26.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 195 / Tagesordnungspunkt 12

Katharina WillkommFDP - Kündigungsschutz für Mietende

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist erfreulich, wenn immer mehr Bürgerinnen und Bürger ein hohes Alter erreichen. Ende 2019 waren rund 16 Prozent der Bevölkerung 70 oder älter. Das sind rund 13 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Ein guter Teil davon ist Mieter.

Mancher zieht in diesem Alter noch mal um, etwa weil das Haus ohne die Kinder zu groß geworden ist. Andere bleiben gerne in der Wohnung, zum Beispiel, weil die Nachbarschaft lebendig und die Infrastruktur gut ist. Die Gründe für das Gehen und für das Bleiben sind so verschieden wie die Menschen. Aber für die Linken sind sie alle gleich, und allen geht es schlecht. In Ihrem Weltbild sind auf der einen Seite ein paar superreiche Raffkes, alles Vermieter, und auf der anderen Seite gibt es ein Heer von les Misérables in tristen Mietskasernen. Diese Weltansicht ist einseitig und unterkomplex.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Caren Lay [DIE LINKE]: Wo steht das denn?)

Genauso einseitig und unterkomplex ist Ihr Antrag.

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Bayram?

Nein. – Stellen Sie sich für einen Moment vor, das Weiße Haus wäre ein Mietshaus, für das Ihr Mietrecht gilt. Joe Biden bekäme Donald Trump, einfach weil er über 70 ist, bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag nicht aus dem Weißen Haus – und dabei würden noch nicht einmal Sie Eigenbedarf bestreiten.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Christian Dürr [FDP]: Sehr guter Vergleich! – Kerstin Kassner [DIE LINKE]: Das ist ja wirklich sehr lustig!)

Mich ärgert die gedankliche Schlichtheit hinter Ihrer Kündigungsgrenze bei einem Alter von 70 Jahren. Was würde denn gerade der Miethaivermieter, an dem Sie sich so sehr abarbeiten, Ihrer Vorstellung nach machen? Wenn er nicht für immer und ewig über den 70. Geburtstag hinaus an seinen Mieter gebunden bleiben will,

(Mechthild Rawert [SPD]: Darüber reden wir doch gar nicht!)

dann überreicht er wohl rein prophylaktisch zum 69. Geburtstag die Kündigung.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Solch ein Geschenk lehnen wir Freien Demokraten ab.

(Beifall bei der FDP – Kerstin Kassner [DIE LINKE]: Das ist eine tolle Konstruktion!)

Der Gesetzgeber hat mit § 574 BGB bereits eine Regelung geschaffen, die die sozialen Belange der Mieter berücksichtigt. Das Gericht, bei dem die Sache landet, muss abwägen. Der Mieter kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung für ihn, seine Familie oder andere Haushaltsangehörige eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist. Für die über 70-Jährigen tauschen Sie also das Abwägungsgebot des § 574 BGB gegen ein Kündigungsgebot für den Vermieter. Das ist nicht im Sinne Ihrer vermeintlichen Zielgruppe, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Ihr zweiter Antrag enthält zusätzliche Forderungen von gleicher Qualität. Dieser Antrag will letztlich eines: die Erstarrung des Wohnungsmarktes und die Beschneidung des Eigentumsrechts. Jetzt gilt eine zehnjährige Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung. Sie wollen daraus eine Ewigkeitsgarantie machen. Jetzt gilt eine fixe monatliche Mietzahlungsfrist. Sie wollen daraus einen schwammigen Achtwochenkorridor machen. Zugleich aber erwarten Sie, dass der Vermieter seinen Zahlungspflichten gegenüber Handwerkern, Gärtnern und anderen Dienstleistern für das Mietshaus pünktlichst nachkommt. Und wenn es zum Streit kommt, fordern Sie, dass der Vermieter dem gekündigten Mieter den Mietrechtsprozess ebenso bezahlt wie bei Erfolg die Umzugskosten und die überschießenden Neumietkosten.

Ihre Anträge zeigen nur eins: Sie verachten das Privateigentum. Um die Mieter geht es Ihnen nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Pascal Meiser [DIE LINKE]: Ihre Rede zeigt: Sie verachten die Mieterinnen und Mieter!)

Der nächste Redner ist für Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Christian Kühn.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7486464
Wahlperiode 19
Sitzung 195
Tagesordnungspunkt Kündigungsschutz für Mietende
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