09.12.2020 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 198 / Tagesordnungspunkt I.11

Andreas SchwarzSPD - Verteidigung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Wir stehen kurz vor Weihnachten, und es ist trotzdem nicht alles Gold, was glänzt. Doch mit dem vorliegenden Verteidigungshaushalt wird es langsam etwas glänzender. Einige Schlagworte: Wir nehmen 47,5 Milliarden Euro in die Hand. Das ist eine Steigerung um 1,5 Milliarden Euro. Die 1,5-Prozent-Quote wird nahezu erreicht. Damit geht ein ganz klares Signal an unsere Bündnispartner: Wir übernehmen Verantwortung.

47,5 Milliarden Euro sind natürlich sehr viel Geld, und dieses Geld, meine Damen und Herren und liebe Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, muss klug investiert werden. Wie in vielen Debatten in diesem Hause bereits diskutiert, warten aber immer noch Tausende von Soldatinnen und Soldaten auf Grundausstattung, vom Stiefel bis zur Schutzweste.

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Auf bewaffnete Drohnen warten sie auch!)

Der Haushaltsausschuss hat sich für 2021 vorgenommen, die Beschaffungen im Grundausstattungsbereich jetzt intensiv zu fördern und auch nah zu begleiten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir werden jedenfalls genau hinschauen, wie die Zuläufe bei den Ausrüstungsgegenständen aussehen, und freuen uns gemeinsam mit dem Ministerium auf erfolgreiche Quartalsberichte.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit diesem Verteidigungshaushalt werden wir aber auch unserer industriepolitischen Verantwortung gerecht. Wir setzen hier klare Zeichen. Da ist zum Beispiel die Luftfahrtbranche, deren Zivilgeschäft ja völlig eingebrochen ist, und es wird auch noch Jahre dauern, bis sie wieder auf die Beine kommt. Die Beschaffung der Eurofighter ist ein klares Signal an die Industrie. Damit wird nicht nur eine Fähigkeitslücke des Militärs geschlossen, es werden auch insgesamt 25 000 Arbeitsplätze in unserem Land gesichert.

(Beifall bei der SPD)

Ähnliche Projekte haben wir auch im Schiffsbau in der Pipeline. Ich erinnere zum Beispiel an das Flottendienstboot. Ich halte es für sehr wichtig, auch bei gemeinsamen europäischen Rüstungsprojekten darauf zu achten, dass Wertschöpfung und Technologiegewinn bei solchen Kooperationen auch im eigenen Land ankommen. Es macht keinen Sinn und es ist sicherlich auch nicht gewollt, dass wir Millionen, ja sogar Milliarden Euro zur Verfügung stellen und am Ende im eigenen Land nur noch gelieferte Teile zusammenschrauben. Dieser Tendenz müssen wir entgegenwirken.

Wir müssen zudem deutsche Schlüsseltechnologien weiter ausbauen und schützen. Das stärkt die militärische Fähigkeit unserer Truppe. KI, Cyberspace und IT sind die Schlagworte der Zukunft. Da haben wir sicherlich noch Nachholbedarf bzw. sollten hier nicht den Anschluss verpassen. Im Militärischen werden Daten zur wichtigen Munition, wenn es um Abwehr von Gefahren geht.

Natürlich gibt es keine Rede von mir ohne die Erwähnung der drei Bs: Beschaffen, Bauen, Betreiben. In diesen Bereichen brauchen wir dringend mehr Menschenverstand und weniger Juristerei. Wir ärgern uns auch darüber, dass seit Jahren die langsame Beschaffung von Ersatzteilen Ursache dafür ist,

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Die langsame Beschaffung von Drohnen!)

dass Schiffe, U-Boote, Panzer, Flugzeuge herumstehen, nicht repariert werden können und damit die Einsatzfähigkeit der Truppe erheblich reduziert wird. Wenn ich manchmal höre, dass lediglich 30 bis 50 Prozent des militärischen Materials einsatzbereit sind, dann empfinde ich dies als einen unzumutbaren Zustand.

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Sieben Jahre Große Koalition, und nichts ist passiert!)

Wenn mir Kommandeure vor Ort berichten, dass selbst kleine Baumaßnahmen an Bürokratie und Juristerei scheitern und alles ewig lange dauert, dann müssen wir uns doch alle fragen: Wo liegt der Fehler? Der liegt, meine Damen und Herren, wie immer im System.

Wir brauchen da auch keine Gutachten mehr. Unzählige Köpfe und Kommissionen haben hier schon Berichte vorgelegt. Nicht mehr Reden, sondern Handeln ist jetzt angesagt. Das Kommando aus dem BMVg muss lauten: Feuer frei für Reformen! Und mehr Vertrauen in die Truppe, bitte!

Wir können schon mal mit dem Handgeld der Kommandeure üben, die damit schnell dringend benötigte Dinge unbürokratisch vor Ort beschaffen sollen. Frau Ministerin, wenn ich Ihre Worte hier richtig verstehe, sollten wir das gemeinsam hinbekommen. Die Unterstützung der Sozialdemokratie haben Sie auf jeden Fall.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als letzten Punkt möchte ich auch etwas Enttäuschung darüber zum Ausdruck bringen, dass einige durchaus wichtige Projekte im nächsten Jahr gar nicht haushaltstechnisch berücksichtigt sind oder nur einen Platzhalter im Haushalt finden.

Ich denke zum Beispiel an den schweren Transporthubschrauber, bei dem die „Germanisierung“ kräftig in die Hose ging. Dieser Hubschrauber soll Material und Personen von A nach B transportieren. Er muss weder tauchen können, noch muss er ins Weltall fliegen. Schön wäre es, wenn er luftbetankt werden könnte, weil wir die Tankflugzeuge hierfür ja schon im Zulauf haben.

Vor Weihnachten darf man sich ja auch etwas wünschen: Ich hätte mir zum Beispiel gewünscht, dass das Flugüberwachungssystem Pegasus bereits 2021 anfinanziert wird. Die drei Global-6000-Flugzeuge aus Kanada – das wurde ja gerade schon erwähnt – haben wir schon gekauft, die notwendige Technik, die eingebaut werden soll, leider erst mal nicht.

Ich wünsche mir auch eine Entscheidung zum TLVS. Keine Antworten sind auch Antworten.

Weitere Wünsche wären zum Beispiel Lösungen für die Themen Sturmgewehr, MANTIS-System, das Sorgenkind Puma und MoGeFa. Aber daran werden wir gemeinsam in der Koalition arbeiten.

Trotz aller Kritik: Mit den deutlichen Erhöhungen der Ausgaben ist die Bundeswehr so solide und gut aufgestellt wie schon lange nicht mehr.

Wie gesagt: Es ist noch nicht alles Gold, was glänzt. Aber es wird glänzender – und das nicht nur wegen des nahenden Festes. Es ist aber noch nicht Weihnachten – auch nicht in der Truppe.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen Beteiligten und beim Ministerium für die guten Verhandlungen. Sie waren erfolgreich, und damit senden wir ein deutliches Signal an die Soldatinnen und Soldaten, dass wir für sie da sind und alles tun. Ihre Sicherheit und ihr Wohlergehen wollen wir gewährleisten.

Dank und Weihnachtsgrüße an die Truppe, vor allen Dingen an die, die Weihnachten nicht in unserem Land feiern können!

(Beifall der Abg. Marianne Schieder [SPD])

Denn letztendlich sind sie es, die im Ernstfall unser Land und unsere Gesellschaft schützen – außen und innen, wie wir in Coronazeiten ja auch hautnah erleben dürfen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Michael Leutert für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7489084
Wahlperiode 19
Sitzung 198
Tagesordnungspunkt Verteidigung
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