Karsten HilseAfD - Aktuelle Stunde - Bedrängung von Abgeordneten verurteilen
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist denn heute das Querdenker-T-Shirt?)
Dass Gäste, egal wo sie Gast sind, ihr Gastrecht missbrauchen, verurteile ich auf das Schärfste. Und das muss auch Konsequenzen für diejenigen haben, die diesen Missbrauch begangen haben.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Für die Abgeordneten? Was ist mit den Abgeordneten, die sie reingelassen haben?)
Das ist vollkommen klar.
Dieser Mittwoch war aber nicht wegen der Missachtung des Gastrechts ein geschichtsträchtiger Tag. Wie er einst bewertet wird, hängt unter anderem davon ab, wie die vielen zu erwartenden Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen dieses von einigen auch „Ermächtigungsgesetz“ genannte Gesetz beschieden werden.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Na, da haben wir es doch! – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: So sieht also Ihre Interpretation von Ihrem Handeln aus!)
Ja, das Wort „Ermächtigungsgesetz“ hat eine brisante Konnotation, was allerdings Dr. Matthias Zimmer von der CDU/CSU nicht davon abhielt, am 20. Januar 2012 hier im Bundestag einen SPD-Gesetzentwurf als „mindestlohnpolitisches Ermächtigungsgesetz“ zu bezeichnen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zuruf von der AfD: Hört! Hört!)
Allerdings hat der Begriff „Ermächtigungsgesetz“ seine negative Konnotation auch erst erhalten, als die Parlamentarier des Deutschen Reichstages mit dem von den Nationalsozialisten eingebrachten Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich ein Ermächtigungsgesetz beschlossen, welches die Demokratie aus den Angeln hob und zur schlimmsten Katastrophe des 20. Jahrhunderts führte. Bis zu diesem Zeitpunkt war „Ermächtigungsgesetz“ ein üblicher Begriff, nach dem von 1914 bis 1927 insgesamt elf Ermächtigungsgesetze erlassen wurden.
(Peter Beyer [CDU/CSU]: Ich kotze gleich! – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD], an die AfD gewandt: Herr Baumann, Sie haben nicht mal Ihre Redner im Griff!)
Also bitte ich Sie inständig: Bitte lassen Sie die Kirche im Dorf! Wenn in einem Gesetz mehrmals von „Ermächtigung“ gesprochen wird, dann kann man es mit Fug und Recht ohne diese negative Konnotation so nennen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Mann, Mann, Mann!)
Dieses am Mittwoch mit 413 Stimmen beschlossene Gesetz zieht die größten Grundrechtseinschränkungen seit 1949 nach sich.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Da haben wir es doch! – Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Reden Sie doch mal zu den Vorfällen, die Ihre Abgeordneten herbeigeführt haben!)
Wir als AfD und viele Menschen da draußen werden mit allen rechtsstaatlichen Mitteln versuchen, dieses Gesetz wieder außer Kraft zu setzen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Dieser 18.11.2020 wird aber auch deswegen in die Geschichte eingehen, weil es noch nie in der deutschen Geschichte einen solch breiten Widerstand von Menschen verschiedener politischer Grundüberzeugungen gegen ein Gesetz gab.
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben keine Ahnung!)
Noch nie haben Abgeordnete so viele – Abertausende – Mails, Briefe, Faxe erhalten mit der eindringlichen Bitte, dieses Gesetz abzulehnen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Wir haben die Mails beantwortet und uns klar positioniert: für Freiheit und Demokratie.
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Haben Sie am Mittwoch nicht!)
413 Abgeordnete haben die bundesweiten Demonstrationen, die Bitten, auf ihr Gewissen zu hören, nicht interessiert.
(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Was wissen Sie eigentlich über Gewissen? – Zuruf der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Sie haben im vollen Bewusstsein aus Opportunität oder aus Feigheit für ein Gesetz gestimmt, das die Tür zur Diktatur aufstößt. Schämen Sie sich!
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)
Dazu passt, dass gegen friedliche Demonstranten Wasserwerfer zum Einsatz kamen. Diese wurden seit Jahren in Berlin nicht einmal zu den Gewaltorgien linker Terroristen oder zum Al-Quds-Marsch, wo die Auslöschung Israels gefordert wird, eingesetzt. Wenn aber friedliche Menschen für Frieden, Freiheit und Demokratie auf die Straßen gehen, dann kann es nicht genug Wasser und Tränengas sein.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: So ist es!)
Die Polizeiführung Berlins ist Erfüllungsgehilfe dieser völlig außer Rand und Band geratenen Bundesregierung.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Neben vielen Polizeibeamten, die taten, was sie nicht nur gelernt, sondern als Polizist auch tief in sich tragen – verhältnismäßig zu reagieren –,
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Eine Schande für die Polizei sind Sie! Schämen Sie sich!)
gab es am Mittwoch wieder Polizisten, die sich von der Hetzpropaganda der Regierung und ihrer Medien anstecken ließen und völlig unverhältnismäßig handelten.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Total verstrahlt! Faschistoide Züge sind das hier! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 80 verletzte Polizisten!)
Allen Polizisten, die sich menschlich und vor allem verhältnismäßig verhielten, gilt mein ausdrücklicher Dank.
(Beifall bei der AfD)
Aber ihr solltet auch beachten: Jeder Kollege, der in rabiater und brachialer Weise gegen friedliche Demonstranten vorgeht, um sie einzuschüchtern, zerstört das Bild, das ihr, diejenigen, die verhältnismäßig agieren, zeigt.
(Zuruf der Abg. Susann Rüthrich [SPD])
Auch ich wurde am Mittwoch Opfer von völlig unverhältnismäßigem Handeln.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ja, Opferkult!)
Wegen einer vermeintlichen Ordnungswidrigkeit ging ich mit zwei Beamten in Richtung ihrer Fahrzeuge zur Personalienfeststellung.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Das wird die Staatsanwaltschaft klären!)
Natürlich hatte ich mich von Anfang an als Bundestagsabgeordneter ausgewiesen. Als ich dann den Kollegen offensichtlich nicht schnell genug war, wurde ich erst geschubst, gegen eine Scheibe gedrückt und fand mich plötzlich auf dem Pflaster wieder, mit dem Gesicht im Asphalt, kniende Polizisten auf mir. Mehrmals hatte ich den Beamten zugerufen, dass ich kooperiere, dass ich meine Personalien angebe. Ich habe sogar die ganze Zeit meinen Personalausweis hochgehalten.
(Ulli Nissen [SPD]: Personalausweis!)
Sie hätten ihn einfach nur nehmen müssen. Das interessierte sie nicht mehr.
(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Sie wissen ganz genau, was man machen muss, damit das passieren muss! Sie sind Polizist! Eine Schande für die Polizei! Sie ziehen die Polizisten in den Dreck!)
Ich weiß, dass die meisten von Ihnen das auch nicht interessiert. Anders wäre es, wenn zum Beispiel Herr Bartsch oder Herr Hofreiter betroffen wären oder wenn irgendjemand von Ihnen bei irgendeiner Gelegenheit in dieser Situation gewesen wäre.
(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Das ist unglaublich! Das darf doch wohl nicht wahr sein!)
Dann wäre das Geschrei groß.
Herr Kollege Hilse, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Okay. – Sie hätten dann – –
Bitte verlassen Sie das Pult.
(Bettina Stark-Watzinger [FDP]: Mikro aus! – Weitere Zurufe)
Ich verlasse das Pult. – Und Ihr Geschrei zeigt, dass Sie nur Heuchler sind. Entschuldigung.
(Beifall bei der AfD – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Rechtsextremisten! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ekelhaft! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sieht man doch, was für ein geheucheltes Bedauern das von Ihnen ist!)
Herr Hilse! – Barbara Hendricks, SPD, ist die nächste Rednerin.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7485283 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Bedrängung von Abgeordneten verurteilen |