Falko MohrsSPD - Automobilindustrie
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Deutschland – das hat unseren Wohlstand in all den Jahren ausgemacht – ist Industrieland, ist Automobilindustrieland, und das – das sage ich ganz deutlich an dieser Stelle – wollen und das werden wir bleiben, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD – Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Nicht mit Ihrer Politik!)
Natürlich gehört dazu, dass wir auch anerkennen, dass Industrie sich verändern muss. Die Klimaziele 2030 und 2050 sind angesprochen worden. Aber – das gehört auch zu uns als verantwortungsvolle Politikerinnen und Politiker in diesem Haus – allein die Ziele zu benennen, ist natürlich nicht ausreichend, sondern es geht immer darum, auch einen Plan zu haben, wie wir eigentlich die Menschen, wie wir die Arbeitsplätze, wie wir die Industrie genau auf diesem Weg der notwendigen Transformation mitnehmen, meine Damen und Herren.
Wenn wir auf das Jahr 2030 schauen, dann sehen wir, dass wir die Klimaziele nur dann erreichen, wenn wir – je nachdem, wie die Verschärfung noch ausgeht; ich hoffe, dass wir nicht, wovon manche träumen, auf 60 oder 70 Prozent kommen, ich glaube, 55 Prozent ist schon ambitioniert genug – mehr als die Hälfte der neuen Fahrzeuge mit alternativen Antrieben ausrüsten müssen. Jetzt kann man sagen: Das ignoriere ich alles; jetzt zementiere ich alte Technologien. – Ich glaube, das wird uns einem Plan der Transformation kein bisschen näherbringen, meine Damen und Herren.
(Beifall der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])
Wenn wir Transformation wollen, dann geht das nur mit den Unternehmen, und zwar mit der gesamten Breite, sowohl den OEMs als auch den Zulieferern, und dann geht das nur mit all den Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
(Beifall bei der SPD)
Meine Damen und Herren, Transformation funktioniert nur regional. Wir erleben in der Automobilindustrie, dass wir sehr unterschiedliche Strukturen haben. Wir haben teilweise eine intensive Zuliefererstruktur, wir haben teilweise OEMs. Deswegen hilft es nicht, eine Methode auf alle Bereiche anzuwenden, sondern wir müssen es regional organisieren, regional denken und das dann auch mit regionalen Transformationsfonds begleiten. Wir haben doch aus dem Strukturwandel der Kohleindustrie, wo es übrigens nicht darum ging, etwas zu verändern und fortzusetzen, gelernt, dass der Strukturwandel nur dann funktionieren kann, wenn wir genau diese regionalen Veränderungen mit regionaler Organisation und Geldern begleiten.
Meine Damen und Herren, wenn wir jetzt sehen, dass in Zukunft mehr als ein Drittel der Wertschöpfung beim Automobilbau und in der Mobilität von der Batterie abhängt, dann heißt das ganz klar, dass wir neue Wertschöpfung und Arbeitsplätze nach Deutschland holen müssen. Jetzt wird immer gesagt: Na ja, es baut ja keiner in Deutschland Batteriefabriken auf. – Das ist doch völliger Quatsch. Der chinesische Hersteller CATL baut in Thüringen.
Herr Mohrs, erlauben Sie eine Zwischenbemerkung oder ‑frage von Herrn Dr. Spaniel?
Nein, ehrlicherweise nicht. Ich glaube, der hat vom Automobilbau bisher nur den Bereich der Forschung, und das nur im Anzug, gesehen. Ich habe ein paar Jahre in der Produktion eines Automobilbauers verbracht, Herr Spaniel. Ihre Hinweise brauchen wir an dieser Stelle nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Niema Movassat [DIE LINKE])
Also, Batteriezellen werden in Deutschland gebaut. Wir erleben das mit Herstellern aus dem Ausland. Wir erleben das bei Volkswagen, die in Salzgitter eine Produktion aufbauen. Wir erleben das auch an anderer Stelle. Das ist der richtige Weg, meine Damen und Herren. Dafür brauchen wir natürlich einen aktiven Staat, eine aktive Industriepolitik. Denn allein zu sagen, in der Elektromobilität fallen Arbeitsplätze weg, ohne auch zu sagen, wo neue Arbeitsplätze entstehen, das wäre wirklich sträflich, und das können wir uns im Hinblick auf die Abhängigkeit von asiatischen Herstellern wirklich nicht bieten lassen.
(Beifall bei der SPD)
Wenn wir die Elektromobilität zum Erfolg führen wollen, dann brauchen wir eine flächendeckende Ladeinfrastruktur. Das ist so ein Lowbrainer; das kann man leicht sagen. Dazu gehört aber auch, dass wir beispielsweise beim Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz jetzt nicht plötzlich herausstreichen, dass Leerrohre verlegt werden müssen, lieber Koalitionspartner.
(Beifall bei der SPD)
Es gehört dazu, dass wir sowohl im privaten als auch im halböffentlichen und im öffentlichen Bereich Ladeinfrastruktur fördern, meine Damen und Herren. Denn es kann überhaupt nicht sein, dass, wenn jemand das erste Mal ein Elektroauto kauft, dies vielleicht das letzte Mal gewesen ist, weil er so schlechte Erfahrungen mit der Ladetechnik macht, dass er am Ende sagt: Diesen Weg kann ich nicht mitgehen. – Das wäre tatsächlich sträflich mit Blick auf all die Milliarden, die die deutsche Industrie in die Zukunftstechnologie investiert.
Wir wollen Zukunft gestalten. Wir wollen dabei Arbeitsplätze erhalten. Deswegen brauchen wir zukünftig mehr Wertschöpfung in Deutschland und nicht weniger. Das geht aber nur mit einer verantwortungsvollen Politik, meine Damen und Herren. Wir wollen Automobilindustrieland bleiben, und wir werden es.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Matthias Heider [CDU/CSU])
Vielen Dank, Falko Mohrs. – Damit schließe ich die Aussprache.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7481992 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 190 |
Tagesordnungspunkt | Automobilindustrie |