Matthias BartkeSPD - Minijobs in Sozialversicherungspflicht
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Thema Minijobs offenbaren sich hier die ganz großen parteipolitischen Unterschiede. Die Linke möchte die Minijobs komplett abschaffen,
(Beifall des Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE])
die FDP will sie ausweiten und die Verdienstgrenze auf 570 Euro anheben, und die Union will die Verdienstgrenze im Zweifelsfall noch weiter anheben.
Meine Damen und Herren, da sieht man mal wieder, wie wichtig es ist, dass es in diesem Hause eine starke SPD gibt – die Hüterin der Vernunft und die Kraft der Mitte.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir werden diesen ganzen Unsinn nämlich verhindern. Wenn wir Minijobs sofort komplett abschaffen würden, ginge das an den Bedürfnissen der Menschen völlig vorbei.
Einerseits sind Minijobs für bestimmte Gruppen attraktiv und auch sinnvoll, zum Beispiel für Studierende, die einen Nebenjob während ihres Studiums brauchen, oder für Rentnerinnen und Rentner, die sich etwas hinzuverdienen wollen. Andererseits, Frau Ferschl, haben Sie mit Ihrer Kritik natürlich durchaus recht. 2019 lag die Zahl der Minijobber bei 7,5 Millionen; das entspricht fast einem Fünftel aller Arbeitnehmer. Das sind natürlich nicht nur Studierende und Rentner. Das sind leider auch Beschäftigte, die statt eines Minijobs viel lieber einen Teilzeitjob hätten. Für die haben die Minijobs einen ganz zentralen Nachteil: Sie bieten keinen Sozialversicherungsschutz.
In den vergangenen Monaten mussten das viele Menschen schmerzhaft erfahren. In der Krise haben viele Minijobber ihren Job verloren. Sie haben kein Kurzarbeitergeld bekommen, und sie haben kein Arbeitslosengeld bekommen. Sie alle sind jetzt auf Grundsicherung angewiesen. Daher ist es der völlig falsche Weg, Minijobs auch noch auszuweiten, wie es die FDP fordert.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Linke, auch wenn ich Ihre erste Forderung nach völliger Abschaffung der Minijobs ja noch nachvollziehen kann, so blieb mir bei Ihrer zweiten Forderung schlicht die Spucke weg. Sie wollen ernsthaft eine Mindestarbeitsstundenanzahl von 22 Stunden pro Woche einführen. Nach unten abgewichen werden darf nur noch auf Wunsch der Beschäftigten. Kein Unternehmen darf künftig noch Arbeitsstellen für 15 oder 20 Wochenstunden anbieten.
(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Doch, natürlich! – Gegenruf des Abg. Torbjörn Kartes [CDU/CSU]: Lesen Sie mal Ihren Antrag!)
Ich fürchte, diese Forderung kommt aus Ihrem wirtschaftspolitischen Paralleluniversum.
(Beifall des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD])
Und Sie begründen das auch gar nicht. Mal ernsthaft: Geht’s noch?
Da ist mir Ihre dritte Forderung schon wieder deutlich sympathischer: Einführung eines 12-Euro-Mindestlohns. Das wollen wir auch.
(Lachen des Abg. Max Straubinger [CDU/CSU])
Der erste Sozialdemokrat, der das gefordert hat, war übrigens Olaf Scholz – ein sehr guter Mann.
(Beifall bei der SPD)
Als Sozialdemokrat sage ich: Wir wollen mehr Minijobs in ordentliche Jobs umwandeln. Das funktioniert am besten über einen steigenden Mindestlohn. Mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ging damals nicht nur die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nach oben, sondern gleichzeitig auch die Zahl der Minijobber nach unten. Ein guter Mindestlohn ist daher auch eine Waffe gegen ausufernde Minijobs.
Nur haben wir andere Vorstellungen, wie wir zu einem 12-Euro-Mindestlohn kommen. Wir sagen: Die Festlegung des Mindestlohns ist Sache der Mindestlohnkommission und nicht des Bundestages.
(Beifall des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD] – Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Warten wir halt noch zehn Jahre! – Gegenruf des Abg. Torbjörn Kartes [CDU/CSU]: Quatsch!)
Die Aufgabe der Kommission muss es daher sein, die Höhe so festzulegen, dass man nach einem Arbeitsleben zum Mindestlohn nicht in die Grundsicherung fällt. Man muss nicht nur vom Lohn leben können, man muss danach auch von der Rente leben können.
Liebe Linke, als Letztes fordern Sie die Erhöhung der Tarifbindung und die Erleichterung der Allgemeinverbindlichkeitserklärung. Wir sehen bei der Pflege gerade, wie schwer es ist, eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung hinzubekommen. Es hätte mich schon gefreut, wenn Sie im Antrag geschrieben hätten, wie Sie das konkret erreichen wollen.
(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Wir haben doch schon einen Antrag eingebracht!)
Aber ich fürchte, da bin ich wieder mal zu anspruchsvoll.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Dr. Matthias Bartke. – Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Johannes Vogel.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7485347 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 193 |
Tagesordnungspunkt | Minijobs in Sozialversicherungspflicht |