Grigorios AggelidisFDP - Bekämpfung von Rassismus
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass wir diese Debatte im Parlament führen, und es ist gut, dass wir hier über das Thema „Antirassismus und Antidiskriminierung“ sprechen. Es darf in unserem Land keine Rolle spielen, woher jemand kommt und woher jemand abstammt. Entscheidend muss doch sein, wie wir hier alle zusammen leben wollen und wo wir alle zusammen hinwollen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Fast 70 Jahre, nachdem die ersten Gastarbeiter hergekommen sind, muss doch klar sein: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Es muss aber auch klar sein: Vielfalt unter der Klammer des Grundgesetzes ist eine Bereicherung und ist die Voraussetzung für Prosperität und eine gute Entwicklung, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Antirassismus ist mir persönlich, muss ich Ihnen ehrlich sagen, nicht genug, auch nicht Antidiskriminierung. Wir müssen endlich, so viele Jahrzehnte später, zu einem respektvollen Umgang miteinander in aller Vielfalt kommen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Denn unser Grundgesetz fordert genau, dass es eben keine Rolle spielt, welchen Hintergrund Menschen haben. Und wir können Rassismus nur dann effektiv bekämpfen, wenn wir genau das tun: wenn wir Akzeptanz und Respekt vor Vielfalt nicht erst fördern müssen, sondern tatsächlich haben, wenn wir Identifikation mit dem Gemeinwesen stärken, aber auch die Herausforderungen, die eine Einwanderungsgesellschaft mit sich bringt, anpacken.
(Beifall bei der FDP)
Ich möchte ein persönliches Erlebnis nennen, das mich – gerade auch nach dem, was Frau Widmann-Mauz im Familienausschuss berichtet hat – noch 40 Jahre danach wirklich auf die Palme bringt. Vor 40 Jahren durfte sich ein kleiner Junge mit griechischem Migrationshintergrund von seiner Mathelehrerin anhören: Es ist echt schade, dass ich dir eine Drei geben muss und keine Vier geben kann. – Dass wir 40 Jahre später immer noch Studien darüber haben, dass Kinder mit Migrationshintergrund bei gleichen Leistungen – bei gleichen Leistungen! – schlechtere Noten und schlechtere Schulempfehlungen bekommen, ist aus meiner Sicht, meine Damen und Herren, ein Skandal
(Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und zeigt, warum diese Debatte ins Parlament gehört und nicht in Regierungszirkel. Deswegen möchte ich auch weit darüber hinausgehen, irgendwelche Parallelräte – ich nenne das jetzt mal so – zu fördern. Ich möchte, dass wir die Migrantenorganisationen nachhaltig stärken, damit sie selber Teil der aktiven Zivilgesellschaft unseres Landes sind.
Herr Kollege Aggelidis, eine kurze Unterbrechung. Der Kollege Rix bekommt von mir einen Ordnungsruf wegen Nichttragen der Maske. – Entschuldigung, Sie können jetzt weiterreden.
Danke. – Wir müssen faire und gleiche Chancen schaffen, damit sich alle Menschen hier in demokratische Strukturen einbringen und an ihnen teilhaben können.
Wer Vielfalt und Antirassismus will, für den, meine Damen und Herren auch von der CDU – das muss ich mit einem gewissen Bedauern sagen –, ist doch klar: Integration heißt eben nicht, dass man im Gleichschritt leben oder denken muss. Bei Integration geht es auch nicht um die Frage nach einer völlig überholten Leitkulturdebatte, sondern um die Frage: Nach welchen Regeln wollen wir leben?
(Beifall bei der FDP)
Wie wollen wir eine gemeinsame Zukunft aufbauen? Und wie wollen wir unsere gemeinsame Heimat weiterentwickeln? Damit schaffen wir – letzter Satz, Herr Präsident – die Voraussetzungen für Respekt vor Vielfalt und respektieren endlich auch die Lebensleistung der Millionen Menschen, die hierhergekommen sind und dieses Land zu dem gemacht haben, was es heute ist. Und es ist eine Einladung an all jene, die wir hier haben wollen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Deswegen: Lassen Sie uns alle zusammenstehen – für Vielfalt und für Freiheit im Geiste unseres Grundgesetzes.
Danke.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Kollege Aggelidis, vielen Dank. – Also, dass vier nicht eins ist, weiß man auch, wenn man in Mathe eine Drei bekommen hat.
(Heiterkeit)
Nächster Redner ist der Kollege Dr. Volker Ullrich, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7487021 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 196 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung von Rassismus |