08.12.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 197 / Tagesordnungspunkt I.5

Thomas LutzeDIE LINKE - Wirtschaft und Energie

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Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Peter Altmaier, fangen wir mal ganz oben an, bei der Lufthansa: Über 8 Milliarden Euro hat der Bundestag bewilligt, um dieses Unternehmen zu retten, und das war auch richtig. Wir haben aber immer gefordert, dass die Rettung an die Verpflichtung gebunden sein muss, die Arbeitsplätze zu sichern.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Mehrheit des Bundestages hielt das für nicht notwendig. Und nun? Rund 30 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlieren ihren Job, teilweise sogar durch betriebsbedingte Kündigungen, und das trotz staatlicher Rettung und Beteiligung des Bundes. Ihnen, Herr Altmaier, und Ihrer Regierung sind die Aktionäre wichtiger als die Beschäftigten. Das ist eine Schande.

(Beifall bei der LINKEN)

Zentrales Projekt Ihrer Wirtschaftspolitik ist die Rettung von Unternehmen in der Coronakrise. Hier wird viel Geld in die Hand genommen, vor allem auch um kleine und mittlere Unternehmen zu retten. Auch hier stehen Hunderttausende Jobs und berufliche Existenzen auf dem Spiel. Und was läuft in Altmaiers Ministerium? Erst am 25. November konnten die Betroffenen die sogenannten Novemberhilfen beantragen, und das auch nur als Vorschussleistung. Die Software sei nicht fertig, so Altmaier damals. Ist das wirklich Ihr Ernst gewesen? In einem der am höchsten entwickelten Länder der Welt bekommt ein Schlüsselministerium die Software nicht zum Laufen. Das ist auch eine Schande.

(Beifall bei der LINKEN)

Und bitte sagen Sie nicht, Sie hätten nicht gewusst, was uns bevorsteht mit der zweiten Welle. Sie haben einfach den kompletten Sommer und den Frühherbst verschlafen, Herr Altmaier.

Noch kreativer ist aber Ihr Vorschlag, die Sonntagsöffnungen im Einzelhandel auszuweiten: das würde den Ansturm der Kundinnen und Kunden entzerren und somit einen Beitrag zum Coronaschutz leisten. Haben Sie eigentlich eine Vorstellung, was das konkret bedeutet? Stellen Sie sich bitte mal vor: Eine Mutter von zwei Kindern muss mitten in der Adventszeit sonntags in Ihrer Heimatstadt Saarlouis beim Pieper zum Geschenkeverkaufen hinter die Kasse. – Das ist nicht ansatzweise christlich, Herr Altmaier. Das ist auch eine Schande.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD])

Eine echte Strategie in der Debatte um die Zukunft der Arbeitsplätze in der Automobilindustrie fehlt Ihnen auch. Gerade bei uns im Saarland ist diese Branche nach dem Wegfall des Bergbaus die einzige industrielle Säule auf dem Arbeitsmarkt. Ich glaube nicht, dass dies allein die Frage des Pkw-Antriebs ist. Sie deklarieren den Elektromotor als das Zukunftsprojekt. Ich finde, ein Elektro-SUV mit über 2 Tonnen Gewicht ist reine Energieverschwendung.

(Beifall bei der LINKEN – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Ist eine gute Sache!)

Die Umstellung der Motorisierung auf Elektromobilität hat einen deutlichen höheren Energieverbrauch zur Folge. Können und wollen wir uns das leisten? Oder ist es nicht viel sinnvoller, öffentliche Mobilitätsprojekte stärker zu fördern, und zwar flächendeckend und zu deutlich reduzierten Fahrpreisen?

Bleibt aber die Frage – und das ist die entscheidende Frage – nach den Jobs in der Automobilindustrie. Anstatt der Produktion von Automobilen hinterherzulaufen, die in der Regel so mobil sind, dass sie am Tag im Durchschnitt 23 Stunden stehen, brauchen wir industrielle Kerne mit neuen und innovativen Produkten. Doch da fehlt es in Ihrem Ministerium an jedweder Konzeption, weil Ihnen – und das ist die Ursache dafür – die Jobs egal sind. Hauptursache dafür ist, dass Ihnen der Profit und die Börsenwerte wichtiger sind als die Jobs. Auch das, finde ich, ist eine Schande.

Vielen Dank und herzlich Glück auf!

(Beifall bei der LINKEN)

Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort die Abgeordnete Ingrid Nestle.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7488395
Wahlperiode 19
Sitzung 197
Tagesordnungspunkt Wirtschaft und Energie
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