08.12.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 197 / Tagesordnungspunkt I.4, II., ZP 1

Gesine LötzschDIE LINKE - Finanzen, Bundesrechnungshof, Beschluss Art. 115 II GG

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Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die soziale Spaltung ist während der Pandemie in unserer Gesellschaft schärfer und tiefer geworden. Darum wäre es Aufgabe der Koalitionsfraktionen gewesen, aufgerissene Gräben zuzuschütten. Doch das haben Sie nicht getan. Sie retten stattdessen Konzerne wie die Lufthansa und speisen Arbeitslose mit Almosen ab. Das ist ungerecht, dem stellen wir uns entgegen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir messen den Haushalt an drei Fragen. Erstens: Ist der Haushalt sozial? Zweitens: Ist der Haushalt auf Frieden ausgerichtet? Und drittens: Ist er umweltverträglich? – Alle drei Fragen müssen wir mit Nein beantworten.

Zur ersten Frage. Die Bundesregierung – und Kollege Rehberg ist gerade schon darauf eingegangen – sagt, er sei sozial, weil der Haushalt für Arbeit und Soziales der größte Einzelhaushalt ist. Aber dabei verschweigt sie ihre unsoziale Steuerpolitik. Was tut sie? Sie entlastet die Vermögenden und belastet immer mehr die Mittel- und die Unterschicht. Das ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Darum fordern wir als Linke eine Vermögensabgabe, und zwar für die reichsten 0,7 Prozent der Bevölkerung.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das ist ja völlig neu!)

Ich wiederhole: für die reichsten 0,7 Prozent der Bevölkerung. Erst gestern informierte die „Tagesschau“ über eine Milliardärsstudie. Und auch in Deutschland ist der Klub der Superreichen während der Krise größer geworden und das Gesamtvermögen dieses Klubs enorm gewachsen. Die Summe, über die 119 Milliardäre verfügen, ist deutlich höher als der gesamte Bundeshaushalt. Das kann doch nicht in Ordnung sein. Und darum fordern wir diese Vermögensabgabe. Wir brauchen sie unbedingt, um unser Land sicher und sozial zu gestalten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Darum lassen wir es Ihnen auch nicht durchgehen, dass Sie sich an der zentralen Frage dieser Debatte, wer nämlich die Rechnung bezahlt, vorbeimogeln. Sie wollen nach der Bundestagswahl wieder die Schuldenbremse einführen. Meine Damen und Herren, die Schuldenbremse ist unsinnig, sie ist ökonomischer Selbstmord, sie ist ein Zukunftskiller, sie gehört endlich abgeschafft.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Tilgungsplan der Bundesregierung wird den Haushalt ab 2026 jährlich mit circa 15 Milliarden Euro belasten. Das muss man sich einmal vorstellen. Das ist genau so viel, wie für die Haushalte für Familien, Senioren, Frauen und Jugend sowie Umwelt zusammen zur Verfügung steht. Das wollen Sie streichen. Das müssen Sie Ihren Wählerinnen und Wählern ehrlich sagen, oder Sie sagen: Ja, eine Vermögensabgabe ist die richtige Lösung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Würden Sie dagegen unserem Tilgungsplan, unserem Vorschlag folgen, gäbe es ab 2026 lediglich 5,5 Milliarden Euro pro Jahr abzuzahlen. Hier sagen wir ganz deutlich: Da streichen wir einfach einmal 10 Prozent bei der Rüstung, und schon hätten wir das. Das wäre sozial verträglich, und es wäre auch friedlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Das führt mich direkt zur zweiten Frage: Ist der Haushalt ein Beitrag zum Frieden in Europa und in der Welt? Auch diese Frage muss man eindeutig mit Nein beantworten. Die Bundeswehr wird nach NATO-Kriterien 53 Milliarden Euro für 2021 bekommen. Ich finde, das ist nicht nur Geldverschwendung, sondern das ist auch ein Beitrag zur Destabilisierung Europas und der Welt, und dem müssen wir ein Ende machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Rüstungsausgaben sind in den letzten Jahren explodiert. Darüber haben sich Rüstungskonzerne und Beraterfirmen gefreut; doch die Bundeswehr selbst ist in einem desolaten Zustand. Eine aktuelle Studie zeigt: Die Rüstungsbranche hat ein Boomjahr hinter sich. Es profitieren vor allem Firmen aus den USA und auch Europa, und zum Beispiel ist mit Airbus auch eine Firma mit deutscher Beteiligung dabei. Wir sagen Ihnen ganz deutlich: Statt das Geld in Aufrüstung zu investieren, sollten wir in Bildung, Wohnen, Gesundheit und Klimaschutz investieren. Das wäre der richtige Weg, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wird ja jetzt auch immer so viel über die Zukunft gesprochen – das ist richtig –, und es wird über die Schulden gesprochen, die wir unseren Kindern, Enkelkindern, Urenkeln – wie auch immer – hinterlassen. Aber ich glaube, die größere Schande wäre, wenn wir unseren Kindern und Enkeln eine desolate Infrastruktur hinterlassen würden, wenn wir nicht in unser Gesundheitssystem, nicht in den Klimaschutz investieren würden. Das ist das Gebot der Stunde, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Dritte Frage und abschließend: Ist der Haushalt klimafreundlich? Nein, es gibt immer noch massenhaft umweltschädliche Subventionen. Darum lautet unser Vorschlag: Statt 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Aufrüstung ausgeben zu wollen, sollten wir mindestens 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Klimaschutz, Umwelt und Nachhaltigkeit ausgeben. Das wäre für uns alle gut. Das würde die Menschheit retten, und das würde uns eine gute Zukunft geben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Sven Kindler, Bündnis 90/Die Grünen, ist der nächste Redner.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7488369
Wahlperiode 19
Sitzung 197
Tagesordnungspunkt Finanzen, Bundesrechnungshof, Beschluss Art. 115 II GG
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