20.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 193 / Tagesordnungspunkt 28

Thomas SeitzAfD - Strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin! Es geht um die Umsetzung der 6. EU-Geldwäscherichtlinie auf den letzten Drücker; denn die Frist läuft in zwei Wochen ab. Zwei Jahre hatten Sie Zeit; aber erst im Sommer kam der Referentenentwurf, Frau Ministerin, das ist Gesetzgebung der ganz schlechten Art.

Schon 2015 schätzte eine Dunkelfeldstudie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg den durch Geldwäsche verursachten Schaden auf über 100 Milliarden Euro jährlich nur für Deutschland. Der heutige Betrag dürfte weitaus höher liegen. Denken wir doch nur an die Ausbreitung krimineller Clans arabisch-kurdischer Migranten.

(Zuruf von der Linken: Wie bitte?)

Der Gesetzentwurf ist hochkomplex, deshalb in Kürze die wichtigsten Anmerkungen:

Erstens. Der Tatbestand der Geldwäsche knüpft nicht mehr an einen Straftatenkatalog an, sondern lässt jede Straftat als Vortat genügen. Dieser über die Vorgaben der Richtlinie hinausgehende „all crimes“-Ansatz soll die Anwendung erleichtern und wird von Polizei und Justiz ausdrücklich begrüßt. Es ist ja auch einfacher, wenn sich das Gericht nur noch die volle Überzeugung verschaffen muss, dass Taterträge aus einem einfachen Betrug stammen anstatt aus einem gewerbsmäßig oder bandenmäßig begangenen.

Sie konterkarieren damit allerdings das Ziel der Richtlinie, organisierte Kriminalität und Terrorismus besser zu bekämpfen, wenn jedes Bagatelldelikt zur Vortat taugt. In der Praxis wird man sich damit behelfen, dass großzügig nach §§ 153, 154 und 154a StPO eingestellt wird. Dies dient aber der Opportunität und Effektivität der Strafverfolgung im Einzelfall und rechtfertigt nicht die Schaffung einer viel zu weit geschafften Strafnorm sehenden Auges.

Zweitens. Es bleibt das Problem, dass Vorsatz ausscheidet, wenn der Täter sich keine klaren Vorstellungen von irgendeinem Vergehen oder Verbrechen macht. Professionelle Geldwäscher, also spezialisierte Anbieter von Geldwäschedienstleistungen, haben schon aus Gründen des Selbstschutzes kein Interesse an der Kenntnis der Herkunft der von ihnen gewaschenen Vermögenswerte. Gerade im Kernbereich der organisierten Kriminalität wird deshalb Vorsatz regelmäßig nicht nachweisbar sein und das Ziel der EU-Richtlinie klar verfehlt.

Drittens. Ist der Vorsatz bezüglich der Vortat nicht nachweisbar, war bisher auch leichtfertiges Handeln strafbar. Die Streichung dieser Vorschrift im Referentenentwurf stieß zu Recht auf deutliche Kritik. Hier ist das Ministerium zu loben, dass der Gesetzentwurf die Strafbarkeit leichtfertigen Handelns doch beibehält. Es mag sein, dass künftig nicht mehr über die Hälfte der Verurteilungen wegen Geldwäsche als leichtfertig begangene Tat erfolgt. An der großen Bedeutung der Vorschrift wird sich aber nichts ändern.

Viertens. Sie schreiben lapidar, dass ein Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft nicht zu erwarten sei, was ich für hochgradig zweifelhaft halte. Sie können nicht einerseits den Anwendungsbereich des § 261 StGB uferlos ausweiten und andererseits ernsthaft davon ausgehen, dass dies nicht massive Auswirkungen auf die Erfüllung der Sorgfalts- und Meldepflichten nach dem Geldwäschegesetz hat.

Fünftens. Im Hinblick auf weitere Kosten räumt der Gesetzentwurf immerhin ein, dass mit einem beträchtlichen Mehraufwand im justiziellen Kernbereich der Länder zu rechnen ist. Was ist aber auf der Stufe davor? Die Strafgerichte werden nicht ohne die Vorarbeit der Staatsanwaltschaften tätig, und genauso verhält es sich mit dem Verhältnis Staatsanwaltschaft zu Polizei. Die Änderung wird also nicht nur eine spürbare Personalaufstockung bei Gerichten und Staatsanwaltschaften, sondern auch bei der Polizei notwendig machen, und das in Zeiten, in denen den Ländern die Steuereinnahmen bedingt durch den Ausnahmezustand ohnehin wegbrechen. Das ist unverantwortlich, Frau Ministerin.

(Beifall bei der AfD)

Ich komme zum Schluss. Nur die Abgabe unserer Souveränität an die EU zwingt uns, gesetzgeberisch tätig zu werden. Es hätte gereicht, die Vorschrift punktuell nach Maßgabe der Richtlinie zu ergänzen. Noch besser wäre es, eine ohnehin schwierige Vorschrift gar nicht zu ändern; denn es wird Jahre brauchen, bis die Rechtsprechung hier für eine halbwegs konturierte Anwendung gesorgt haben wird. Lassen Sie Polizei und Justiz in Ruhe ihre Arbeit machen, ohne permanent die Strafvorschriften zu ändern und zu verkomplizieren!

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Herr Seitz, warten Sie bitte! Da Sie keine Maske haben, sondern nur ein löchriges Tuch, fordere ich Sie auf, diese Maske jetzt zu tragen.

(Vizepräsidentin Claudia Roth hält Abg. Thomas Seitz [AfD] eine Mund-Nase-Bedeckung hin – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Abg. Thomas Seitz [AfD] verweist auf seine Mund-Nase-Bedeckung aus Netzstoff)

– Sie haben ein löchriges Tuch.

(Zuruf von der SPD: Da läuft er schon die ganze Zeit mit rum!)

Das ist keine Maske.

(Thomas Seitz [AfD]: Das ist eine Mund-Nase-Bedeckung!)

– Das ist keine Maske! Ich fordere Sie auf, diese Maske zu tragen.

(Vizepräsidentin Claudia Roth hält Abg. Thomas Seitz [AfD] erneut eine Mund-Nase-Bedeckung hin – Thomas Seitz [AfD]: Haben Sie auch eine steril verpackte? Dann nehme ich sie gerne von Ihnen! Diese haben Sie jetzt kontaminiert!)

– Die ist aus der sterilen Verpackung. – Gut, Sie bleiben jetzt hier stehen. Das ist ein Theater, das hier abgeht. Das ist nicht zu fassen. Ich nehme jetzt hier den Stift, damit ich sie nicht berühre.

(Vizepräsidentin Claudia Roth öffnet eine Packung mit Mund-Nase-Bedeckungen und entnimmt dieser eine mit einem Stift – Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Sie sind erbärmlich, Herr Seitz!)

So! Und die setzen Sie jetzt bitte auf.

(Abg. Thomas Seitz [AfD] nimmt die Mund-Nase-Bedeckung entgegen und setzt sie auf – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Geht doch! Warum nicht gleich so? – Thomas Seitz [AfD]: Vielen Dank! Und mit dem Maulkorb darf ich jetzt hier das Pult verlassen?)

– Das ist kein Maulkorb, sondern das ist eine Maske! Und wenn Sie so weitermachen, dann kriegen Sie einen Ordnungsruf!

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Thomas Seitz [AfD]: Sie hatten mir nur verboten, zu gehen! Deswegen habe ich nachgefragt! Ich will nichts Falsches machen! – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber er hat doch gehört!)

Nächster Redner: für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Jan-Marco Luczak.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7485357
Wahlperiode 19
Sitzung 193
Tagesordnungspunkt Strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche
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