Susann RüthrichSPD - Aktuelle Stunde - Bedrängung von Abgeordneten verurteilen
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf dem Weg in den Bundestag angeschrien zu werden, den Bundestag nur betreten zu können mithilfe der Polizistinnen und Polizisten, die Blockadewillige abhalten, Massenmails und Telefonate in oft wüstem Ton – man muss echt nicht zart besaitet sein, um zu sagen: Stopp, so geht das nicht, Leute!
(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD] – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Das reden Sie seit sieben Jahren, Frau Kollegin, bei jedem Parteitag!)
So gehen demokratische Abläufe kaputt, anstatt von uns gepflegt zu werden.
(Beifall bei der SPD)
Was aber wirklich entlarvend ist, ist die Tatsache, dass auch gewählte Abgeordnete, statt ihren Einfluss zur Mäßigung zu nutzen, an der Sabotage der Parlamente größtes Interesse haben. War das gemeint, als der AfD-Chef nach der Bundestagswahl sagte: „Wir werden sie jagen“? – Ja, damit waren wir alle gemeint: frei gewählte Abgeordnete und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Wir sind ein offenes, ein transparentes, ein demokratisches Haus, wie unsere Gesellschaft auch. Es sind Mitglieder dieses Hauses, Mitarbeitende dieser Abgeordneten, die diese Offenheit sabotieren, und zwar nicht nur am letzten Mittwoch. Kampagnen aus Bundestagsbüros haben wir schon vorher erlebt. Diese Destruktion hat System.
(Beifall bei der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wir hören aus diesen Reihen nicht nur Reden voller Verachtung, sondern sehen auch diese Taten. Wenn Sie, geehrte Bürgerinnen und Bürger, die Demokratie wirklich wahren wollen, dann können Sie diese Destrukteure hier nicht wählen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe demokratische Kolleginnen und Kollegen, wir haben hier die Bundestagspolizei, wir haben eine starke Geschäftsordnung. Wir können uns wehren gegen diese systematischen Angriffe. Leider haben diese Angriffe auf die repräsentative Demokratie aber nicht nur hier System. Wir sehen das auch in Landtagen, wir sehen das in Kommunen. Und da ist es besonders perfide. Oftmals werden ehrenamtliche Mandatsträgerinnen und Mandatsträger bedrängt und bedroht, auch da von AfD-Mitgliedern und deren Umfeld.
(Zuruf des Abg. Armin-Paulus Hampel [AfD])
Ganz aktuell nur ein Fall: Kreisräte und Landtagsabgeordnete der AfD bedrängen in einem offenen Brief die amtierende Landrätin, nur weil diese die Verordnungen umsetzt und das Kreiskrankenhaus am Laufen halten will. Mandatsträger können jede Frage ans Landratsamt stellen. Sie könnten jedes Thema auf die Tagesordnung der Kreistagssitzung setzen, wenn, ja wenn diese Demokratieverächter an Lösungen interessiert wären. Das sind sie aber nicht. Es geht allein um öffentlichen Druck gegen diejenigen, die unsere Demokratie tragen. Das ist so unverantwortlich angesichts dessen, was diese Gesellschaft gerade zu stemmen hat.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Für nichts eine Lösung zu haben, aber auf allen Ebenen diejenigen, die ernsthaft um Lösungen ringen, am Arbeiten hindern – dafür wollen Rechtsextreme gewählt werden. Aber nicht, um für das Gelingen der Demokratie zu sorgen, sondern um deren Scheitern erst herbeizufantasieren und dann alles dafür zu tun. Bezieht sich diese Sabotage aber nur auf Politik und Verwaltung? Nein, Kulturschaffende, Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, zivilgesellschaftlich Engagierte, Journalistinnen und Journalisten werden angegangen.
Sie wollen Grundrechte schützen? Haben Sie schon mitbekommen, dass dazu auch Vereinigungsfreiheit und Pressefreiheit gehören, und zwar für alle und nicht nur für Ihresgleichen? Diese ganze Sabotage ist kein Zufall; es ist ein Wesensmerkmal von Rechtsextremismus, dieser tritt hier offen zutage.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Wann, wenn nicht jetzt, ist es an der Zeit, uns mit einem Demokratiefördergesetz verlässlich an die Seite derjenigen zu stellen, die in Kommunen und Initiativen unsere vielfältige Demokratie hegen und pflegen und dafür leider angegriffen werden?
Was ich aber besonders perfide finde – das hat gar nichts mit uns Abgeordneten zu tun –: Mithilfe düsterster Szenarien wurde zur Demo am Mittwoch mobilisiert. Es wurde einkalkuliert, dass es zu Gewalt kommt. Was machen dann einige? Sie bringen absichtlich ihre Kinder mit, damit die Polizei milder reagieren möge. Wollen Sie absichtlich Ihre Kinder zu Opferhelden Ihrer Szene machen? Kinder zu instrumentalisieren, das kennen wir aus rechten Kreisen: beim Kinderschutz, bei der Geburtenrate oder Ähnlichem. Aber auf einer dynamischen Demo wie dieser geht es um reale Kinder, die absichtlich in Gefahr gebracht werden. Das ist es wirklich nicht wert.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Bürgerinnen und Bürger, kritisieren Sie uns, demonstrieren Sie auch, gestalten Sie unsere Demokratie; machen Sie das friedlich und so respektvoll, wie Sie selbst behandelt werden wollen, und machen Sie das bitte nicht an der Seite von Rechtsextremen und Demokratiefeinden!
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Letzte Rednerin in dieser Aktuellen Stunde ist die Kollegin Nina Warken, CDU/CSU.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7485286 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Bedrängung von Abgeordneten verurteilen |