Carsten MüllerCDU/CSU - Automobilindustrie
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der letzten Rede haben wir vergleichsweise viel Ideologie, viel Lautstärke, leider zu wenig Sachlichkeit gehört. Eines ist, glaube ich, unbestritten: Die Automobilindustrie weltweit und insbesondere auch die deutsche steht vor einem tiefgreifenden Strukturwandel. Mit großer Sicherheit werden die Produkte, wird die gesamte Industrie im Jahr 2030 ein gänzlich anderes Gesicht haben, als sie es heute hat.
Die Herausforderungen der Digitalisierung, das Thema „assistiertes unterstütztes autonomes Fahren“ und auch das Thema Rechtsrahmenschaffung sind zum Teil angesprochen worden. Diese Diskussion hat sich bisher sehr intensiv mit der Frage der Antriebstechnologie beschäftigt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir neben dem Verbrenner eine Vielzahl von alternativen Antrieben sehen werden. Dazu wird batteriegestützte Elektromobilität gehören. Dazu wird Wasserstofftechnik gehören, und zwar sowohl in Verbrennungskolbenmaschinen wie allerdings auch in Anwendung mit Brennstoffzellen.
Ich bin mir sehr sicher, dass insbesondere die Wasserstofftechnologie eine große Rolle spielen wird. Ich will mich mal an meinen Vorredner wenden. Mit dem Ansatz, den Sie hier eben für die Mobilitätsbranche versucht haben zu implementieren, nämlich in der Entwicklungsphase auf Kosten zu achten, wären wir beim großen Projekt der Energiewende kläglich gescheitert. Deswegen sind wir als Union der Auffassung, ideologiefrei an die Dinge heranzugehen. So wie wir es bei der Einleitung der Energiewende gemacht haben, werden wir es eben auch für die künftige Mobilitätswende gangbar machen. Deswegen zählen bei den Technologien, die jetzt am Anfang der Entwicklung stehen, ökonomische Aspekte noch nicht. Wir unterstützen Forschung und fördern diese.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat das EEG gemacht?)
Meine Damen und Herren, was brauchen wir, um Arbeitsplätze in der Automobilbranche zu sichern? Wir brauchen Technologieoffenheit, und wir brauchen eine wahrhafte Betrachtung.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt das denn, Herr Müller? Was wollen Sie uns sagen?)
Diese wahrhafte Betrachtung ist dann eben tatsächlich eine „Cradle to Grave“-Betrachtung.
Wir als Politik müssen diesen Wandel mit klugen, verlässlichen Rahmenbedingungen begleiten. Die Bundesregierung hat hier einige sehr begrüßenswerte Initiativen auf den Weg gebracht, zum Beispiel die „Energiewende im Verkehr“ des BMWi. Die Nationale Wasserstoffstrategie ist angesprochen worden. Ein anderes Beispiel bietet die Forschungsförderung für ein zukunftsfähiges nachhaltiges Mobilitätssystem durch Automatisierung und Vernetzung des BMVI.
Auch 5-G-Forschungscluster, zum Beispiel in meiner Braunschweiger Heimat, spielen dabei eine große Rolle. Hier werden im 5-G-Reallabor, bei dem sich die TU Braunschweig und das Niedersächsische Forschungszentrum Fahrzeugtechnik beteiligen, eben genau solche Dinge entwickelt, die dafür sorgen, dass wir Kommunikationssysteme dazu bringen können, den Verkehr weiterhin nachhaltig zu gestalten.
Zwei wichtige Punkte will ich ansprechen; das ist Ausfluss der von mir und von der Unionsfraktion propagierten Technologieoffenheit.
Wir haben es mit ambitionierten europäischen Klimazielen für das Jahr 2030 zu tun. Wir haben bisher die Erfahrung gemacht, dass gleichsam hohe wie auch tatsächlich erreichbare Ziele dazu führen, dass wir unsere Industrie in Europa und in Deutschland konkurrenzfähig halten. Wir haben eine dramatische Reduktion des CO
Ich glaube, dass wir beim Thema „regenerative Kraftstoffe“ noch deutlich nachlegen können. Die Kraftstoffseite bietet erhebliche Potenziale für eine weitere nachhaltige Ausgestaltung des Verkehrs. Meine Damen und Herren, ich will hier nur die Frage der Beimischungsquote bei den E20-Kraftstoffen ansprechen. Praktisch alle Fahrzeuge des Modelljahres 2015 ff. können heute mit diesen Kraftstoffen betrieben werden. Da können wir noch mehr herstellen.
Wir können auch beim Thema der synthetischen Kraftstoffe wesentlich schneller und besser werden. Ich habe, ehrlich gesagt, die Erwartung, dass das Bundesumweltministerium Kraftstoffe mit synthetischer oder biologischer Herkunft nach DIN EN 15940 in motorischen Anwendungen bei Landfahrzeugen künftig zulässt. Diese synthetischen Kraftstoffe sind den bisher bekannten fossilen Kraftstoffen deutlich überlegen und führen eben aufgrund dieser Überlegenheit zu einer deutlichen Absenkung der Emissionen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Meine Damen und Herren, das Thema „CO
Wir müssen das allerdings auch bei der Regulierung beachten. Es ist nämlich im Moment relativ klar, dass, wenn sich die Überlegungen, die im Moment für die Euro-7-Regulierung und -Emissionsnorm angestellt werden, tatsächlich verfestigen, dies ein ideologisch begründetes Aus für den Verbrennungsmotor bedeutet. Ich hebe dabei nicht nur alleine auf die Emissionen ab, die aus dem Verbrennungsvorgang an sich herrühren, sondern ich will unseren Blick darauf richten, dass in diese Euro-7-Norm künftig auch solche Dinge wie beispielsweise der Reifenabrieb einbezogen werden sollen.
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Ja, aber nur bei Verbrennungsmotoren!)
An sich ist das ein begrüßenswerter Ansatz. Es wird allerdings gänzlich grotesk und ist das Gegenteil von technologieoffen, wenn wir Reifenabrieb und Partikelemissionen nur bei verbrennungsmotorisch angetriebenen Fahrzeugen berücksichtigen wollen,
(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Ja!)
aber bei den Fahrzeugen, die technikbedingt aufgrund eines höheren Gewichtes einen deutlich höheren Reifenabrieb und deswegen deutlich höhere Partikelausstöße haben, nämlich batteriegestützte Elektrofahrzeuge, diese Emissionsart außerhalb jeder Betrachtung bleiben soll. Das ist nicht sachgerecht.
Wir wollen die Umwelt schützen. Wir wollen nachhaltigen Verkehr. Insofern bitte ich die Bundesregierung – die anderen Punkte, die ich angeführt habe, berücksichtigend –, sich dafür kraftvoll in Brüssel einzusetzen. Wir wollen Technologieoffenheit für die Zukunft der Arbeitsplätze in Deutschland.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Frank Sitta [FDP]: Geht doch! – Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Genau! Ich habe auch mal im Lager bei VW gearbeitet! – Gegenruf des Abg. Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Daher kennen wir uns wahrscheinlich!)
Vielen Dank, Carsten Müller. – Der letzte Redner in dieser lebendigen Debatte: für die SPD-Fraktion Falko Mohrs.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7481991 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 190 |
Tagesordnungspunkt | Automobilindustrie |