Oliver LuksicFDP - Automobilindustrie
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind Weltmeister im Bereich Autobau. Schlüsselindustrie in Deutschland ist der Fahrzeugbau. Da sind wir Weltklasse. Wir stehen aber vor einer dreifachen Herausforderung: Kurzfristig ist das Corona; daneben sind das auch Digitalisierung und Dekarbonisierung. Das Kernproblem ist aber, dass wir ganz planwirtschaftlich auf eine einzige Technologie setzen und damit den sauberen Verbrenner abwickeln. Das sorgt für Kostendruck und auch für Jobkahlschlag.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Problem ist ja nicht der Markt. Sie müssen die Mechanismen verstehen. Die Flottengrenzwerte, die Sie ja noch weiter verschärfen wollen, sorgen dafür, dass Tausende Euro Strafzahlungen für saubere Verbrenner geleistet werden müssen. Gleichzeitig wollen Sie 10 000 Euro und mehr an Subventionen für E-Autos. Mit Marktwirtschaft hat das relativ wenig zu tun.
(Beifall bei der FDP und der AfD)
Das in Kombination mit den neuen Euro-7-Normen, die die Bundesregierung in Brüssel auch noch unterstützt, ergibt faktisch ein Verbot, ein Unmöglichmachen für den Verbrennungsmotor. Das ist es, was wir kritisieren.
(Beifall bei der FDP und der AfD)
Herr Kollege Luksic, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung von Klaus Ernst?
Ja. Bitte schön.
Danke, dass Sie meine Frage zulassen. – Sie plädieren ja, wenn ich Sie richtig verstehe, dafür, das ganze Problem, das wir zurzeit haben, marktwirtschaftlich zu lösen. Haben Sie sich eigentlich einmal Gedanken darüber gemacht, was passieren würde, wenn wir in diesem Bereich nicht fördern würden, wenn wir zum Beispiel nicht massiv in die Batteriefertigung einsteigen würden, was wir momentan machen, wenn wir nicht massiv die Wasserstofftechnologie fördern würden, was die Bundesregierung richtigerweise macht? Dann würden wir gar nichts hinkriegen. Haben Sie sich vor allem einmal Gedanken darüber gemacht, was passieren würde, wenn wir jetzt mit marktwirtschaftlichen Mitteln und nicht mit einer Fülle von Geld versuchen würden, diese Coronakrise in den Griff zu kriegen? Dann gäbe es gar keine marktwirtschaftliche Entwicklung mehr, weil so viele Betriebe pleite wären, dass wir in der Wirtschaft eine Konzentration hätten, die möglicherweise dazu führen würde, dass wir etwas ganz anderes regulieren müssten, nämlich eine Monopolisierung.
Sie glauben, dass wir die Probleme, die wir in diesem Lande haben, nur mit marktwirtschaftlichen Mitteln lösen könnten. Damit sprechen Sie sich aber eigentlich dafür aus, dass wir die Unternehmen pleitegehen lassen, dass wir die Leute nach Hause schicken, statt Kurzarbeit zu ermöglichen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Damit plädieren Sie eigentlich dafür, dass wir dieses Land vollständig ruinieren. Ich habe die FDP immer anders verstanden.
Herr Kollege!
Das, was Sie gegenwärtig machen, ist das Gegenteil von dem, was eine FDP eigentlich machen sollte.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Gut. – Herr Luksic.
Herr Kollege Ernst, Sie haben die FDP offensichtlich falsch verstanden. Wir argumentieren nicht, dass der Staat keine Rolle spielen soll – das soll er zum Beispiel bei der Ladeinfrastruktur –, aber wir kritisieren das Maß an Regulierung, zum Beispiel bei den Flottengrenzwerten. Einerseits gibt es hohe Strafzahlungen und andererseits hohe Subventionen.
Sie müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich aus der Batterieproduktion alle deutschen Hersteller aus Kostengründen verabschiedet haben. Es wird sehr schwierig werden, solche Batterien ohne Subventionen dauerhaft in Deutschland herzustellen. Das ist das gleiche Phänomen, das wir zum Beispiel bei der Photovoltaik hatten.
(Zuruf des Abg. Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Auch da lag es an der Energiepolitik. Bosch und alle anderen haben sich zurückgezogen. Nur aufgrund von Subventionen wird die Produktion nicht dauerhaft hierherkommen. Das ist das Kernproblem. Wir haben eine Verlagerung der Wertschöpfung hin zur Batterie, und das kritisieren wir.
(Beifall bei der FDP und der AfD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist also das Kernproblem, das wir haben. Wenn Sie zum Beispiel mit den Betriebsräten diskutieren, zum Beispiel bei Ford – die sind in meinem Wahlkreis; Peter Altmaier wird das kennen, ich war kurz nach ihm dort –, dann hören Sie, dass dort großes Unverständnis herrscht. Zum Beispiel im Kompaktsegment wie Ford Focus oder Ford Fiesta verdient Ford nur wenige Hundert Euro pro Fahrzeug. Wenn es elektrifiziert wird und das Fahrzeug dadurch Tausende Euro teurer wird, kann es in Deutschland nicht mehr hergestellt werden.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Deswegen, lieber Kollege Ernst: Reden Sie mal mit den Betriebsräten. Die haben sehr viel Verständnis für unsere Politik, weil die Regulierung einfach falsch ist. Ford-Chef Gunnar Herrmann hat es klar gesagt: Aufgrund der Regulierung werden in Deutschland weniger Fahrzeuge produziert. – Das ist der Kern des Problems. Das müssen wir ändern.
(Beifall bei der FDP)
Das betrifft nicht nur das Auto, das betrifft auch die schweren Nutzfahrzeuge. Da macht die Elektrifizierung noch weniger Sinn. Wir brauchen einen Mix an Technologien, aber Sie setzen einseitig auf eine einzelne Technologie. Je größer das Fahrzeug und je größer die Reichweite ist, desto weniger macht Ihr einseitiger Fokus auf die batteriebetriebene Mobilität Sinn. Lkws, Busse, all das soll elektrifiziert werden, ohne dass Sie erklären, wo die Ladestationen für diese Fahrzeuge sind. Diese gibt es noch gar nicht. Übrigens müssten Sie sich auch um die Verteilernetze kümmern. Dafür müsste man ganz Deutschland umgraben. Das haben Sie einfach nicht auf dem Schirm. Und das ist das Kernproblem.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Wo der Staat dagegen eine Rolle spielen muss, ist, wenn es zum Beispiel um den Rechtsrahmen für das autonome Fahren geht. Da haben wir in der Tat einen Rückstand, der aufgeholt werden muss. Natürlich muss der Staat auch bei der Infrastruktur eine Rolle spielen. Aber was Sie machen, ist, Wunden aufzureißen und dann einzelnen Firmen Subventionen zu geben. Reden Sie einmal mit den vielen kleinen Zulieferern, die Hightechprodukte herstellen, mit der metallverarbeitenden Industrie. Die hängen alle am Verbrenner. Da hilft es relativ wenig, wenn Sie ein kleines Pflaster auf eine große Wunde kleben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ich habe solche Unternehmen besucht, auch im Wahlkreis von Peter Altmaier.
Die Politik von Peter Altmaier und die von Frau von der Leyen in Brüssel schadet massiv der deutschen Automobilindustrie. Wir brauchen eine faire Chance für saubere Verbrenner, sonst werden wir weiter dauerhaft Arbeitsplätze und Wertschöpfung verlieren. Das wollen wir verhindern.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Gabriele Katzmarek [SPD]: Unglaublich!)
Vielen Dank, Oliver Luksic. – Nächster Redner: für Bündnis 90/Die Grünen Cem Özdemir.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7481989 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 190 |
Tagesordnungspunkt | Automobilindustrie |