Barbara HendricksSPD - Aktuelle Stunde - Bedrängung von Abgeordneten verurteilen
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Damen und Herren Abgeordnete auf der rechten Seite dieses Hauses!
(Stefan Keuter [AfD]: Was haben Sie genuschelt? – Gegenruf der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt reicht es aber!)
Ich bin seit mehr als 25 Jahren Mitglied dieses Bundestages, noch in Bonn und von Beginn an hier in Berlin. Wir hatten in all den Jahren ganz unterschiedliche Mehrheiten, immer wieder wechselnde Mehrheiten. Wir hatten eine Fülle von Herausforderungen zu bestehen, die wir nicht immer alle einstimmig vorangebracht haben,
(Stephan Brandner [AfD]: „Nicht immer alle einstimmig“, ja!)
aber doch in einem prinzipiellen Einvernehmen darüber, was der Wert der Demokratie ist und wie man sich in diesem Hause sowohl arbeitsmäßig als auch persönlich verhält.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf von der AfD)
Seit 2017 hat sich nicht nur die Arbeitsweise, sondern auch die Atmosphäre in diesem Haus grundlegend gewandelt, und das liegt daran, dass die AfD als Fraktion Mitglied dieses Parlamentes werden konnte. Wir wissen das, aber wir wollen uns nicht daran gewöhnen. Wir wissen, dass Sie insbesondere Kolleginnen, die in Ihrer Nähe sitzen, beleidigen, so, dass die Kolleginnen das hören, es aber nicht ins Protokoll aufgenommen werden kann.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! – Zurufe von der AfD: Verschwörung! – Verschwörungstheorie!)
Wir wissen, dass Mitglieder der Bundesregierung es im Prinzip fast nicht mehr aushalten können, in Ihrer Nähe zu sitzen, wegen der provokanten Äußerungen, die wiederum aus Ihren Reihen kommen, aber nicht im Protokoll erscheinen, weil sie nicht so laut gerufen werden.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Welche Äußerungen machen Sie denn? Die sind nicht besser! – Weitere Zurufe von der AfD)
Wir wissen dies alles, und wir müssen damit umgehen; das ist leider nicht zu ändern.
Wir wissen, dass in Ihren Reihen Nazis sind,
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Unverschämtheit! Herr Präsident!)
und wir wissen, dass in Ihren Reihen Menschen sind, die so tun, als seien sie Nazis, um der Provokation willen.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Herr Präsident, das geht nicht! Ich lasse mich nicht als Nazi beschimpfen! – Weitere Zurufe von der AfD)
– Ziehen Sie sich den Schuh an oder nicht.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das ist eine Unverschämtheit!)
Herr Kollege Hampel!
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Ich lasse mich hier nicht als Nazi beschimpfen, Herr Präsident! – Gegenruf von der SPD: Sie sind das! – Weitere Zurufe)
Herr Kollege Hampel, ich rufe Sie zur Ordnung.
(Zuruf des Abg. Armin-Paulus Hampel [AfD] – Weitere Zurufe von der AfD)
– Ich rufe Sie erneut zur Ordnung und mache Sie auf die Folgen eines dritten Ordnungsrufs aufmerksam.
(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Mit Verlaub, Herr Präsident! – Petr Bystron [AfD]: Dr. Schäuble, das ist der Tiefpunkt des Parlamentarismus, wenn Sie das zulassen!)
Frau Kollegin Hendricks.
Bis hin zur Körperhaltung von einigen Mitgliedern Ihrer Fraktion wird hier provoziert und gezeigt, dass man dieses Parlament verachtet. Und was Sie nicht selbst erledigen, das lassen Sie durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erledigen, die Sie ganz offenbar unter dem Gesichtspunkt auswählen, wer denn wohl der Skrupelloseste sei.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Kolleginnen aus anderen Fraktionen trauen sich nicht mehr, spätabends auf den Fluren unterwegs zu sein,
(Lachen bei der AfD – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
weil sie von Mitarbeitern Ihrer Fraktion oder von Mitarbeitern von Abgeordneten Ihrer Fraktion bedrängt werden.
(Zuruf von der AfD: Frau Hendricks, was reden Sie da für einen Scheiß?)
Ich nenne ein Zitat aus der Kantine, die im Wesentlichen von den Abgeordnetenmitarbeitern genutzt wird. Ein Mitarbeiter der AfD-Fraktion oder eines AfD-Abgeordneten nimmt wahr, dass ein anderer ein vegetarisches Gericht bestellt, und darauf kommt die Bemerkung: Euch kriegen wir auch noch, ihr Körnerfresser! – Das ist eine Bedrohung im strafrechtlichen Sinne.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sie bezeichnen uns als Nazis, und dann kommen Sie mit so was! Was für eine Heuchelei! Sie haben von Nazis gesprochen!)
Das ist Realität, das ist so geschehen. Das ist zwar nicht schriftlich dokumentiert, aber es ist mir glaubhaft versichert worden, dass es so war.
(Zuruf von der AfD: Märchenstunde!)
Sie machen dies alles, um dieses Parlament verächtlich zu machen. Sie provozieren ganz bewusst.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Im Jahr 1976 hat Ernst-Wolfgang Böckenförde folgenden Satz geprägt:
(Zuruf von der AfD: Barbaras Märchenstunde!)
Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.
(Beatrix von Storch [AfD]: Das sollten Sie sich noch mal ganz genau angucken!)
Ich erlaube mir, dieses berühmte Zitat von Ernst-Wolfgang Böckenförde abzuwandeln: Der freiheitliche, demokratische Rechtsstaat ist gefährdet, wenn eine kleine, aber lautstarke Minderheit
(Beatrix von Storch [AfD]: Sie haben gar nichts verstanden!)
an diesen Voraussetzungen nicht nur nicht mitwirken will, sondern andere daran hindern will, diese Voraussetzungen unserer Demokratie zu stärken.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beatrix von Storch [AfD]: Sie haben nichts verstanden!)
Dies werden die Demokraten in diesem Parlament nicht zulassen, und wir wissen die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes an unserer Seite.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner ist der Kollege Patrick Schnieder, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Cite as | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Electoral Period | 19 |
Session | 193 |
Agenda Item | Aktuelle Stunde - Bedrängung von Abgeordneten verurteilen |