26.11.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 195 / Tagesordnungspunkt 22

Katrin Helling-PlahrFDP - Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Ziel, das die Bundesregierung mit dem Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts verfolgen will – die Autonomie der Menschen, die Unterstützung benötigen, zu stärken –, ist ja richtig.

Aber, liebe Bundesregierung, jetzt mal Hand aufs Herz: Das mit der Selbstbestimmung können Sie nicht so richtig, oder? Mit der Einführung eines Ehegattennotvertretungsrechts schwächen Sie das Selbstbestimmungsrecht der Ehepartner massiv.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ehegatten sollen in Notsituationen automatisch in Gesundheitsbelangen füreinander entscheiden können, sofern sie nicht zuvor widersprochen haben. Sogar Entscheidungen für freiheitsentziehende Maßnahmen sollen die Ehegatten treffen dürfen. Eine Widerspruchslösung also.

Bei der Organspende hat sich dieses Haus gegen eine Widerspruchslösung entschieden. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, völlig unabhängig davon, wie Sie zu der Entscheidung gestanden haben: Vergegenwärtigen Sie sich bitte auch einmal den jeweils verfolgten Zweck. Die Widerspruchslösung bei der Organspende sollte Menschenleben retten. Mit dem Ehegattennotvertretungsrecht wollen Sie Gerichte entlasten. Es mag sein, dass einige Menschen fälschlicherweise sowieso schon davon ausgehen, dass es ein Vertretungsrecht zwischen Ehegatten bereits gibt. Aber das kann doch kein Argument sein. Drehen Sie das doch einmal um: Viele Leute werden dann auch nicht um das Notvertretungsrecht wissen – wenn wir es schaffen – und können folglich auch gar nicht widersprechen. Das ist doch fatal.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Sören Pellmann [DIE LINKE])

Wir haben mit den Vorsorgeverfügungen bereits ein bestehendes Instrumentarium, das selbstbestimmte Vorsorge für Notsituationen ermöglicht und immer mehr Zuspruch in der Bevölkerung erfährt. Immer mehr Leute verfassen Vorsorgevollmachten und registrieren sie anschließend im Vorsorgeregister. Und sie bevollmächtigen oft übrigens gerade nicht den Ehegatten, zum Beispiel, weil sie diesen nicht belasten möchten oder weil sie andere Personen, die Kinder zum Beispiel, für geeigneter halten.

Lassen Sie uns breit angelegt Aufklärung über die bestehenden Möglichkeiten betreiben, etwa parallel zur Aufklärung über Organspenden. Und wir können den Instrumentenkasten ja gerne um ein Ehegattennotvertretungsrecht erweitern, aber dann muss es, bitte, statt als Opt-out- als Opt-in-Lösung gestaltet werden, für die man sich proaktiv und selbstbestimmt entscheiden kann.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Sören Pellmann [DIE LINKE])

Das könnte man dann zum Beispiel mit einem einfachen digitalen Häkchen im Vorsorgeregister lösen. Dann entfällt auch die Missbrauchsgefahr, dass bestehende Widerspruchswünsche unterdrückt werden, die Experten ja sehen; Man denke etwa an Fälle, in denen Gewalt innerhalb der Ehe eine Rolle spielt.

Mit unserem Antrag erklären wir Ihnen noch einmal schriftlich, wie das mit dem Selbstbestimmungsrecht so geht. In diesem Sinne freue ich mich auf die Beratung im Ausschuss.

(Beifall bei der FDP)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Sören Pellmann, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7486763
Wahlperiode 19
Sitzung 195
Tagesordnungspunkt Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts
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