Karl-Heinz BrunnerSPD - Verbraucherschutz im Inkassorecht
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wenn man als siebter Redner zu einem – in Anführungszeichen – sehr trockenen Thema wie den Inkassokosten an die Reihe kommt, könnte man denken, man müsste beginnen wie Karl Valentin: Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von mir. – Aber ich will, nachdem ich versucht habe, die vorherigen Rednerinnen und Redner zu verstehen, doch auf einige dieser Argumente eingehen.
Ich glaube, dass mit dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht und zur Änderung weiterer Vorschriften heute ein Gesetzentwurf in zweiter und dritter Lesung zum Abschluss kommt, der gerade deshalb, weil er, wie die Kollegin Rößner sagte, von allen möglichen Seiten so zerrissen wurde, ein ganz guter Gesetzentwurf ist.
Denn: Wie war die Ausgangslage? Die Ausgangslage war doch so, dass aus bestimmen Teilen dieses Hauses und aus bestimmten Teilen der Gesellschaft eigentlich ein Ende der Inkassodienstleistungen für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte oder Inkassounternehmen vorgesehen war, eigentlich eine Zerschlagung oder Beendigung eines Geschäftsmodells oder eine Zerschlagung eines Rechtsgrundsatzes. Das ging so weit, dass aus diesem Hause Vorschläge unterbreitet wurden, hier rechts zu meiner Seite, die zum Gegenstand hatten, dass Forderungen bis 100 Euro überhaupt nicht mehr bezahlt werden müssen, was zur Folge hätte, dass – so würde ich als im Wirtschaftsleben Tätiger es zumindest verstehen – nur noch Forderungen ab einer Höhe von 101 Euro in Anspruch zu nehmen wären. Das heißt, die Brezel würde dann 101 Euro kosten, weil ich eine Forderung von 100 Euro nicht mehr durchsetzen kann.
Diese beiden sehr, sehr weit gespannten Forderungen waren es, die uns und die Sachverständigen in diesem Gesetzesvorhaben beschäftigt haben. Bereits im Koalitionsvertrag hatten wir festgelegt, Verbraucherrechte zu stärken und Inkassokosten zu senken. Auch das wurde in den Mittelpunkt gestellt.
Ich glaube, dass das, was viele Menschen in diesem Lande betrifft – dass sie in der Coronakrise keine Miete bezahlen können, dass ihnen der Strom abgestellt wird, dass ihnen das Wasser abgestellt wird –, mit Verlaub gesagt, liebe Kollegin Mohamed Ali, nichts mit dem Inkasso zu tun hat.
(Zuruf der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE])
Diese Forderungen bestehen, unabhängig davon, ob es Inkasso gibt oder nicht. Das Problem für finanzielle Schwierigkeiten geht aber viel tiefer.
(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Auch das können Sie verhindern!)
Und das müssen wir auch in diesem Hause angehen, aber bitte nicht mit dem Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Ich glaube, meine Kolleginnen und Kollegen, dass wir einen sehr guten Weg gegangen sind, indem wir zum einen die bisher sehr unterschiedliche kostenrechtliche Behandlung von Inkassodienstleistern und Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten aufgehoben haben. Übrigens sehen das die Inkassodienstleister nicht so – das ist ein Plus auf deren Seite. Wir haben zum anderen die Erstattungsfähigkeit bei Doppelbeauftragung ganz klar geregelt. Sie darf nicht mehr stattfinden, von ganz wenigen Einzelfällen ausgenommen, die dann begründbar sind, weil entsprechende Einwendungen erst nach dem Inkassoverfahren erfolgten.
Wir sind hinsichtlich der Eignung und Zuverlässigkeit der Inkassodienstleister mit dem Entschließungsantrag einen guten Weg gegangen. Und den müssen wir gemeinsam mit unseren Ländern gehen. Hier darf ich ganz deutlich sagen, auch an Sie gerichtet, Frau Kollegin Rößner: Da brauchen wir die Länder, in denen die Grünen Verantwortung tragen, da brauchen wir die Länder, in denen die Gelben Verantwortung tragen, und da brauchen wir die Länder, in denen die Koalitionsfraktionen die Verantwortung tragen, um gemeinsam eine vernünftige Lösung auf den Weg zu bringen.
Und: Wir haben verbraucherschutzrechtlich geregelt, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher gut informiert werden, wenn Inkassodienstleistungen bei ihnen eingeholt werden. Wir haben für die Opfer von Identitätsdiebstahl mit dem entsprechenden Entschließungsantrag einen guten, so ich glaube, richtungsweisenden Weg gefunden; denn es wäre falsch gewesen, im Inkassorecht selbst strafrechtliche Vorschriften mit zu ändern.
Wir werden von allen Seiten gescholten. Aber mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz im nächsten Tagesordnungspunkt werden wir die Kosten anpassen und dafür sorgen, dass alle in der Branche mit dem Gebührensatz von 0,9 leben können. Denn, wenn Sie rechnen können, wissen Sie: 0,9 plus eine Erhöhung um 10 Prozent ergibt die 1,0. Das ist eine ganz einfache Formel des Dreisatzes, also können Sie damit leben.
Ich danke recht herzlich für die Aufmerksamkeit – Frau Präsidentin, ich habe Ihr Zeichen vernommen –, wünsche den Beratungen weiterhin viel Erfolg und bitte um Zustimmung zu diesem sehr guten Gesetzentwurf. Ich bedanke mich bei der Union für die gute Zusammenarbeit und bei der Ministerin für die hervorragende Vorlage.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat Dr. Volker Ullrich für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7486996 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 196 |
Tagesordnungspunkt | Verbraucherschutz im Inkassorecht |