Christoph HoffmannFDP - Sahelpolitik
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Sahelregion ist bedeutend für Europa, und die Schicksale zwischen Europa und Sahel sind miteinander verknüpft. Die Sahelzone ist im Grunde eine unwirkliche Landschaft, schon immer geprägt von Trockenheit, aber auch Hungersnöten, Armut und Konflikten zwischen Hirten und Ackerbauern.
Der Zusammenbruch Libyens setzte Unmengen an Waffen frei, die für eine massive Verschlechterung der Sicherheitslage in der Region gesorgt haben. Sie erinnern sich vielleicht – wir sind gerade daran erinnert worden –, dass sich damals Guido Westerwelle und damit Deutschland aus diesem Konflikt herausgehalten haben. Ich glaube, das war richtig so.
Ich war im September in Mali, im Sahel – nach dem Putsch. Mali zeigt exemplarisch, wie ganze Staaten instabil werden können, ja zerfallen können, wenn die innere Sicherheit nicht gegeben ist, eine schlechte Regierungsführung vorhanden ist und grassierende Korruption herrscht. Wenn auf der Einnahmenseite große Teile wegfallen und abgezweigt werden und bei den Ausgaben die Gelder in falsche Taschen wandern, gibt es für den Bürger keine staatlichen Leistungen mehr: keine Schule, kein Gericht, keine Sicherheit. Armut, Hunger, Recht des Stärkeren sind die Folge. Der Vertrag zwischen Staat und Bürger erlischt.
In Mali gab es diese tiefe Krise des politischen Systems, die sich unter Präsident Keïta zugespitzt hat. Das deutsche und das europäische Engagement in Mali und im restlichen Sahel müssen sich hier unbequeme Fragen gefallen lassen. Noch im Mai dieses Jahres hat der Bundesaußenminister dem damaligen Präsidenten Keïta zur erfolgreichen Parlamentswahl gratuliert und sie als „demokratisches Lebenszeichen“ bezeichnet. Warum denn eigentlich das?
Nach der Wahl folgten Massenproteste gegen Wahlmanipulationen, soziale Ungerechtigkeit und Korruption. Und am Ende putschten junge Obristen unblutig: Sie wollten ihr Mali vor dem Zerfall retten. Sie waren selbst im Kampfeinsatz ohne Mittel mit mangelnder Ausrüstung, hervorgerufen durch Korruption. Nach dem Putsch haben sie dann die korrupten Generäle eingesperrt.
Mit Druck von ECOWAS gibt es nun eine zivil-militärische Übergangsregierung und einen klaren Fahrplan für Mali: eine vierte Republik, ein neuer Vertrag zwischen Staat und Bürgern, ein transparenter Staat und Neuwahlen, und das alles in 18 Monaten. Das wird nicht einfach, aber Malis Bevölkerung ist bereit, und wir müssen es unterstützen.
Ohne Sicherheit keine Entwicklung, wie wir gehört haben! Aber wir müssen auch das deutsche Engagement viel enger politisch begleiten, wie es auch im Antrag der Freien Demokraten formuliert ist. Das Fenster für Reformen in Mali ist nun offen, und wir müssen diese Gelegenheit nutzen. Wir müssen pragmatisch und schnell agieren und dürfen nicht noch ein Jahr warten, ob wir dann neue Verhandlungen zur Entwicklungszusammenarbeit führen können.
Also: Umschalten bei der Entwicklungszusammenarbeit auf Transparenz durch Digitalisierung in der Verwaltung, damit die Geldströme für jeden Bürger klar werden! Hier kann Deutschland gemeinsamen mit Brüssel eine Schlüsselrolle spielen.
(Beifall bei der FDP)
Diese Chancen müssen die Minister Maas und Müller schnell nutzen und dürfen nicht zuwarten. Das geschichtliche Fenster könnte sich irgendwann wieder schnell schließen. Deshalb ist Eile geboten.
Herr Kollege, Eile ist geboten.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Entwicklungszusammenarbeit muss zukünftig – das sind die Lehren aus Mali – mit Konditionierung erfolgen. Fehlt ein entschlossenes Vorgehen für mehr Transparenz, für die Ahndung von Menschenrechtsverletzungen, für einen nationalen Versöhnungsdialog, dann darf das nicht ohne Konsequenzen bleiben wie bisher.
Herr Kollege, Sie kriegen gleich auch eine Konsequenz. Jetzt sind Sie wirklich deutlich über Ihrer Redezeit.
Deutschland muss im eigenen Interesse dem Sahel viel mehr Aufmerksamkeit zuwenden.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, lieber Dr. Hoffmann. – Nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Kathrin Vogler.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7486754 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 195 |
Tagesordnungspunkt | Sahelpolitik |