09.12.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 198 / Tagesordnungspunkt I.9

Sonja SteffenSPD - Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt

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Sehr geehrte, liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen zurück zur Sache. Die Renner’sche Märchenstunde ist vorbei.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Karsten Hilse [AfD]: Ach, das ist ja ein Kalauer, den Sie jetzt schon oft gebracht haben!)

Wir haben in dieser Woche schon viel über Investitionen, viel über Neuverschuldung und viel über die Wege aus der Krise gesprochen. Ich finde, wir haben an den richtigen Stellen Geld in die Hand genommen, um dafür zu sorgen, dass wir hier in Deutschland schnell wieder auf die Beine kommen.

Ein Punkt allerdings ist bislang in dieser Debatte noch so gut wie gar nicht angesprochen worden; dabei ist er auch und vor allem in der Krise so wichtig: Das ist die internationale Solidarität.

(Zurufe von der AfD)

Wir in Deutschland stehen in der Pandemie im Vergleich zu den wirklich allermeisten anderen Staaten relativ gut da. Das ist uns allen bekannt. Ebenfalls bekannt ist aber auch, dass der Vergleich allein das Ende des Glücks ist. Verantwortung zeigen innerhalb von Europa und weltweit, das ist der nächste zwingend wichtige Schritt. Und genau das tun wir mit diesem Haushalt,

(Beifall bei der SPD)

obwohl wir zum ersten Mal, seitdem ich im Haushaltsausschuss bin – und dann gleich in erheblichem Umfang –, Schulden machen – eine Menge Geld, 180 Milliarden Euro –; das ist aber notwendig für unsere Gesundheit und notwendig für unsere Wirtschaft.

Statt nun kleingeistig nur vor der eigenen Haustür zu kehren, wissen wir aber um unsere globale Verantwortung. Ohne internationale Gesundheitsstärkung, ohne internationale Wirtschaftsstärkung ist alles nichts auf der Welt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Über kurz oder lang kämen wir in eine extreme Schieflage. Es würde alles den Bach runtergehen. Schon oft genug gesagt, aber wahrscheinlich nicht oft genug: Ein Virus wie das Coronavirus macht wie überhaupt alle anderen ansteckenden Krankheiten an Grenzen nicht halt. Deshalb darf unsere Verantwortung auch an der Grenze nicht haltmachen.

(Beifall bei der SPD)

Weil wir das wissen, übernehmen wir schon eine Menge Verantwortung.

(Zurufe von der AfD)

Ich habe es schon gesagt: Wir haben Masken und Beatmungsgeräte gespendet, wir haben die Impfstoffentwicklung vorangetrieben, und wir haben in einem unserer schwersten Jahre die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit noch einmal erhöht. – Darüber reden wir heute Nachmittag. Ich freue mich schon auf die Debatte, und ich hoffe, dass wieder viele dabei sein werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir uns doch nichts vor: Unser Wohlstand basiert auch auf der Ausbeutung von Menschen am anderen Ende der Welt. Und das Schlimme dabei ist, dass wir alle es wissen und es akzeptieren; und das muss aufhören. Wer – wenn nicht wir als Wirtschaftsgroßmacht – kann hier den ersten Schritt gehen und dafür sorgen, dass alle Produkte, die in Deutschland gekauft werden, auch den arbeitsrechtlichen Standards entsprechen, die wir in unserem Land ansetzen?

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])

An dieser Stelle noch einmal herzlichen Dank an Hubertus Heil und an alle hier im Haus, die dafür gesorgt haben, dass wir die Fleischindustrie in Deutschland reguliert, und zwar gut reguliert haben. Aber wir können da nicht aufhören. Wie kann es sein, dass wir, nur um wenige Cent zu sparen, das Risiko in Kauf nehmen, dass Menschen bei der Produktion unserer Schuhe und unserer Kleider ihr Leben verlieren können, weil die einfachsten Brandschutzstandards nicht eingehalten werden? Und, meine Damen und Herren, wie können wir es akzeptieren, dass Kinder in Nigeria und im Kongo in Eimern in Minen heruntergelassen werden und sich da unten vergiften, damit wir alle 24 Monate ein neues Handy in der Hand halten können? Das geht so nicht!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir können es nicht rechtfertigen, dass die Regenwälder abgeholzt werden, damit wir am Ende der Nahrungskette ein Abendessen haben, das billig ist, aber eben auf Kosten der Natur entstanden ist, weil Soja und billiges Palmöl hierher nach Deutschland importiert werden und dafür die Regenwälder abgeholzt werden. Wir müssen endlich Verantwortung übernehmen für die Produkte, die hier in unseren Regalen stehen, und zwar hinsichtlich der kompletten Lieferkette.

Wenn es jetzt heißt: „Wir brauchen eine europäische Lösung“, dann ist das nur ein Feigenblatt; denn wir können diese Entscheidung nicht auf die lange Bank schieben. Leider sind nun die Minister nicht mehr hier. Ich weiß von Minister Heil und von Minister Müller, dass sie wirklich mit Verve daran arbeiten. Wir müssen aber bei Minister Altmaier wirklich noch nachhelfen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Ich habe vorhin den Kollegen Gröhe gesehen – jetzt ist er nicht mehr da –; der Kollege Dobrindt sitzt noch hier. Sie haben sich doch auch schon dafür eingesetzt. Setzen Sie sich dafür ein, dass das Lieferkettengesetz noch in dieser Legislaturperiode kommt!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Alexander Dobrindt [CDU/CSU])

Das ist der große Wunsch der SPD-Bundestagsfraktion. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Das steht bei uns auf Rang eins der Liste der noch zu erledigenden Dinge in dieser bislang und trotz der Krise sehr erfolgreichen Legislaturperiode.

Frau Abgeordnete, haben Sie noch die Zeit, Herrn Hilse zu einer Zwischenfrage zu Wort kommen zu lassen?

Wen?

(Ulli Nissen [SPD]: Hilse von der AfD!)

Herrn Hilse von der AfD-Fraktion.

Nee, habe ich nicht mehr.

(Heiterkeit)

Tut mir leid, meine Redezeit ist vorbei.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Dann nicht. – Das Wort hat die Abgeordnete Nadine Schön aus der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7489047
Wahlperiode 19
Sitzung 198
Tagesordnungspunkt Bundeskanzlerin und Bundeskanzleramt
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