Wolfgang HellmichSPD - Verteidigung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich nutze mal die 40 Sekunden, die die Kollegin Möller mir gerade geschenkt hat, wie ich gehört habe, um auf die eine oder andere Frage einzugehen.
Herr Hohmann, ich würde Ihnen vielleicht einen Tipp geben: Statt nach Moskau zu Herrn Putin zu fahren, fahren Sie nach Norwegen, und besuchen Sie die weiblichen Spezialkräfte der norwegischen Armee. Vielleicht wird dann Ihr archaisches Bild, das Sie gerade produziert haben, doch etwas sehr stark korrigiert und vielleicht in die richtige Richtung verschoben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Ingo Gädechens [CDU/CSU])
Herr Klein, Herr Lindner und Frau Strack-Zimmermann, ich gebe Ihnen dann mal die Telefonnummer – Ihnen von der AfD gebe ich sie nicht – der Zentrale des Willy-Brandt-Hauses.
(Stephan Brandner [AfD]: Ich will diese Telefonnummer überhaupt nicht! Was soll ich denn damit?)
Da können Sie anrufen und noch mal sagen, was Sie hier gesagt haben. Das würde vielleicht helfen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Oh, das ist ja ein Kompliment, lieber Kollege! Frohe Weihnachten!)
– Ich meine Sie. Ihnen würde es helfen.
(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Nee! – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Herr Pflüger und Herr Leutert, es gibt einen Punkt, der mir aufgefallen ist. Beim Thema Drohnen, Herr Leutert, sind Sie entweder dafür, dass die sofort bewaffnet werden, oder Sie sind dafür, dass die Bundeswehr weitgehend entwaffnet wird; so habe ich den Herrn Pflüger auch verstanden. Ich vermute mal, Sie sind für die Entwaffnung der Bundeswehr; denn sonst wäre Ihr Beitrag nicht richtig zu verstehen gewesen. Aber wir werden sehen.
Der zweite Punkt: Es war mir bis jetzt nicht bewusst, dass das THW eine eigene Sanitätsabteilung hat. Ich glaube auch nicht, dass es eine bekommen wird. Das führt mich zu dem Punkt, den ich auch in den Mittelpunkt stellen möchte: Die Leistungen unserer Soldatinnen und Soldaten in dieser Coronapandemie, in dieser Krise sind vorbildlich.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie der Abg. Christian Sauter [FDP] und Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Mehr als 5 000 von ihnen helfen unserer ganzen Gesellschaft, diese Krise zu bewältigen. In den Gesundheitsämtern vor Ort, auch in meinem eigenen Gesundheitsamt, wäre die Arbeit schon vielfach zusammengebrochen, wenn sie nicht die Aufgabe der Nachverfolgung von Infektionsketten und viele andere Aufgaben übernommen hätten. Und dafür möchte ich ihnen hier von ganzem Herzen danken.
Ich begrüße es sehr, dass die Bundeswehr im Zuge der Amtshilfe die Lagerung von Impfstoff vornehmen oder unter der Führung durch die Sanität Impfzentren für 18 000 Impfungen pro Tag aufbauen will – so habe ich es heute Morgen gelesen. Aber dies geschieht, wie gesagt – und das ist richtig –, in Form der Amtshilfe; denn der Kernauftrag der Bundeswehr – das ist schon bemerkt worden –, das sind die Landes- und Bündnisverteidigung, die Stabilisierungs- und Friedensmissionen. Und dafür gilt es der Bundeswehr die nötige Ausstattung, eine 100‑Prozent-Ausstattung, zur Verfügung zu stellen, die sie dringend nötig hat. Es ist auch über das Geld, das da ist, gesprochen worden.
Ich möchte der Sanität der Bundeswehr danken, die vielen erkrankten Menschen in ihren Einrichtungen das Leben gerettet hat. Und die Sanität hat es auch geschafft, die Ausbildung und Anleitung der Soldatinnen und Soldaten zur Erfüllung der Aufgaben in den Gesundheitsämtern von der Unterweisung in persönlicher Form auf eine digitale Form im San-Netz umzustellen, und das in kürzester Zeit. Das war sehr hilfreich und ist ein Beispiel dafür, wie die Digitalisierung insgesamt der Bundeswehr beim praktischen Vollzug ihrer Aufgaben helfen kann.
Dass mit der „Berlin“ das erste Schiff weltweit Coronatests an Bord ermöglicht hat, ist dem Zusammenwirken von Marine und Sanität zu verdanken. Die Bundeswehr macht praktisch vor, was die Menschen leisten können, wenn sie über Grenzen hinweg zusammenarbeiten. Das war ein Kernsatz, den ich heute Morgen auch schon mal gehört habe.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Bundeswehr stand und steht vor der Herausforderung, unter den Bedingungen der Pandemie ihre Einsatzfähigkeit, den inneren Betrieb, die Ausbildung zu sichern. Das ist unter großen Mühen auch gelungen. Dabei ist zum Beispiel den Soldatinnen und Soldaten, die wochenlang ihre Schiffe nicht verlassen konnten, und gerade auch ihren Familien sehr viel abverlangt worden. Hochachtung vor dieser Leistung!
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Gelungen ist dies nur, weil alle in Erfüllung ihrer Pflichten ihren Beitrag dazu geleistet haben, weil vor Ort in den Kasernen und auf den Schiffen pragmatische Lösungen gefunden wurden. Es gilt der alte Satz, den wir immer wieder hören: Wir schaffen das. – Hier müsste es heißen: Wir organisieren das. – Die Fähigkeiten wurden vor Ort unter Beweis gestellt. Aber es sind auch Probleme daraus erwachsen, die in Kürze abgearbeitet werden müssen: ausgefallene Qualifizierungen und Auswahlkonferenzen, die auch beförderungsrelevant sind, Verschiebungen in der Grundausbildung. Dafür braucht es pragmatische Lösungen durch das BMVg, und das in kürzester Zeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, etliche Aufgaben für die Zukunft bleiben zu erledigen. Wir brauchen das Üben und Trainieren der staatlichen Institutionen über ihre Grenzen hinweg, um in Zukunft mit solchen Krisen fertigzuwerden. Abläufe müssen standardisiert werden, technische Geräte zum Beispiel für den reibungslosen und bruchlosen Transport von erkrankten Menschen über Ländergrenzen hinweg müssen beschafft und unterhalten werden, auch die Bevorratung von Material ist nötig. Hier bietet sich die Bundeswehr an, da sie, wie gesagt, über die nötigen Fähigkeiten, über das bundesweite Netz der zivil-militärischen Zusammenarbeit wie technische Einrichtungen verfügt. Diese Fähigkeiten können in einer Krisensituation wie jetzt mobilisiert werden. Und in einer gesamtstaatlichen Sicherheitsarchitektur wird die Bundeswehr auch in Zukunft eine zentrale und wachsende Rolle innehaben. Es geht nicht nur um eine Rückfallposition, sondern auch um einen aktiven Bestandteil einer solchen Sicherheitsarchitektur. Dies wird sich in zukünftigen Haushalten abbilden müssen.
Ich will den Begriff der gesamtstaatlichen Sicherheitsarchitektur noch in einem anderen Zusammenhang aufnehmen. Das Thema des Cyber- und Informationsraums und des Agierens der Bundeswehr in diesem Raum ist hier auch schon genannt worden. Es wird eine Zukunftsaufgabe sein, nicht nach der alten preußischen Heeresordnung alle Einheiten getrennt zu unterhalten und agieren zu lassen. Wir werden dort wesentlich moderner werden müssen; wir werden die Kräfte im Cyber- und Informationsraum zusammenführen müssen. Hybride Formen des Austragens von Konflikten unterhalb der Schwelle des Artikels 5 des NATO-Vertrages bestimmen schon jetzt die Auseinandersetzungen im Internet und im Cyberspace.
Der Wettbewerb um die Technologierführerschaft ist ein Wettbewerb, an dem wir selber uns beteiligen müssen, für den wir entwickeln müssen, für den wir auch Geld einsetzen müssen. China liegt da weit vorne. Es hat den ersten Satelliten mit der entsprechenden Quantentechnologie in den Orbit gebracht. Davon sind wir weit entfernt.
Forschung und Entwicklungen in der Kryptografie versetzen uns nicht nur in die Lage, andere Kräfte zu entschlüsseln, sondern auch, uns selbst vor der Entschlüsselung zu schützen. Die Stärkung eigener Resilienz und die Gewinnung von Souveränität, von der wir immer so viel sprechen, setzen eben voraus, immer ein Stück besser als andere zu sein. Auch das ist eine Zukunftsaufgabe, die in diesem Bundeshaushalt angelegt ist. Die Themen des Cyberraumes und der Digitalisierung liegen eigentlich über allem drüber.
Ich denke, um die zentralen Aufgaben, die sich in diesem Bundeshaushalt abbilden und in die Zukunft entwickelt werden, anzugehen, bedarf es unser aller konzentrierten Arbeit und zuallererst der Beschlussfassung und der Unterstützung dieses Haushaltes, weil in ihm viele Elemente enthalten sind, mit denen die Bundeswehr Zukunft gewinnt.
Kollege Hellmich, nun müssen Sie trotzdem zum Schluss kommen.
Danke, Frau Präsidentin.
(Beifall bei der SPD – Siemtje Möller [SPD]: Maske!)
Für die CDU/CSU hat jetzt die Kollegin Kerstin Vieregge das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7489093 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 198 |
Tagesordnungspunkt | Verteidigung |