25.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 194 / Tagesordnungspunkt 5

Harald WeinbergDIE LINKE - MTA-Reform-Gesetz, Heilpraktiker

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal: Wir reden hier über eine sehr wichtige Berufsgruppe für die Gesundheitsversorgung. Es handelt sich um eine Berufsgruppe, die in der aktuellen Pandemie – auch in den Krankenhäusern – Außerordentliches geleistet hat und weiterhin leistet, etwa in der radiologischen Diagnostik. Ohne Blutgasanalyse und andere Labordiagnostik, ohne Lungenfunktionstests und anderes ist eine sachgerechte Behandlung von Covid-19-Patienten nicht zu leisten.

Das Verrückte ist, dass diese Berufsgruppe, deren Angehörige nahezu täglich Kontakt zu Covid-19-Patienten haben und zweifellos besonders gefordert und gefährdet sind, bei allen bisherigen Prämienregelungen außen vor war. Das ist schon ein Skandal.

(Beifall bei der LINKEN – Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Stimmt nicht!)

Aber sicher ist es sehr sinnvoll, die Ausbildung in diesem Bereich weiterzuentwickeln. Bei diesem Vorhaben haben Sie uns an Ihrer Seite. Wir fordern das schon länger. Die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung vom Anfang der 90er-Jahre ist sicher schon etwas verstaubt. Auch viele der einzelnen Reformschritte können wir unterstützen: klar geregelter Ausbildungsvertrag, Spezifizierung der Ausbildungsziele, Ausweitung der Praxisanteile, Abschaffung des Schulgelds – natürlich unterstützen wir vor allen Dingen die Abschaffung des Schulgelds –,

(Beifall bei der LINKEN)

eine neue Berufsbezeichnung.

Wir sehen allerdings auch Nachbesserungsbedarf, zum Beispiel bei der Finanzierung der Ausbildungskosten oder bei der Angemessenheit der Ausbildungsvergütung. Aber das lässt sich ja im weiteren Verfahren diskutieren und womöglich auch noch nachbessern.

(Beifall bei der LINKEN)

Es sind noch zwei weitere Regelungen enthalten, die es aus unserer Sicht in sich haben:

Zum einen geht es um das Problem der Handlungsmöglichkeiten von Notfallsanitäterinnen und Notfallsanitätern an einem Unfallort, wenn der Notarzt noch nicht eingetroffen oder gar verhindert ist. Die Lösung dieses Problems wird seit Jahren hin- und hergeschoben. Es gibt bis heute keine ausreichende Rechtssicherheit für Notfallsanitäter, wenn sie als Erste an einen Unfallort kommen und mit einer schwierigen Lage bei Unfallopfern konfrontiert sind. Geben sie Medikamente oder intubieren sie, wenn das überlebensnotwendig ist, dann verstoßen sie womöglich gegen den Heilkundevorbehalt. Im schlimmsten Fall droht ihnen eine Anzeige wegen Körperverletzung. Helfen sie in einer lebensbedrohenden Situation nicht, droht ihnen ein Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung. Die jetzt im Gesetz vorgesehene Regelung löst das Dilemma aus unserer Sicht nicht wirklich, sondern gießt es in eine ebenso widersprüchliche Rechtsnorm. Das haben eine Vielzahl von Stellungnahmen und auch der Bundesrat kritisiert. Hier brauchen wir unbedingt eine Klarstellung, die dieses Dilemma für die Notfallsanitäter rechtssicher auflöst.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann gibt es noch die Regelung, nach der Heilpraktiker künftig keine Laboruntersuchungen mehr beauftragen dürfen. Ich werde inzwischen den Verdacht nicht los, dass die Bundesregierung oder die sie tragende Koalition sich um eine gesetzliche Befassung mit dem Bereich der Heilpraktiker herumdrückt, aber mit einer Reihe von Einzelregelungen, die eher in sachfremden Gesetzen enthalten sind, dem Bereich per Salamitaktik den Garaus machen möchte.

Nun bin ich persönlich der Meinung, dass dieser Bereich ordentlich gesetzlich geregelt gehört, wohl wissend, dass das nicht nur in meiner Fraktion zu munteren und spannenden Diskussionen mit ziemlich offenem Ausgang führen wird. Aber eine solche schwierige und kontroverse Diskussion unter Einbeziehung der Betroffenen und der Öffentlichkeit wäre immerhin fair und angemessen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dirk Heidenblut [SPD])

Die Taktik, dem Bereich der Heilpraxis schrittweise und unter möglichst weitgehendem Ausschluss der Öffentlichkeit das Wasser abzugraben, ist aus unserer Sicht inakzeptabel.

(Beifall bei der LINKEN)

Daher fordern wir Sie auf, den Teil aus dem Gesetz herauszunehmen und zeitnah eine umfassende Reform des Heilpraktikergesetzes vorzulegen.

(Beifall bei der LINKEN)

„Zeitnah“ ist ein guter Begriff.

Ja. – Ich glaube, insgesamt ist das Problem immer, dass in Ihren Gesetzen viele Dinge zusammengepackt werden. Das macht die parlamentarische Behandlung nicht einfacher und verhindert am Ende, dass wir den sinnvollen Regelungen zustimmen können. Mal sehen, ob wir dieses Mal in den Beratungen weiterkommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Harald Weinberg. – Jetzt hat das Wort Dr. Janosch Dahmen für Bündnis 90/Die Grünen. Das ist seine erste Rede im Deutschen Bundestag.

(Beifall)

Sie sehen: Das Haus freut sich auf die Rede.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7486190
Wahlperiode 19
Sitzung 194
Tagesordnungspunkt MTA-Reform-Gesetz, Heilpraktiker
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