08.12.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 197 / Tagesordnungspunkt I.7

Wilhelm von GottbergAfD - Ernährung und Landwirtschaft

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Frau Präsidentin! Frau Ministerin Klöckner! Meine Damen und Herren! Mit einem Aufwuchs um 9 Prozent leistet auch der Agrarhaushalt seinen Beitrag zum hohen Defizit des Gesamthaushaltes 2021 – leider. In der Debatte zur Düngeverordnung hat der geschätzte Kollege Johannes Röring ausgeführt, die Arbeitsgruppe Landwirtschaft seiner Fraktion werde von der AfD geringgeschätzt. Dabei seien seine Kollegen in der Arbeitsgruppe „echte Fachleute“, „Bauern, die ihr Handwerk verstehen“. Und dann in Richtung AfD: „Und Sie sind Schaumschläger.“ Echo aus der CDU/CSU-Fraktion: Die können nichts anderes! – Ich werde nicht mit Polemik antworten. Klar ist: Ein hervorragender landwirtschaftlicher Betriebsleiter ist noch lange kein exzellenter Parlamentarier.

Offensichtlich sind die haushaltspolitischen Grundsätze für die selbsternannten „echten Fachleute“ Schall und Rauch. Andernfalls hätten sie für eine Korrektur bei dem inflationären Stellenaufwuchs im Teilhaushalt 10 sorgen müssen. Stellenaufwuchs im Agrarministerium in 2020 und 2021: 137 Stellen. In den nachgeordneten Instituten sind es 350 Stellen. Im Verantwortungsbereich des Ministeriums ist das also ein Aufwuchs um 487 Stellen in den letzten beiden Jahren. Sparsamkeit, meine Damen und Herren, geht anders.

(Beifall bei der AfD)

Sie sollten sich Wilhelm Brese zum Vorbild nehmen, ehemaliger CDU-MdB von 1949 bis 1969,

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Bauer aus dem Kreis Celle, 20 Jahre Mitglied im Haushaltsausschuss. Er hat nicht zugelassen, dass Steuergeld für Nichtigkeiten ausgegeben wurde. 1955 hat er als Einzelner einen Antrag ins Parlament eingebracht, zukünftig jede vierte freiwerdende Stelle im öffentlichen Dienst unbesetzt zu lassen. Der Antrag ging durch, und Brese war bei seiner Fraktion unten durch. Als Brese 1969 den Bundestag verließ, war eine Haushaltsrücklage in Höhe von 20 Milliarden D-Mark vorhanden. Dies gelang, obwohl drückende Finanzlasten aufgrund des Wiederaufbaus und der schweren Erblast der beiden verlorenen Kriege bedient werden mussten.

Das Ministerium alimentiert auch selbstständige Organisationen, soweit diese der Landwirtschaft zuzuordnen sind. Der Zuschuss für das Biomasseforschungszentrum wurde gegenüber 2020 um 30 Prozent gekürzt. Gut so! Leider nur ein Einzelfall. Bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe gibt es 70 Prozent Aufwuchs gegenüber dem Planansatz von 2020. Auf Seite 97 des Plans finden wir zwei exotische Organisationen, die ich bereits bei der vorjährigen Debatte über den Haushaltsplan als Beispiele für reine Steuergeldverschwendung genannt habe: die Internationale Walfangkommission und die Kommission zur Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis. Der Walfang ist nicht Sache Deutschlands, und um die Erhaltung der Meeresschätze in der Antarktis sollen sich die Anrainerstaaten kümmern.

Schließlich: Die Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa erhält aus dem Agrarhaushalt 600 000 Euro. Und dafür sollen wir die Hand heben?

(Gabriele Katzmarek [SPD]: Ihre Hand brauchen wir nicht!)

Eine Zumutung!

Der voluminöse Teilhaushalt 10 mit seinen Förderprogrammen, mit GAP und GAK, mit Sonderrahmenplänen und den landespolitischen Ergänzungsprogrammen ist für die meisten landwirtschaftlichen Betriebsleiter kaum schlüssig zu begreifen.

Einige Details:

Erstens: die Bauernmilliarde, zugesagt zu Beginn dieses Jahres, um die demonstrierenden Bauern beim Vollzug der Düngeverordnung ein wenig zu besänftigen, verteilt auf vier Jahre. Tatsächlich kommt bei den Bauern nur eine Dreiviertelmilliarde an, der Rest versickert – Gießkannenprinzip.

Zweitens. Ausweislich des Entwurfs kommen 160 Millionen Euro aus dem Einzelplan 60 – Allgemeine Finanzverwaltung. Verwendungszweck: sieben Einzelmaßnahmen mit Schwerpunkt ökologischer Landbau und Moorbödenkultivierung. Meine Damen und Herren, das kann auch in die Nachcoronazeit verschoben werden.

Drittens. Das Klimaschutzprogramm 2030, Dürrehilfe für den Wald: 800 Millionen Euro, davon 253 Millionen Euro von den Ländern, und das verteilt auf vier Jahre – also pro Jahr etwa 200 Millionen Euro, wenn denn die Länder mitfinanzieren. Dem derzeitigen katastrophalen Zustand des Waldes hilft das nur wenig. Die Experten Schirmbeck und von der Marwitz haben bereits im April 2019 festgestellt, dass der Wald ein Sofortprogramm in Höhe von 2,3 Milliarden Euro benötigt. Wo bleibt ein großzügiges Aufforstungsprogramm für 300 000 Hektar Kahlfläche?

Viertens. In der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, GAK, finden wir das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung, BULE. Bei BULE sind dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Ein Beispiel, und dies ist beileibe kein Einzelfall: Eine Laienschauspieltruppe bekam in diesem Jahr aus dem Bundesprogramm BULE 100 000 Euro für das Theaterprojekt „Bauern, Hippies, Feuerwehr! – Ein Landkreis macht Theater“, und dies in einer Zeit, in der viele Milchbauern, die Schweinemäster, die Kartoffelbauern und die Forstbetriebe wegen totalen Preisverfalls vor dem Aus ihrer Existenzen stehen. Marktpreisstützungsmaßnahmen sind angesagt, aber nicht die Förderung von Laienschauspielern und sonstigen Nichtigkeiten.

(Beifall bei der AfD – Christian Haase [CDU/CSU]: Denken Sie doch mal an Menschen!)

Die gesamte Förderpraxis des Agrarhaushaltes gehört auf den Prüfstand, ausgenommen die erste Säule der GAP. Sie ist eine Lebensversicherung für die landwirtschaftlichen Betriebe.

Denken Sie an Ihre Redezeit, bitte. Sie sind deutlich drüber.

Ich komme zum Ende. – Das Geld zur Linderung der Coronaprobleme muss vorrangig durch Einsparungen und Umschichtungen im Haushalt gewonnen werden.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der AfD)

Danke schön, Kollege von Gottberg. – Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Nezahat Baradari.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7488438
Wahlperiode 19
Sitzung 197
Tagesordnungspunkt Ernährung und Landwirtschaft
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