Jessica TattiDIE LINKE - Beschäftigungssicherung - COVID-19
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal: Der Gesetzentwurf ist gar nicht so schlecht. Sie wollen die Weiterbildung stärken, und das ist eine richtig gute Sache. Die Transformation steht während der Pandemie nicht still. Digitalisierung, Klimawandel, Demografie sind riesige Herausforderungen.
Tatsache bei der Weiterbildung ist doch: Sind die Auftragsbücher voll, bleibt in den Betrieben oftmals keine Zeit für Weiterbildung. Ist die Auftragslage schlecht, wäre die Zeit da – so wie jetzt –; aber die Unternehmen halten ihr Geld zusammen und investieren nicht in die Weiterbildung ihrer Beschäftigten. Das sind reale Widersprüche. Umso wichtiger ist es jetzt, dass die Politik eingreift, damit die Zeit in der Pandemie genutzt wird, sodass die Leute auf die neuen beruflichen Anforderungen vorbereitet werden. Gut, dass wir uns in diesem Ziel einig sind.
(Beifall bei der LINKEN)
Jetzt zum problematischen Teil Ihres Gesetzes. Ich kann es mir nur so erklären, dass Sie nicht ganz zu Ende gedacht haben. Sie führen einen Rechtsanspruch auf Finanzierung von Weiterbildung ein, aber nur für die Arbeitgeber, nicht jedoch für die Beschäftigten. Das ist ungerecht und falsch.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie haben wohl nicht darüber nachgedacht, dass, wenn die Arbeitgeber alleine entscheiden, wer in den Genuss von Weiterbildungen kommt, sie dann weiterhin nur die Beschäftigten weiterbilden, die ohnehin schon ziemlich gut qualifiziert sind. So war das schon vor der Pandemie. Also, was sollte sich daran ändern? Und wieder einmal bleiben dann diejenigen auf der Stecke, die nicht so gut qualifiziert sind. Das Gleiche gilt für die Beschäftigten, die befristet tätig sind. Wenn ihre Arbeitgeber es alleine entscheiden können, werden sie sie nicht weiterbilden. Wer investiert denn schon in jemanden, bei dem er sich noch nicht mal sicher ist, ob er ihn behalten wird?
Eins verstehe ich überhaupt nicht: Warum verpennt die Sozialdemokratie den Moment, ein Initiativrecht für Betriebsräte bei der Weiterbildung zu schaffen?
(Beifall bei der LINKEN)
Das mit diesem Gesetz zu verbinden, Minister Heil, wäre klug und ideal gewesen.
Und was ist eigentlich mit denen, die in der Pandemie arbeitslos werden? Für sie haben Sie nichts. Nach wie vor erhalten doch Erwerbslose kaum Weiterbildungen, am wenigsten die Menschen in Hartz IV, und das muss sich endlich ändern.
(Beifall bei der LINKEN)
Zudem muss die Qualität der beruflichen Weiterbildung auf den Prüfstand. Die Förderungen kranken doch daran, dass Sie zu wenig Geld in die Hand nehmen. Deshalb kommt Wesentliches zu kurz, zum Beispiel praxisnahes Lernen, das Menschen individuell begleitet, die schon lange aus dem Lernen raus sind, und das ihnen wieder Mut macht, etwas Neues anzupacken.
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Minister und liebe Kolleginnen und Kollegen, eine kluge Beschäftigungssicherung ist nicht nur ein Lückenfüller während der Kurzarbeit in der Pandemie. Weiterbildung muss nachhaltig auf den Strukturwandel vorbereiten und den Menschen Zukunftsperspektiven bieten, und zwar allen Menschen. Ihr Gesetz reicht dafür leider nicht aus.
(Beifall bei der LINKEN)
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Stephan Stracke das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7485302 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Beschäftigungssicherung - COVID-19 |