des Transformationsdialogs Automobilindustrie an, den die Bundesregierung initiiert hat! Sehen Sie sich die Analysen der Nationalen Plattformen für die Zukunft der Mobilität an! Das Konjunkturpaket sorgt bereits dafür, dass Milliarden Euro an Fördergeldern in die Erforschung und Erprobung zentraler Zukunftstechnologien wie KI, Quantentechnologie und – ganz wichtig – Wasserstoff fließen.
(Lachen des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])
Durch die steuerliche Forschungsförderung, befristet bis Ende 2025 zurzeit, wird Forschung weiter ausgebaut. Die Kfz-Steuer wird stärker am CO
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und last, but not least: Dass bis 2024 jetzt noch einmal 2 Milliarden Euro in ein umfassendes Programm zur Förderung von Zukunftsinvestitionen in die Zulieferindustrie fließen, meine Damen und Herren, ist ein Erfolg des Transformationsdialogs Automobilindustrie,
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Subventionen sind doch kein Erfolg!)
der nicht von heute auf morgen gestaltet werden kann, sondern den wir über einen längeren Zeitraum führen müssen – auch wenn Ihnen das gar nicht gefällt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Weil es Unsinn ist!)
Meine Damen und Herren, das Förderprogramm, das dort ausgelobt wird, trifft den Nagel auf den Kopf. Es geht darum, die Produktion mit modernen Anlagen und modernen Prozessen zu modernisieren und neue Produkte zu entwickeln, auch mit experimenteller Entwicklung, beispielsweise mit der Verknüpfung und Nutzung der Gaia-X-Daten oder mit den Daten des Ökosystems. Außerdem gilt es, beispielsweise regional übergreifende Innovationscluster zu verbessern oder neu aufzustellen, damit die Synergieeffekte, die wir im Verkehrssektor brauchen, auch gehoben werden können. Das ist entscheidend.
Lassen Sie mich das zum Schluss noch mal sagen:
(Zuruf von der AfD: Er kommt das zweite Mal zum Schluss!)
Ich bin zuversichtlich, dass wir die Zulieferindustrie wieder auf Kurs bekommen, dass wir es mit den Maßnahmen schaffen, die Zulieferindustrie wieder in ein besseres Fahrwasser zu bringen, und dass wir es schaffen, die Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Meine Damen und Herren, das kann eine Regierung tun: Sie kann Hindernisse beseitigen, sie kann Leuchttürme aufstellen. Aber sie kann eines nicht tun, nämlich die Segel setzen – das müssen die Unternehmen der Branche selber tun.
(Oliver Luksic [FDP]: Bei Gegenwind ist das schwierig!)
Und da zähle ich darauf, dass die Automobilhersteller in Deutschland sich den Automobilzulieferern nicht nur in der Entwicklung zuwenden, sondern dass sie ihnen auch die Margen lassen, um die entsprechenden Entwicklungen zu tätigen. Das ist entscheidend.
(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Sind das Sozialunternehmen, oder was?)
Dabei geht es um Arbeitsplätze, und diese Arbeitsplätze wollen wir nicht nur in der Entwicklung in Deutschland schützen, sondern auch in der Produktion. Deshalb ist jede vernünftige marktwirtschaftliche Unterstützung dafür anzustrengen, dass wir Produktion auch in Deutschland behalten.
Tesla findet offenbar in Deutschland einen interessanten Markt vor und investiert in eine Produktion hier. Das können wir auch. Wir müssen es uns nur trauen, und wir müssen die richtigen, innovationsfördernden Maßnahmen auslegen. Dazu gehört auch, dass wir einmal grundlegend über unser Steuersystem nachdenken; das ist eine andere Debatte, bei der ich gerne noch einmal auf Sie zukomme.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner ist der Kollege Leif-Erik Holm, AfD.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7481981 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 190 |
Tagesordnungspunkt | Automobilindustrie |