Bärbel BasSPD - Corona-Maßnahmen (epidemische Lage)
Herr Präsident! Frau Bundeskanzlerin! Meine Damen und Herren! Kommen wir mal zurück zu den Fakten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Gute Idee! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das sind Ihre Fakten, Frau Bas!)
Wir haben in den letzten Tagen alle sehr viele Zuschriften bekommen, und die nehmen wir auch sehr ernst –
(Lachen bei Abgeordneten der AfD)
vielleicht nicht alle, vor allen Dingen nicht die, die dieses Gesetz mit dem Ermächtigungsgesetz von 1933 gleichsetzen, was den Holocaust wirklich verharmlost.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das muss ich an der Stelle noch mal zurückweisen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Befürchtung ist, dass wir mit diesem Entwurf die Ermächtigungen für die Bundesregierung oder für einzelne Minister oder Landesregierungen ausweiten. Genau das Gegenteil ist der Fall. Das muss man an der Stelle noch mal festhalten.
(Beifall bei der SPD)
Ich will noch mal deutlich machen: Wir hatten bisher eine Generalklausel, auf deren Grundlage viele Verordnungen umgesetzt wurden. Diese präzisieren wir jetzt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf. Das ist doch genau der Punkt, nämlich dass wir einschränken, dass wir sagen: Wir befristen die Maßnahmen, wir müssen sie begründen. – Das ist doch der richtige Schritt: dass wir von dieser Generalklausel wegkommen, die Maßnahmen definieren und sagen, wie sie Schritt für Schritt umgesetzt werden dürfen. Das ist ein ganz entscheidender Punkt, den ich noch mal nennen will, weil in vielen Mails, die wir bekommen haben, die Befürchtung geäußert wird, wir würden hier viel zu viel Ermächtigung an die Länder geben. Das ist nicht der Fall.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Frau Kollegin Bas, der Kollege Schinnenburg, FDP, würde gerne eine Zwischenfrage stellen.
Nein, im Moment nicht. Danke.
Ich will noch mal zu den Fakten kommen. Wir müssen im Moment unsere Kontakte reduzieren. Natürlich kann man sich über jede einzelne Maßnahme streiten. Warum dieser Bereich geschlossen wird, ein anderer nicht, warum Schulen aufbleiben, darüber kann man sich trefflich streiten. Aber am Ende bleibt Fakt: Wir müssen insgesamt die Kontakte reduzieren, weil wir sonst die drei Probleme, die wir im Moment haben, nicht lösen können. Darauf hat auch die AfD keine Antwort.
Ein Problem ist: Unsere Labore sind, weil wir sehr viel testen – und das ist gut und richtig –, am Limit. Deswegen haben wir in diesen Gesetzentwurf jetzt die Regelung aufgenommen, dass wir die Testungen auf tiermedizinische und zahnärztliche Labore ausweiten. Das ist genau der Hintergrund. Auch deshalb ist es wichtig, das Gesetz heute zu beschließen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Der zweite Punkt betrifft die Krankenhäuser; das ist auch ein Fakt, den man nicht wegdiskutieren kann. Reden Sie doch mit den Kolleginnen und Kollegen, die in den Krankenhäusern arbeiten, reden Sie mit den Patientinnen und Patienten und den Angehörigen! Corona ist da. Es verursacht schwere Erkrankungen, die sogar zum Tod führen können. Wir müssen die Krankenhäuser jetzt finanziell stützen und vor allen Dingen auch den Gesundheitsschutz berücksichtigen, wenn wir Maßnahmen gegeneinander abwägen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist auch ein Recht, das im Grundgesetz verankert ist. Natürlich muss man das gegenüber anderen Freiheitsrechten abwägen. Das tun wir hier aber auch; deswegen diskutieren wir das hier heute. Es ist aber wichtig, dass dieser Gesetzentwurf eine Stärkung der Krankenhäuser beinhaltet.
Übrigens, wenn viele Coronapatienten auf den Intensivstationen sind und wir andere Operationen deshalb verschieben müssen, ist das auch ein Fakt, den wir betrachten müssen. Denn die Menschen, die auf eine planbare Operation warten, haben es verdient, dass wir die Infektionszahlen insgesamt runterbringen,
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
damit auch sie einen Platz auf einer Intensivstation bekommen, der nach einer Operation vielleicht notwendig ist.
Der dritte Punkt – das ist eine positive Botschaft –: Wir bereiten uns auf die Impfungen vor. Es gibt Impfstoffe, und zwar nicht nur einen, sondern wahrscheinlich sogar mehrere. Ich möchte mal den Aufschrei in der Bevölkerung hören, wenn wir jetzt keine Maßnahmen ergreifen, um uns darauf vorzubereiten, indem wir zum Beispiel Zentren aufbauen, indem wir Impfstoffe einkaufen, indem wir produzieren. Es ist doch wichtig, dass die Menschen, die dies wollen, auch geimpft werden können. Das hat nichts mit einer Impfpflicht zu tun,
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
sondern das ist auch ein Grundrecht. Da muss man doch sagen: Das ist mal positiv; denn wir sorgen dafür, dass es Impfungen gibt.
Übrigens haben wir Fortschritte im Arzneimittelbereich zu verzeichnen. Es werden Arzneimittel auf den Markt kommen, die schwere Verläufe abmildern können. Wir werden bei den Tests besser. Insofern werden wir diese 17 einschränkenden Maßnahmen, die in § 28a Infektionsschutzgesetz aufgelistet sind, am Ende nicht mehr brauchen, wenn wir beim Schnelltesten besser werden, wenn wir Medikamente, Arzneimittel und Impfstoffe haben. Das ist doch die Perspektive, auf die wir jetzt hinarbeiten.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Hermann Gröhe [CDU/CSU])
Es ist deshalb wichtig, die Kontakte jetzt einzuschränken, dass wir durchhalten und die Maßnahmen durchsetzen, um dies zu erreichen. Das ist unser gemeinsames Ziel, und deshalb kann die SPD-Fraktion diesem Gesetz auch guten Gewissens zustimmen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nächster Redner ist der Fraktionsvorsitzende der FDP, Christian Lindner.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7484235 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 191 |
Tagesordnungspunkt | Corona-Maßnahmen (epidemische Lage) |