25.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 194 / Zusatzpunkt 1

Sabine ZimmermannDIE LINKE - Aktuelle Stunde - Gute Löhne und Verteilungsgerechtigkeit

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will hier mal anmerken: Neun Redner waren jetzt vor mir, und nicht ein einziger hat das Wort „Millionärssteuer“ in den Mund genommen – nicht ein einziger!

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Doch! Frau Ferschl!)

Aber genau da, bei den Millionären, wäre doch das Geld, das man umverteilen müsste.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Das ist klar!)

Deshalb fordern wir die Millionärssteuer – um Ihnen das noch mal deutlich und klar zu sagen.

Meine Damen und Herren, durch die Coronapandemie wird die verfehlte Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der Bundesregierung schonungslos offengelegt. Sie haben keine Antworten für Millionen Menschen, die im Niedriglohn arbeiten, die nicht wissen, wie sie über den Monat kommen sollen. Sie haben keine Antworten für Millionen Menschen, die in Armut leben, die auf Tafeln, Kleiderkammern und Suppenküchen angewiesen sind. Meine Damen und Herren, soziale Sicherheit sieht anders aus!

(Beifall bei der LINKEN)

Ihre Löcher im sozialen Netz bekommen auch Millionen Beschäftigte zu spüren. Man muss einen monatlichen Bruttolohn von 2 500 Euro erst einmal haben, um ein Kurzarbeitergeld von 1 000 Euro zu bekommen. Aktuell gibt es nämlich über 4 Millionen Vollzeitbeschäftigte, die mit einem Niedriglohn abgespeist werden, also weniger als 2 267 Euro brutto haben. Wissen Sie, was das heißt, zum Beispiel für die Kolleginnen und Kollegen in der Hotel- und Gaststättenbranche, die seit Monaten mit einem Kurzarbeitergeld von 60 Prozent ihres niedrigen Lohns leben müssen? Das bedeutet für die Beschäftigten den Absturz in Armut, und das muss dringend geändert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

3,5 Millionen Menschen arbeiteten zu Beginn der Krise in zwei oder drei Jobs. Das machen sie doch nicht, weil sie nicht wissen, wie sie die Zeit rumkriegen sollen. Das machen sie, weil der Lohn aus dem ersten Job nicht ausreicht. Sie brauchen das Geld, um über die Runden zu kommen. Arbeiten bis zum Umfallen, egal zu welchem Lohn: Das ist Ihre unsoziale Arbeitsmarktpolitik der letzten 20 Jahre.

(Beifall bei der LINKEN – Kai Whittaker [CDU/CSU]: Falsch!)

Beim Arbeitslosengeld sieht es nicht anders aus. Jeder Zweite erhält noch nicht mal 1 000 Euro Arbeitslosengeld; im Osten sind es sogar zwei Drittel. Selbstständige und Freiberufler, die durch die Lockdowns kein Einkommen mehr haben, erhielten bislang keine Hilfe von der Bundesregierung, mit der sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Sie werden gleich ins Verarmungssystem Hartz IV abgeschoben. Hartz IV, meine Damen und Herren, ist Armut per Gesetz. Das gehört abgeschafft!

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren der Bundesregierung, in der Coronapandemie haben Sie Hunderttausende neue Sozialfälle produziert. Dadurch wachsen Armut, Ungleichheit und Abstiegsangst. Sie steuern geradewegs in eine soziale Katastrophe. Reißen Sie endlich das Ruder rum, und gehen Sie auf einen sozialen Kurs!

(Beifall bei der LINKEN)

Die Niedriglohnpolitik wird weiter zur Verarmung breiter Bevölkerungsschichten beitragen. Mit der Agenda 2010 haben Sie eine Lohnspirale nach unten in Gang gesetzt. Daran hat sich bis heute trotz Mindestlohn – oder vielleicht wegen des niedrigen Mindestlohns – nichts geändert. Wir brauchen endlich einen Mindestlohn von wenigstens 12 Euro.

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächstes das Thema Leiharbeit. Fast zwei Drittel der Leiharbeitskräfte arbeiten zu niedrigen Löhnen. In Arbeitsmarktkrisen sind sie die Ersten, die entlassen werden. Dies zeigt sich auch wieder deutlich in der Pandemie. Die Kolleginnen und Kollegen bekommen durchschnittlich 40 Prozent weniger als die regulär Beschäftigten. Das ist ungerecht! „ Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ ist die Devise am Arbeitsmarkt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Für diese vielen Ungerechtigkeiten am Arbeitsmarkt sind Sie, meine Damen und Herren von den Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU/CSU und FDP, verantwortlich. Daran müssen Sie sich auch immer wieder erinnern lassen.

Meine Damen und Herren, niedrige Löhne ziehen immer niedrige Renten nach sich. Mit ihrer Niedriglohnpolitik produziert die Bundesregierung heute die Sozialfälle von morgen. Millionen Rentnerinnen und Rentner leben heute schon in Armut. Nehmen Sie die Situation endlich ernst, und stoppen Sie die Rutschbahn in die Armut!

Die Linke fordert: Das Kurzarbeitergeld muss sofort rauf auf 90 Prozent; generell muss der Zugang zur Arbeitslosenversicherung erleichtert werden, auch für Selbstständige; Hartz IV muss durch eine sanktionsfreie Mindestsicherung ersetzt werden. Ihr Auftrag ist klar und deutlich: Schaffen Sie endlich die Rahmenbedingungen für gute Arbeit und eine soziale Sicherung, die ihren Namen verdient!

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Die Coronapandemie zeigt deutlich auf, dass Abstiegsängste, eine ungewisse Zukunft, wenig Einkommen und fehlende soziale Absicherung der Demokratie schaden. Und hätten die verschiedenen Bundesregierungen all die Jahre für einen starken Sozialstaat und für gute Arbeit für alle gesorgt, –

Kollegin Zimmermann, die Ankündigung des Schlusspunktes ersetzt diesen nicht.

– dann würde vermutlich jetzt nicht die AfD hier rechts außen sitzen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat die Kollegin Antje Lezius das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7485973
Wahlperiode 19
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Gute Löhne und Verteilungsgerechtigkeit
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