25.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 194 / Zusatzpunkt 1

Kerstin Griese - Aktuelle Stunde - Gute Löhne und Verteilungsgerechtigkeit

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will wieder zu dem eigentlichen und wichtigen Thema zurückkommen, nämlich dazu, wie es den Menschen in unserem Land geht und wie ihre soziale und wirtschaftliche Lage ist.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Antje Lezius [CDU/CSU])

Ja, die Coronapandemie ist eine große Herausforderung für uns alle, und ja, wir müssen jetzt besonders darauf achten, dass Menschen nicht abgehängt werden. Es ist eine besonders schwere Zeit, zum Beispiel für Kinder und Jugendliche, für arme Familien, für Menschen in Not, für ältere Menschen. Gerade dort, wo Menschen in sehr kleinen Wohnungen leben und einsam sind, ist die Situation in dieser Pandemiezeit besonders hart.

Gerade deshalb ist es unsere Pflicht als verantwortungsvolle Politik, alles dafür zu tun, damit Menschen ihren Arbeitsplatz behalten, damit Schülerinnen und Schüler nicht abgehängt werden, damit Familien ihren Alltag sicher gestalten können, damit sich von Armut bedrohte Menschen auf Unterstützungsleistungen verlassen können, damit Rentnerinnen und Rentner ihre Renten zuverlässig bekommen und damit die Ungleichheit nicht steigt, sondern alle Menschen gute Chancen auf Bildung, auf Arbeit, auf Versorgung mit allem existenziell Notwendigen haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich kann Ihnen versichern: Das treibt uns als Bundesregierung an, und wir stellen uns der Herausforderung jeden Tag, Sicherheit in dieser unsicheren Zeit zu schaffen, mit den Hilfen, die wir vorschlagen und die der Bundestag hier debattiert und beschließt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist eine Herausforderung, der wir uns alle stellen müssen. Das gilt für fast jedes Land dieser Erde. Manchmal hilft es ja, den Blick über den Tellerrand zu richten. Wenn wir alleine unsere Nachbarländer in Europa betrachten, dann kann man schon sagen: Deutschland kommt bisher deutlich besser durch die Pandemie. Das gilt sowohl für die Inzidenzwerte, also mit Blick auf die pandemische Lage, das gilt für die Wirtschaft und damit eben gerade für die Erwerbs- und Einkommenssituation vieler Menschen, und das gilt vor allem für die soziale Lage in diesem Land. Wohl kaum ein anderes Land leistet derzeit auf dieser Welt so viel wie unser Sozialstaat.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Immer wieder hört man von einer angeblichen Krise des Sozialstaates. Doch was die Coronapandemie gerade beweist – fast wie ein Brennglas, das genau auf die Probleme zielt –, ist genau das Gegenteil: Wir brauchen den Sozialstaat. Wir setzen auf den Sozialstaat gegen die Krise. Ja, wir bauen den Sozialstaat jetzt in der Krise sogar aus, damit Menschen sicher leben können.

(Beifall bei der SPD)

Eben weil wir uns besonders um die Menschen kümmern, die in Notlagen sind, die ihren Job verlieren können, die verzweifeln und die in dieser schweren Situation Ängste haben, bauen wir den Sozialstaat aus. Wir haben ihn ausgebaut, indem wir zum Beispiel die Grundrente beschlossen haben, endlich. Damit wird gerade Menschen mit niedrigen Einkommen geholfen, und sie werden ab dem nächsten Jahr nach einem Leben voller Arbeit eine höhere Rente bekommen. Das ist ein Erfolg.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eine solche Herausforderung wie diese Pandemie, die so viele Bürgerinnen und Bürger wirtschaftlich und damit auch sozial völlig unvorhersehbar trifft, kann nur gemeistert werden, wenn man auf das Gute aufbaut, das wir haben. Gerade jetzt zeigt sich doch, wie stabil unser Sozialstaat ist, dass er den Menschen Schutz und Sicherheit gibt. Wer in diesem Land auf Hilfe angewiesen ist, der bekommt Unterstützung – das galt vor Corona, und das gilt jetzt erst recht.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Antje Lezius [CDU/CSU])

Wir haben soziale Sicherungssysteme, um die uns viele Menschen in anderen Ländern beneiden: die Arbeitslosenversicherung und vor allem das Kurzarbeitergeld, das uns so wunderbar hilft, durch die Krise zu kommen, und ja, auch die Grundsicherung. Genau darauf konnten wir und können wir in dieser Krise aufbauen. Diese Sicherheit brauchen wir auch für die Zukunft, und das ist wie ein Anker für viele Menschen.

Mit der Verbesserung des Kurzarbeitergeldes haben wir gezielt dort geholfen, wo es nötig ist. Wir haben schnell und gezielt bei Arbeitsausfällen geholfen. Das gilt schon seit dem 1. März 2020. Auch das ist ein Ausbau der sozialen Sicherung; denn Kurzarbeit ist jetzt leichter zugänglich, und das Kurzarbeitergeld wird länger und in größerer Höhe gezahlt.

Diese erweiterte Kurzarbeit hat der Bundestag gerade bis Ende 2021 verlängert. Wir sehen, dass das notwendig ist: Im April dieses Jahres waren 6 Millionen Menschen in Kurzarbeit, im Juni 4 Millionen, und jetzt sind es noch circa 2,5 Millionen Menschen. Dieses Kurzarbeitergeld vermeidet Kündigungen und sichert Arbeitsplätze. Damit haben wir in der Krise Millionen von Arbeitsplätzen gesichert, und darüber bin ich sehr froh.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Wissenschaft belegt, dass das Kurzarbeitergeld ein sehr wirksames Instrument ist. Es ist eine stabile Brücke über das tiefe Tal der Krise.

Bei der Grundsicherung haben wir die Vermögensprüfung und die Prüfung der Wohnung ausgesetzt. Damit ermöglichen wir einen vereinfachten Zugang zur Grundsicherung für diejenigen, die jetzt schnell auf Hilfe angewiesen sind. Dass die Grundsicherung gerade jetzt in der Krise so schnell und zuverlässig weiter oder neu ausgezahlt wird, hilft gegen Ungleichheit und Unsicherheit. Auch das ist eine Stärkung unseres Sozialstaates und damit der Menschen, die ihn brauchen und um die es uns geht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade viele berufstätige Eltern stehen jetzt unter starker Belastung: organisatorisch, aber auch finanziell und psychisch. Wenn Eltern nicht zur Arbeit gehen können, weil die Kita oder Schule ihres Kindes coronabedingt geschlossen wurde, haben sie einen Anspruch auf Lohnfortzahlung. Diesen Anspruch haben wir von sechs auf zehn Wochen pro Elternteil verlängert.

Wir haben den Kinderbonus beschlossen, übrigens für alle Kinder. Konkret heißt das, dass Eltern einen einmaligen Zuschuss von 300 Euro pro Kind auf das Kindergeld bekommen. Damit helfen wir gezielt Familien, die ja von der Krise besonders stark getroffen sind. Ganz wichtig: Dieser Kinderbonus kommt an, auch und gerade bei den ärmeren Familien; denn er wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Viele junge Menschen haben gerade jetzt Angst, was ihre Ausbildungs- oder Studiensituation angeht. Damit das nicht passiert, helfen wir mit: Ein Ausbildungsbetrieb, der trotz der Krise weiter oder sogar mehr ausbildet, bekommt dafür eine Ausbildungsprämie. Das hält den Ausbildungsmarkt stabil, und junge Leute können ins Berufsleben starten. Auch das ist eine Frage der Gerechtigkeit und der Chancengleichheit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Natürlich müssen wir, wenn es um Gerechtigkeit geht, auch über Löhne sprechen. Wir haben jetzt in der Pandemie die Erhöhung des Mindestlohns beschlossen; das war richtig. Ich sage aber auch ganz deutlich: Das kann nur ein Zwischenschritt sein. Wir wollen den Mindestlohn weiterentwickeln in Richtung 12 Euro und darüber hinaus.

(Susanne Ferschl [DIE LINKE]: Wann denn?- Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wann denn?)

Auch dazu wird das Arbeitsministerium Vorschläge machen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen auch strukturelle Fragen in dieser Pandemie ansprechen; denn eine geringe Tarifbindung ist die größte Lohnbremse. Ich hoffe, da sind wir uns zumindest zwischen vielen Fraktionen einig. Wir müssen die Tarifbindung stärken. Natürlich sind dafür in erster Linie Arbeitgeber und Gewerkschaften gefragt; aber auch der Staat kann einen Unterschied machen, indem er öffentliche Aufträge und Vergabeverfahren an eine Tarifbindung koppelt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch die Wirtschaftshilfen tragen dazu bei, die soziale und wirtschaftliche Lage der Menschen zu stabilisieren und Ungleichheit entgegenzuwirken. Wir stützen die Firmen, die besonders unter den aktuell notwendigen Schließungen leiden, und damit stützen wir die Arbeitsplätze für viele Menschen und helfen den Familien.

Ich will noch das Sozialdienstleister-Einsatzgesetz erwähnen; denn damit werden die sozialen Einrichtungen unterstützt. Auch das ist wichtig in der Krise, auch das ist ein Ausbau unseres Sozialstaates. Damit wird die soziale Infrastruktur gesichert, die wir nicht nur in der Krise, sondern auch danach dringend brauchen, um die Menschen zu unterstützen.

Da geht es ganz praktisch um Arbeitsförderungs- und Bildungsmaßnahmen. Da geht es um Sprachkurse, um die Frühförderung und um die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung. Da geht es um Rehamaßnahmen. Alles das ist wichtig, damit Menschen gute und gleiche Chancen haben. All das stärken wir, gerade in diesen schwierigen Zeiten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wir wollen aber nicht nur die Folgen der Krise abfedern, meine Damen und Herren, sondern wir wollen auch schnell wieder aus der Krise herausfinden. Aus diesem Grund haben sich CDU/CSU und SPD auf ein Konjunkturpaket geeinigt, das es in dieser Dimension noch nie gegeben hat. Wir stärken damit Investitionen und Kaufkraft und sichern so Arbeitsplätze. Wir helfen Familien. Wir investieren in Bildung und Forschung, und wir sichern mit dem Konjunkturprogramm Ausbildungsplätze und stärken Kommunen. Unser Land wird damit sozialer, digitaler und ökologischer. Auch das ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Damit investieren wir in die Zukunft. Das macht natürlich ökonomisch Sinn, aber es ist vor allem auch sozial gerecht.

Und ja, meine Damen und Herren, das kostet sehr viel Geld, viele Milliarden, und der eine oder andere in diesem Haus kritisiert das. Aber es ist gut und richtig investiertes Geld, damit wir uns gemeinsam den wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Coronapandemie entgegenstellen können. Dabei wirkt unser Sozialstaat. Wir haben ihn ausgebaut, damit Menschen in Notlagen noch besser, zielgenauer und nachhaltiger unterstützt werden können.

Das zeigt: Diese Bundesregierung handelt in dieser schwierigen Zeit. Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz, um die soziale Sicherheit und um gute Chancen für alle Menschen. Auf den Sozialstaat ist Verlass.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Kerstin Griese. – Nächster Redner: für die FDP-Fraktion Pascal Kober.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7485966
Wahlperiode 19
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Gute Löhne und Verteilungsgerechtigkeit
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta